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vom 18.01.2022, aktuelle Version,

Manfred Hutter

Manfred Hutter (* 16. Juni 1957 in Feldbach in Österreich) ist Professor der Vergleichenden Religionswissenschaft an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms Universität in Bonn.

Laufbahn und Forschung

Manfred Hutter bestritt zunächst ein Studium der Katholischen Fachtheologie an der Universität Graz, welches 1984 in einer Promotion zum Dr. theol. mündete. Schon während seines Studiums interessierte er sich vor allem für die altorientalischen Religionen und Königreiche im Umfeld des Alten Testaments (Assyrien, Babylon, Hethiter) und deren wechselseitige Beeinflussungen. Daher setzte er sein Studium 1983 bis 1987 durch eine Fächerkombination aus Vergleichender Sprachwissenschaft, Orientalistik und Alter Geschichte fort. Neben den indo-iranischen und anatolischen Sprachen standen die vorislamischen Religionen in Anatolien und im Iran im Mittelpunkt seines Forschungsinteresses, allen voran der Manichäismus. Dieser bildete auch den Schwerpunkt seiner Habilitationsschrift „Studien zum iranischen Manichäismus. Eine gnostische Religion zwischen Zoroastrismus und Christentum“, welche er 1990 abschloss. Nach weiteren iranistischen Studien wurde Hutter 1991 im Fach Indogermanistik zum Dr. phil. promoviert.

Von 1991 bis 1997 war Hutter als Universitätsdozent an der Universität Graz im Fachbereich Religionswissenschaft tätig. Neben dem Zoroastrismus und dem Manichäismus als vorislamischen Religionen Irans und Iraks beschäftigte er sich nun vermehrt mit der vergleichsweise jüngeren Bahai-Religion. Da er sich schwerpunktmäßig mit den religionsübergreifenden Kontakten und Wechselwirkungen der Religionen untereinander beschäftigte, kamen schon bald Untersuchungen zu Hinduismus und Buddhismus als Religionen von Minderheiten in Europa, vor allem in Österreich, hinzu.

Ab 1997 war Hutter außerordentlicher Universitätsprofessor an der Universität Graz. In dieser Zeit war er auch als Gastprofessor in Bremen (1997/1998) und Lehrbeauftragter in Linz (1998) tätig, bis er im Oktober 2000 auf die Professur für Vergleichende Religionswissenschaft an der Universität Bonn berufen wurde. Neben den genannten Forschungsschwerpunkten beschäftigt er sich seither mit asiatischen Religionen in Deutschland, mit dem Hinduismus als Minderheitenreligion in Südostasien und mit asiatischen Formen des Christentums.

Forschungsmethoden

Manfred Hutter versteht Religionswissenschaft dezidiert als humanwissenschaftliche und empirisch arbeitende Disziplin der Kulturwissenschaft, weil sie Religion als Teilaspekt der Kultur versteht und die Wechselwirkungen zwischen Mensch, Kultur und Gesellschaft untersucht.[1] Daher plädiert er für eine formale und inhaltliche Abgrenzung des Faches von Theologie und Religionsphilosophie. Religionswissenschaft besteht für ihn sowohl aus historischen als auch aus systematischen Herangehensweisen, da man ohne fundierte historische und philologische Grundkenntnisse keine vergleichende Systematisierung durchführen kann. Der Vergleich über Religions- und Landesgrenzen hinweg ist für ihn dabei der Mehrwert der Religionswissenschaft gegenüber Regionalwissenschaften, die sich ebenfalls mit Religionen beschäftigen. So werden etwa „Nischenprodukte“ sichtbar gemacht, die in den Regionalwissenschaften kaum Beachtung finden, wie sich in seinen Untersuchungen zum Hinduismus in Südostasien,[2] zu Ausformungen des Christentums in Asien[3] und zu kleinen jüdischen Gemeinden in Thailand, Myanmar und Kambodscha zeigt.

Zudem ist es für ihn bei der religionswissenschaftlichen Untersuchung von Religionen wichtig, die Gemeinde in ihrem Kontext zu verorten. So wird deutlich, wie sich dieselbe Religion in verschiedenen politischen, historischen und gesamtgesellschaftlichen Situationen unterschiedlich entwickelt, da sie andere Einflüsse – auch von benachbarten Religionen – aufnimmt. Im historischen Kontext sind dabei vor allem Hutters Forschungen zum Manichäismus[4] und den altorientalischen Religionen[5][6] bezeichnend. Für modernere Phänomene sind seine Betrachtung asiatischer Religionen in Mitteleuropa, kleinerer Hindugemeinden zum Beispiel in Afghanistan[7] und der Bahai-Religion von Bedeutung.

