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vom 12.11.2016, aktuelle Version,

Radaufhängung

Doppelquerlenker-Aufhängung des linken Vorderrads
gelbe Teile: unterer und oberer Querlenker, verbunden durch das Anschlussteil des Achsschenkels

Die Radaufhängung oder Radführung ist die bewegliche Verbindung zwischen Fahrzeugkörper und Rädern.[1] Sie enthält Führungselemente, die die Räder auf einer vorgegebenen, nahezu senkrecht stehenden Bahn gegenüber dem Fahrzeugkörper leiten.

Bauformen sind: Starrachsen, Einzelradaufhängungen (nebenstehende Abbildung) und Verbundachsen.[2]
Die Bauteile der Radaufhängung zählen zum Fahrwerk eines Fahrzeugs.
Die Gestaltung der Radaufhängung ist ein wesentlicher Teil der Fahrzeugtechnik.

Durch geeignete Ausführung der Radführungsgeometrie und der Federung ist es möglich, unerwünschte Nebenerscheinungen der zwischen Fahrzeugkörper und Rädern zu übertragenden Radlasten und dynamischen Kräfte (Antriebs-, Brems- und Seitenkräfte) wie Nick- und Wank-Bewegungen des Fahrzeugkörpers zu mildern.[1] Das Eigenlenkverhalten kann positiv beeinflusst werden (Unter- anstatt Übersteuern).

Allgemein

Die Radaufhängungen sollen ein sicheres Fahrverhalten gewährleisten und Einbußen beim Fahrkomfort infolge Fahrbahnunebenheiten mildern (den Fahrzeugaufbau abklingend schwingen lassen und Geräuschübertragung dämpfen). Dazu müssen sie:

  • die Räder bei Stößen elastisch nachgebend (Federung) führen,
     ohne die Fahrwerkgeometrie merklich zu verändern und dabei einen möglichst langen Federweg haben,
  • Schwingungen dämpfen,
  • Lenkbewegungen weiterleiten,
  • möglichst leicht sein (kleine ungefederte Masse)

Da sich die Anforderungen teilweise widersprechen, sind Bauart und Abstimmung stets ein Kompromiss.

Zur Radaufhängung gehören:Radträger (Achsschenkel oder durchgehender Achskörper), Lenker und Gelenke. Zu den immer beteiligten Federn und Stoßdämpfern: siehe Federung (Fahrzeug).

Freiheitsgrad der Radführungen

Ein einzeln aufgehängtes Rad soll auf einer vertikalen Bahn (geradlinig oder auf einem wenig gekrümmten Kreisbogen) geführt werden. Der Freiheitsgrad einer solchen Bewegung zum Beispiel am freien Ende einer Schwinge ist f=1.

Die Achsbrücke einer Starrachse soll sowohl vertikal verschiebbar (oder um die Fahrzeug-Querachse drehbar), als auch um die Längsachse drehbar sein, damit die an ihren Enden befestigten Räder unabhängig voneinander einfedern können:

  • nicht nur rechts und links gleichzeitig in gleicher Richtung und mit gleichem Hub („Hubfederung“ oder „Parallelfederung“),
  • sondern im Grenzfall rechts und links gleichzeitig in entgegengesetzter Richtung mit beliebigem Hub („Wankfederung“).[3]

       Der Freiheitsgrad der Starrachs-Führung ist f=2, was am einfachsten mit Hilfe eines mittig angebrachten Drehschubgelenks (Drehung um die Längsachse, Schiebung vertikal) möglich ist.[4]

Bauformen

Die unterschiedlichen Bauformen der Radführung unterscheiden sich prinzipiell nicht, ob die Räder gelenkt sind oder nicht.
Der Auslegungsspielraum ist eingeschränkt, wenn die geführten Räder angetrieben sind.

Starrachse

Hauptartikel: Starrachse

„Der Begriff Radaufhängung ist erst etwa seit den [19]30er im Autmobilbau gebräuchlich ... Früher sprach man von Achsen. Erst mit der Einzelradaufhängung wurde dieser Begriff eingeführt. (Inzwischen) verwendet man (ihn) auch für Starrachsen als eine mögliche Form.“[5]

Bei einer Starrachse sind die Radträger einer Achse über einen starren Achskörper („Achsbrücke“) miteinander verbunden.
Die Achsbrücke ist in der Regel mit Blattfedern oder Kombinationen aus Lenkern am Fahrzeugkörper geführt und diesem gegenüber gefedert. Bei der Führung mit einem zentralen Kugelgelenk in Kombination mit einem Querlenker ist die Grundform des Achskörpers verändert. Starrachsen mit i.d.R. integriertem Differentialgetriebe in etwa chronologischer Reihenfolge:[6]

