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vom 15.10.2012, aktuelle Version,

Ottokar Kernstock

Statue von Ottokar Kernstock im Ortskern von Vorau.
Kriegerdenkmal 1920 in Hernals
Gedenktafel zur Eröffnung der Bahnlinie nach Pinkafeld im Bahnhof Friedberg, mit von Ottokar Kernstock verfasstem Gedicht

Ottokar Kernstock, eigentlich Otto Kernstock (* 25. Juli 1848 in Marburg an der Drau, Untersteiermark; † 5. November 1928 auf dem Schloss Festenburg, Steiermark) war ein österreichischer Dichter, Priester und Augustiner-Chorherr.

Leben

Otto Kernstock wurde in Marburg an der Drau, der Heimatstadt seiner Mutter, geboren, wo er mit seinen zwei jüngeren Geschwistern seine ersten Lebensjahre verbrachte. Sein Vater stammte aus Prachatitz im Böhmerwald. 1855 übersiedelte die Familie nach Graz. Nach seiner Matura studierte er zunächst Rechtswissenschaften und wurde Mitglied der Akademischen Sängerschaft „Gothia“.

1867 trat er in das Chorherrenstift Vorau ein, wo er den Ordensnamen Ottokar erhielt. 1871 wurde er zum römisch-katholischen Priester geweiht. Kernstock war zunächst Archivar und Bibliothekar des Stiftes und wirkte ab 1873 als Kaplan in Waldbach, Sankt Lorenzen am Wechsel und Dechantskirchen. Von 1889 bis zu seinem Lebensende war er Pfarrer von Festenburg in der Oststeiermark. Im Schloss Festenburg ist heute ein Kernstock-Museum eingerichtet.

1916 wurde ihm angeboten, Dozent für Poetik, Rhetorik und Stilistik an der Lehrerakademie des Wiener Pädagogiums zu werden. Karl Kraus kritisierte dies in seiner Zeitschrift Die Fackel heftig.[1] Kernstock verzichtete schließlich auf das Angebot.

Künstlerisches Schaffen

Von 1875 an veröffentlichte Kernstock historische und belletristische Werke. Seine Gedichte erschienen ab 1878 in der Münchner Zeitschrift Fliegende Blätter. Nachdem er 1889 sein Amt als Pfarrer in Festenburg angetreten hatte, begann er Lyrik in der Tradition der Spätromantik zu verfassen; oft mit deutschnationalen Inhalten. So schrieb er über die Herkunft seiner Eltern:

[…]
Im Böhmerwald, bewehrt mit Wall und Toren,
In dem mein lieber Vater ward geboren.
Deutsch war der Mann, kerndeutsch sein Heimatland,
Eh' Slawenlist es Stück für Stück entwandt!

Seine deutschnationale Gesinnung zeigen unter anderem Gedichte wie „Civis Germanus sum!“ oder „Ein Fund“. In „Die deutsche Eiche“ formulierte er:

[…]
Slawenlinden steh'n in dichten
Reih'n mit Pinien welscher Art
Und mit Böhmerwalder Fichten
Dort freundnachbarlich gepaart.
Aber mitten im Bereiche
Dieser grünen Herrlichkeit
Ragt die deutsche Donnereiche
Wie ein Held der Hünenzeit.
[…]

An anderer Stelle dichtete er:

[…]
Bleib, edles Wien, der Himmel walt's,
Des Deutschtums Zitadelle!
[…]

Anlässlich der Abtrennung der Untersteiermark von der Steiermark nach dem Ersten Weltkrieg ohne Volksabstimmung sprach er Gemeinsamkeiten von Deutschen und Wenden (Slawen) an:

Aber das Große, das Deutsche und Wenden
einmal geschaffen mit rüstigen Händen,
heimatbegeistert und brüderlich,
kann kein Wandel der Zeiten zerbrechen.
Dankbar wollen wir´s künden und sprechen:
Steirischer Süden, Gott segne Dich!

Für Peter Roseggers Geburtshaus dichtete er folgende Verse:

Zieh´, Wand´rer, den Hut und bleib andächtig stehn!
Denn hier ist voreinst ein Mirakel geschehn.
Im achtzehnhundertundvierzigsten Jahr
und darnach im dritten, im Heumond, gebar,
von Fichten umrauscht und vom Almenwind,
eine sterbliche Mutter ein unsterblich Kind.
Hier ist Rosegger zur Welt gekommen.
Alle die wahrhaft der Menschheit frommen,
ihre Edelsten, Größten und Besten
kommen aus Hütten, nicht aus Palästen.

Einer breiteren Öffentlichkeit wurde er 1901 mit dem Gedichtband „Aus dem Zwingergärtlein“ bekannt und erreicht so bald ähnliche Popularität wie sein Freund, der Schriftsteller Peter Rosegger. Seine Religiosität brachte er beispielsweise in dem Gedicht „Zwei Kreuze“ zum Ausdruck.