Religionswissenschaft hat für ihn darüber hinaus in Forschung und Lehre einen gesamtgesellschaftlichen Auftrag.[8] Zum einen kann sie durch besseres Informieren über religiöse Inhalte im Rahmen eines Studiums interkulturelle Kompetenzen vermitteln, die in der heutigen Welt zunehmend gefragt sind. Dies dient auch dazu Spannungen in einem multireligiösen Umfeld (wie dies in Mitteleuropa etwa der Fall ist) abzubauen. Dies wird in seiner langjährigen engagierten Lehrtätigkeit deutlich. Zum anderen enthält die Religionswissenschaft ein religionskritisches Potential, das es ihr ermöglicht, religiöse Ansprüche gegebenenfalls kritisch zu hinterfragen.

Manfred Hutters Beitrag zum Fach Vergleichende Religionswissenschaft liegt vor allem in der Synthese der historischen und der systematischen Betrachtung von Religionen, die einige bisher übersehene Sonderentwicklungen von Religionen in Wechselwirkungen in unterschiedlichen Kontexten deutlich gemacht hat.

Ehrungen und Auszeichnungen

Veröffentlichungen (Auswahl)

  • 1992: Manis kosmogonische Sabuhragan-Texte. Edition, Kommentar und literaturgeschichtliche Einordnung der manischäisch-mittelpersischen Handschriften M 98/99 I und M 7980–7984 (= Studies in Oriental Religions. Band 21). Harrassowitz, Wiesbaden.
  • 1996: Religionen in der Umwelt des Alten Testaments I. Babylonier, Syrer, Perser (= Studienbücher Theologie. Band 4/1). Kohlhammer, Stuttgart.
  • 2001: Das ewige Rad. Religion und Kultur des Buddhismus. Styria, Graz.
  • 2009: Handbuch Baha’i. Geschichte – Theologie – Gegenwartsbezug. Kohlhammer, Stuttgart.
  • 2012: Die Weltreligionen. 4. durchgesehene Auflage, C.H.Beck, München.
  • 2012: Vergleichende Religionswissenschaft als Kulturwissenschaft. In: Stephan Conermann (Hrsg.): Was ist Kulturwissenschaft? Zehn Antworten aus den „Kleinen Fächern“. Transcript, Bielefeld, S. 175–198.
  • 2019: Iranische Religionen: Zoroastrismus, Yezidentum, Bahāʾītum. De Gruyter Studium, Berlin.
  • 2021: Religionsgeschichte Anatoliens. Vom Ende des dritten bis zum Beginn des ersten Jahrtausends (= Die Religionen der Menschheit. Band 10,1). Kohlhammer, Stuttgart.

Einzelnachweise

  1. Manfred Hutter: Religionswissenschaft im Kontext der Humanwissenschaften. In: Zeitschrift für Missions- und Religionswissenschaft, Band 87, 2003, Heft 1, S. 3–20.
  2. Manfred Hutter (Hrsg.): Religionsinterne Kritik und religiöser Pluralismus im gegenwärtigen Südostasien (= Religionswissenschaft. Band 15). Peter Lang, Frankfurt am Main 2008.
  3. Manfred Hutter: Das Christentum in Asien als Gegenstand religionswissenschaftlicher Forschung. In: Michael Stausberg (Hrsg.): Religionswissenschaft. Walter de Gruyter, Berlin/New York 2012, S. 197–209.
  4. Manfred Hutter: Manichaeism in Iran in the Fourth Century. In: Roland E.Emmerick, Werner Sundermann, Peter Zieme (Hrsg.): Studia Manichaica IV. Internationaler Kongreß zum Manichäismus. Berlin 14.–18. Juli 1997. Akademie Verlag, Berlin 2000, S. 308–317.
  5. Manfred Hutter: Altorientalische Vorstellungen von der Unterwelt. Literar- und religionsgeschichtliche Überlegungen zu „Nergal und Ereskigal“ (= Orbis Biblicus et Orientalis. Band 63). Universitätsverlag, Freiburg/Schweiz / Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1985.
  6. Manfred Hutter: Aspects of Luwian Religion. In: H. Craig Melchert (Hrsg.): The Luwians (= Handbuch der Orientalistik. Band I,68). Brill, Leiden 2003, S. 211–280.
  7. Manfred Hutter: Afghanistan und seine „vergessenen“ Hindus. In: Zeitschrift für Religionswissenschaft, Band 17, 2009, Heft 2, S. 149–164.
  8. Manfred Hutter: Religionswissenschaft als Annäherung an Fremdes. In: Wolfgang Weirer, Reinhold Esterbauer (Hrsg.): Theologie im Umbruch. Zwischen Ganzheit und Spezialisierung (= Theologie im kulturellen Dialog. Band 6). Styria, Graz 2000, S. 117–130.