  • Starrachse mit Blattfedern: Führung ausschließlich mittels zwei längs montierten Blattfedern. Eine der Federhälften ist am Fahrzeugaufbau gelenkig gelagert und wirkt als Längsschwinge (Übertragen der Längskräfte; zweites Federende gleitet längs unter Aufbau = Schublager). Die quer-steifen Federn übertragen auch die Querkräfte (ausnahmsweise über Panhardstab). Drehmomente bei Beschleunigen und Bremsen verdrehen die Achse um sich selbst und verformen die Blattfedern S-förmig („Aufziehen“ der Achse).
    Beispiel-Bilder: , , , mit Panhardstab: ,
  • Starrachse mit Schraubenfedern: Führung mittels Längslenkern und einem Querlenker (Panhardstab, Wattgestänge). Standard sind vier Längslenker (Übertragen der Längskräfte; manchmal Reduktion auf drei, wobei einer ein breit abgestützter, an der Achsmitte angreifender Dreieckslenker, der auch die Querkräfte überträgt, ist; Verzicht auf Querlenker). Werden zwei der vier Lenker schräg zur Längsachse angebracht, so übertragen diese die Querkräfte (Verzicht auf Querlenker). Beschleunigs- und Bremsmomente werden von in zwei Etagen angebrachten Längslenkern aufgenommen.
    Beispiel-Bilder: 4 parallele Längslenker: , , , (mit Wattgestänge); 2 von 4 Lenkern sind schräg: (Vorderachse), , : (Bilder 5 bis 7),
  • De-Dion-Achse: Das Differentialgetriebe ist nicht in die Achsbrücke eingebaut, sondern ist am Fahrzeugaufbau befestigt. Die Achsbrücke ist aus der Radmitte verlegt, um den vom Differential weg zu den Radträgern gehenden Antriebswellen Platz zu machen. Sie wird mit gleichen Elementen wie die Banjoachse geführt. Es gab und gibt auch Varianten mit einem Schubrohr/Zentralgelenk (s. unten).
    Beispiel-Bilder: (nach hinten versetzte Achsbrücke mit 2 Längslenkern und 1 oben liegenden mittigen „Dreieckslenker“, Schraubenfedern), (nach vorn versetzte Achsbrücke mit elastischem Zentralgelenk und Querlenker/n, Schraubenfedern, Smart Fortwo)
  • Deichsel-/Schubkugel-/Zentralgelenkachse: Eine am Achskörper starr angebrachte und an ihrem vorderen Ende mit einem Kugelgelenk („Schubkugel“, Zentralgelenk) am Fahrzeugasufbau gelagerte Deichsel (oder ein „Schubrohr“) ist die „einfachste Art der Längsführung und Drehmomentabstützung um die Fahrzeug-Querachse“[7] Nur die Querführung bedarf eines zusätzlichen Lenkers (Panhardstab o. ä.). Anstatt Erweiterung durch ein Schubrohr kann der Achskörper nach vorne ausgebogen gestaltet sein als De-Dion-Achse wie beim Smart Fortwo (s.oben) oderals nicht angetriebene Starrachse wie beim Fiat Panda in Omega-Form (). Eine Variante mit in der horizontalen Ebene nicht fixiertem Zentralgelenk, dafür mit zwei Längslenkern, gab es bei Opel: .

Einzelradaufhängung

Hauptartikel: Einzelradaufhängung

Bei der Einzelradaufhängung werden die beiden Räder einer Achse (Vorder oder Hinterachse) unabhängig voneinander geführt. Die Radstellung eines Rads ist von der des anderen unabhängig. Die folgende etwa chronologische Aufstellung führt in etwa auch zu einer jeweils die Fahreigenschaften verbessernden Lösung, ist aber unvollständig:[8]