Während des Ersten Weltkriegs trat er im zusammen mit Peter Rosegger verfassten Gedichtband „Steirischer Waffensegen“ (1916) mit chauvinistisch-blutrünstiger Kriegslyrik hervor.

Steirische Holzer holzt mir gut
mit Büchsenkolben die Serbenbrut!
Steirische Jäger trefft mir glatt
Den russischen Zottelbären aufs Blatt!
Steirische Winzer presst mir fein
Aus Welschlandfrüchten blutroten Wein!

1920 schuf Kernstock den Text der offiziellen österreichischen Bundeshymne von 1930 bis 1938 (zur Melodie von Gott erhalte, Gott beschütze, Hymne bis 1918, und von Deutschland, Deutschland über alles). Ursprünglich als Deutschösterreichische Volkshymne betitelt und Teil des Gedichtbands Der redende Born (1922), wurde Sei gesegnet ohne Ende per Ministerratsbeschluss am 13. Dezember 1929 zur Bundeshymne erklärt.

Im Jahr 1923 verfasste er das „Hakenkreuzlied“ für die Fürstenfelder Ortsgruppe der Deutschen Nationalsozialistischen Arbeiterpartei (DNSAP). Das Lied wurde im Wahlkampf in den sudetendeutschen Gebieten der Tschechoslowakei eingesetzt und löste Proteste der Christlich-Sozialen Partei und der katholischen Kirche aus. Kernstock verwahrte sich dagegen, ein „Hakenkreuzler“ zu sein und verteidigte sich damit, dass er ein Gedicht geschrieben habe „das den idealen Zielen galt, die ursprünglich den Hakenkreuzlern vorschwebten und mit denen sich jeder brave Deutsche einverstanden erklären musste.“

Nachwirken

Als chauvinistisch-blutrünstiger Lyriker erscheint er, mit Originalzitaten seiner Kriegsgedichte, in Karl Kraus´ Drama Die letzten Tage der Menschheit.

In Österreich wurden nach seinem Tod zahlreiche Straßen und Plätze nach Kernstock benannt. Nach dem Anschluss 1938 wurde vor allem das Hakenkreuzlied von den Nationalsozialisten zur Propaganda verwendet. Nach 1945 geriet er zunehmend in Vergessenheit. Teilweise wurde die Benennung von Straßen und Plätzen - oft erst nach längeren Debatten - rückgängig gemacht.

An einem Haus in Wien Hietzing, Münichreiterstraße, war bis in die achtziger Jahre des 20. Jahrhundert zu lesen: In diesem deutschen Haus wohnte einst der deutsche Dichter Ottokar Kernstock. Die Gedenktafel wurde später vom Hausinhaber entfernt.

Ottokar Kernstock führte die Bezeichnung Wechselgau für den Raum zwischen Hartberg und dem Wechsel ein. Der Begriff hat sich zwar nicht durchgesetzt (vermutlich zur Distanzierung zu den Reichsgauen des nationalsozialistischen Deutschlands), lebt jedoch im Namen der regionalen Genossenschaft Lagerhaus Wechselgau reg. GenmbH der RWA Raiffeisen Ware Austria weiter, welche aus der 1929 von 130 Bauern gegründeten Molkerei Wechselgau hervorging.[2]

Auszeichnungen und Ehrungen

Werke

  • Verloren und Wiedergefunden, Märchen, 1894
  • Die wehrhafte Nachtigall, 1900
  • Aus dem Zwingergärtlein, 1901
  • Unter der Linde, 1905
  • Turmschwalben, 1908
  • Aus der Festenburg, 1911
  • Tageweisen, 1912
  • Schwertlilien aus dem Zwingergärtlein, 1915
  • Steirischer Waffensegen, 1916
  • Der redende Born, 1922

Literatur

  • Kernstock Ottokar. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 3, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1965, S. 305 f. (Direktlinks auf S. 305, S. 306).
  • Hellmuth Himmel: Kernstock, Ottokar. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 11, Duncker & Humblot, Berlin 1977, ISBN 3-428-00192-3, S. 531 f. (Digitalisat).
  • Oswald Floeck: Der Sänger auf der Festenburg (Ottokar Kernstock). Sein Leben und sein Werk. Graz u.a.: Styria 1915.
  • Pius Fank: Ehrenrettung des verleumdeten Priesterdichters Ottokar Kernstock † 1928. In: Österreichisches Klerusblatt. 1967, 9.
  • Charlotte Grollegg-Edler: Ottokar Kernstock - ein "politischer Dichter"? In: Österreich in Geschichte und Literatur, Graz, 30 (1986), S. 139-149.
  • Charlotte Grollegg-Edler: Die wehrhaft Nachtigall. Ottokar Kernstock (1848-1928). Eine Studie über Leben, Werk und Wirkung. Graz: Univ. Diss. 2002.
  Commons: Ottokar Kernstock  – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. textlog.de: Kernstock der Jugend!
  2. Firmenchronik Lagerhaus Wechselgau