  1. Decauville-(Dreh-)Schubgelenk[9] für lenkbares Vorderrad: Das Schubgelenk (Säule in Hülse) führt das Rad gegen eine Blattfeder vertikal.
  2. 2 parallele Schubgelenke: Geradwegfederung am Motorrad, vorn (Teleskopgabel) und hinten.
  3. Pendelachse eines frontgetriebenen Derby: je Rad 1 breit gelagerte Querschwinge
  4. Pendelachse des heckgetriebenen VW-Käfers: je Rad 1 Querschwinge (Antriebsachse umgreifendes Rohr) und 1 torsionsweiche Längsschwinge („Schwert“)
  5. Kurbellenkerachse vorn eines VW-Käfer/Formel-V-Rennwagens: 2 parallele, um Querachse drehbare Lenker, Lenker schräg in die Radschüssel führend und mit je einem Kugelgelenk am Achsträger angeschlossen, Rad gezogen (VW) oder geschoben, der Radträger ist Koppelglied.
  6. Doppelquerlenkeraufhängung: 2 vorn (oder hinten) breit gelagerte, um Längsachse drehbare Querlenker („Dreiecklenker“), Radträger ist Koppelglied,
  7. Längslenkerachse: Schwinge an nicht angetriebenem Hinterrad, um Querachse drehbar, breit gelagert und steif dimensioniert, Renault 4
  8. Schräglenkerachse als angetriebene Hinterachse: schräg und breit gelagerte Schwinge (Lenker ist unkorrekt, da feste Verbindung mit Radträger)
  9. MacPherson-Aufhängung am Vorderrad (seltener am Hinterrad): 1 (Dreh-)Schubgelenk und 1 breit gelagerter Querlenker („Dreiecklenker“), Radträger ist Koppelglied.
  10. Mehrlenkerachse: Die derzeit aufwändigsten Bauformen der Radaufhängung verwenden bis 5 einfache Stablenker, um auf diese Weise günstigste Fahreigenschaften[10] zu erreichen. Die Zahl möglicher Ausführungen entspricht überproportional jener der Lenker-Zahl, sodass ein „eindeutiges Eigenschaftsprofil nicht angegeben“ werden kann.[10] Im abgebildeten Beispiel ist ein „Dreieckslenker“ (gelb), der noch nicht durch zwei einfache Lenker ersetzt ist, enthalten.

Verbundaufhängungen: Halbstarrachsen

Hauptartikel: Halbstarrachse

Von der Vielzahl möglicher Ausführungen von Verbundaufhängungen werden im Folgenden nur deren gegenwärtig häufigsten Vertreter,[11] die sogenannten „Halbstarrachsen“, behandelt: Unter diesen etwas ungenauen Begriff fallen die Torsionskurbelachse und die Verbundlenkerachsen als nicht angetriebene Hinterachsen.[12][13]

Gemeinsames Merkmal dieser Achskonstruktionen sind zwei parallele Längsschwingen, die durch einen biegesteifen aber torsionsweichen Stab (meist mit T- oder U-förmigem Profil) „ecksteif“ miteinander verbunden sind. Je nach Lage des Verbundstabs ähnelt das Verhalten mehr einer Starrachse oder einer Längslenkerachse. Durch die Biegesteifigkeit der Verbindung bleiben die Räder trotz nicht parallel stehender Schwingen bei Wankfederung annähernd parallel (ein von der Starrachse übernommener Vorteil). Der torsionsweiche Verbindungsstab wirkt zusätzlich als Stabilisator.

Die Verbundlenkerachse (die Koppellenkerachse ist lediglich eine Unterart davon) ist wegen ihres einfachen Konzepts (einfache (Schweiß-)Baugruppe mit geringem Raumbedarf plus zwei Gummilager, kein Achsträger am Fahrzeugaufbau erforderlich, u.a.) „die kostengünstigste nicht angetriebene Hinterachse überhaupt“.[14] Die anfänglich unbeachtete Neigung zum Übersteuern wegen der in den Gummilagern elastischen Drehung des Achsverbunds um die Hochachse wurde später mit dem extra zu diesem Zweck entwickeltem spurkorrigierenden Lager im Wesentlichen beseitigt.

Der Verbindungsstab der Torsionskurbelachse (zuerst beim DKW Junior, 1958) hat U-Querschnitt (ursprünglich ein geschlitztes Rohr) und ist an verdrehweichen Schwingen (Schwertern) und einem Panhardstab geführt.

Die Verbundlenkerachse erschien 1974 als Hinterradaufhängung am VW Scirocco und am Golf. An den weit auseinander liegenden Aufhängepunkten der Achseinheit (Drehpunkte der Schwingen) am Fahrzeug befinden sich nachgebende Gummilager (spurkorrigierend seit 1988, Passat).

Elastokinematik

Bei der Auslegung einer Radaufhängung können nur in einem ersten Arbeitsschritt alle beteiligten Bauteile als starre Körper angesehen werden (Kinematik der starren Körper). Lenker und andere „starre“ metallische Bauteile geben - insbesondere unter Kräften und Momenten, deren Übertragung nicht ihre Hauptaufgabe ist, - merklich elastisch nach. Die Lager sind zur Dämpfung von Stößen und Schall absichtlich elastisch nachgebend ausgelegt: Gummilager.

Die Elastizitäten führen zu zusätzlichen Bewegungsfreiheiten, die bei vertiefter Betrachtung unter dem Begriff Elastokinematik[15] in die Auslegung einer Radaufhängung eingehen müssen. Ziel ist, die „unvermeidlichen Verformungen ... zu kompensieren oder sogar in wünschenswerte Bewegungen umzuwandeln.“[16] Die Umwandlung in wünschenswerte Bewegung wurde z.B. mit dem für die Verbundlenkerachse entwickelten spurkorrigierenden Lager erreicht.

Siehe auch

Literatur

  • Karl-Heinz Dietsche et al: Kraftfahrtechnisches Taschenbuch. Robert Bosch GmbH, 28. Auflage, Springer Verlag, Wiesbaden 2014, ISBN 978-3-658-038007.
  • Rolf Gscheidle: Fachkunde Kraftfahrzeugtechnik. 30. Auflage, Verlag Europa-Lehrmittel, Haan-Gruiten 2013, ISBN 978-3-8085-2240-0.
  • Bernd Heißing, Metin Ersoy, Stefan Gies: Fahrwerkhandbuch. 4. Auflage, Springer Vieweg Verlag, Wiesbaden 2013, ISBN 978-3658019914.
  • Wolfgang Matschinsky: Radführungen der Straßenfahrzeuge: Kinematik, Elasto-Kinematik und Konstruktion, 3. Auflage, Springer Verlag Berlin Heidelberg 2007, ISBN 978-3-540-71196-4

Einzelnachweise

  1. 1 2 Wolfgang Matschinsky: Radführungen der Straßenfahrzeuge., S. 1
  2. von W. Matschinsky als „Verbundaufhängungen“ eingeführter Oberbegriff (vgl. Wolfgang Matschinsky: S. 21): Dazu zählen alle Bauformen, die nicht Starrachsen oder Einzelradaufhängungen sind, und sich dadurch auszeichnen,
    • dass sie sich wie die Starrachse räumlich über die ganze Fahrzeugbreite ausbreiten,
    • dass die beiden Räder zwar nicht starr miteinander verbunden sind, sich aber auch nicht wie einzeln aufgehängte Räder unabhängig voneinander bewegen können.
  3. RWTH Aachen, Institut für Kraftfahrwesen: Begriffsklärung „Hub- und Wankfederung“, Seite 15. „Parallelfederung“: vgl. Matschinsky, Seite 442
  4. Bei Rennfahrzeugen gelegentlich angewendete „Gleitsteinführung“, vgl. Matschinsky, S. 186, Bild 7.10.
  5. Erich Henker: Fahrwerktechnik, Vieweg, 1993, S. 103
  6. Wolfgang Matschinsky: Radführungen der Straßenfahrzeuge, S. 18–21: Übersicht der kinematischen Varianten
  7. Zitat Matschinsky, S. 422
  8. Wolfgang Matschinsky: Radführungen der Straßenfahrzeuge, S. 15–18: Übersicht der kinematischen Varianten
  9. In der Literatur schließt die Behandlung der vorderen Radaufhängung gelegentlich die Funktion Lenkung des Fahrzeugs ein. Das ist hier und im Folgenden nicht der Fall. Der Dreh-Anteil des Drehschubgelenks ist in Klammern gesetzt, und Spurstange und entsprechende Hebel werden nicht erwähnt.
  10. 1 2 Bernd Heißing, Metin Ersoy, Stefan Gies: Fahrwerkhandbuch, S. 448.
  11. Bernd Heißing, Metin Ersoy, Stefan Gies: Fahrwerkhandbuch, S. 472: „Verbundlenkerachse“ und „Torsionskurbelachse“ hatten zusammen 2005 und 2010 weltweit an allen Hinterachsen einen Anteil von mehr als 30 %.
  12. Bernd Heißing, Metin Ersoy, Stefan Gies: Fahrwerkhandbuch., S. 436.
  13. Karl-Heinz Dietsche et al: Kraftfahrtechnisches Taschenbuch, S. 859.
  14. Bernd Heißing, Metin Ersoy, Stefan Gies: Fahrwerkhandbuch, S. 434
  15. Wolfgang Matschinsky: Radführungen der Straßenfahrzeuge, Kapitel 9
  16. Zitat von Wolfgang Matschinsky: Radführungen der Straßenfahrzeuge, S. 287