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vom 04.02.2020, aktuelle Version,

Rudolf Schifkorn

Die eingestürzte Schifkorn-Brücke über den Pruth bei Czernowitz am 4.  März 1868

Rudolf Schifkorn (* 19. Jänner 1817 in Bruck an der Mur, Kaisertum Österreich; † 16. März 1882 in Wien, Österreich-Ungarn) war ein österreichischer Techniker.

Leben und Wirken

Rudolf Schifkorn war ein Sohn des Maximilian Schifkorn, eines Kaufmanns, Beamten und Inhabers eines Knabenpensionats in Graz, und dessen zweiter Gattin, Sophia, geb. von Huber. Er besuchte von 1823 bis 1830 die Musterhauptschule in Graz, ging 1831 bei einem Galanterietischler in die Lehre und absolvierte ein technisches Studium in England. Von dort dürfte er mit dem englischen Konstrukteur der Budapester Kettenbrücke als Assistent bei deren Ausführung (1839–1845) wieder auf den Kontinent gekommen sein. 1850 wurde er durch das Ministerium für Handel und öffentliche Bauten zum Ingenieurs-Assistenten 2. Klasse ernannt, 1851 bei der österreichischen Post eingestellt und zum Werkführer der Telegraphenwerkstätte Wien ernannt. Diesen Posten bekleidete Schifkorn bis zur Auflösung derselben 1872.[1]

1853 erhielt er ein Privileg auf ein neues Brückensystem mit gusseisernen und schmiedeeisernen Tragteilen, 1869 eines für weitere Verbesserungen an diesem. Aber auch auf anderen Gebieten bewies Schifkorn seine technischen Fähigkeiten: 1859 führte er im Rahmen seines Dienstes die Aufsehen erregende Verlegung eines Unterseekabels entlang der Küste von Triest nach Venedig durch. 1871 erhielt er ein Privileg für die Verbesserung der Papierführung des Morse-Telegraphen-Schreibapparats, 1877 ein weiteres für das von ihm entwickelte Etuischloss. Für seine Erfindungen wurde er bei mehreren internationalen Ausstellungen ausgezeichnet.[1]

Die eingestürzte Brücke. Mit 2-achsigen Güterzugwaggons.

Mit der Entwicklung seines Brückenbausystems fand er auch in der Fachwelt vorerst größte Anerkennung. 1856 bis 1868 entstanden 116 Eisenbahnbrücken für die österreichischen Bahnen nach seinem System sowie seinen Berechnungen und Plänen. Er stand schon in Verhandlungen mit britischen und US-amerikanischen Firmen zwecks Übernahme seines Brückensystems, als am 4. März 1868 durch den Einsturz der Brücke über den Pruth bei Czernowitz dessen Konstruktionsfehler bekannt wurden. Dies führte zum Austausch sämtlicher nach seinem System erbauten Brücken bis 1894,[1] da diese statisch überbestimmt und durch seitliche Verschiebungen der Knotenpunkte einsturzgefährdet waren.[2]

Schifkorn-Brücken

Schifkorn-Brücke über den Pruth

Die Eisenbahnbrücke über den Fluss Iser im Netz der Süd-Norddeutschen Verbindungsbahn zwischen Turnau und Eisenbrod in Nordböhmen war 1857 die erste nach dem System Schifkorns erbaute Brücke.[3] Drei Brücken derselben Bauweise an der Böhmischen Westbahn von Prag nach Furth im Wald wurden 1860 bis 1862 errichtet. Im Jahr 1872 gab es zusammengezählt bereits um die 110 Schifkorn-Brücken mit 180 Trägern.[2]

Hauptelemente der Schifkorn-Brücken

Die Schifkorn-Träger waren eine Nachbildung der Howeschen Fachwerkträger mit hölzernen gekreuzten Druckstreben und künstlich vorgespannten Vertikalstäben aus Eisen. Die gusseisernen Streben sowie der gusseiserne Obergurt bestanden aus kurzen, von Knotenpunkt zu Knotenpunkt reichenden Stücken, die sich gegen runde oder eckige Querbolzen stützen. Die einzelnen Stücke des Obergurtes wurden durch durchgehende schmiedeeiserne Längsschienen, die an den Endständern anzuspannen waren, zusammengehalten. Höhere Träger mit vierfacher Teilungszahl erhielten einen die mittleren Knotenpunkte verbindenden, ebenfalls aus Spannschienen bestehenden Mittelgurt. Der Untergurt sowie die vertikalen Rundeisenstangen waren aus Schmiedeeisen. Jeder Träger bestand aus zwei bis vier durch die gemeinsamen Querbolzen verbundenen Wänden.[4]

Die Brücken konnten, da keine Nieten benötigt wurden, schnell aufgebaut werden, sodass in den 1860er-Jahren für die österreichischen Eisenbahnen viele Schifkorn-Brücken errichtet wurden.[4] Nach einer durch Professor Rebhann im Eisenwerk von Zöptau durchgeführten Bruchprobe[5] erläuterte der Ingenieur der kaiserlich-königlichen priviligierten österreichischen Staats-Eisenbahn-Gesellschaft, Wilhelm Bukowsky, 1865, dass Schifkorn bei der Übertragung des Howeschen Systems von Holz auf Eisen signifikante Konstruktionsfehler unterlaufen seien: Außer der fachgerechten Querschnittsbestimmung sei eine bessere Detailkonstruktion der oberen Gurtungen, die Beseitigung der Unterteilung der Diagonalstreben, die Weglassung der zahlreichen nicht-tragenden Bestandteile und nicht zuletzt eine fachgerechte Konstruktion der Querträger anzustreben.[6] Nachdem die möglichen Folgen der Konstruktionsfehler der Schifkorn-Brücken durch den Einsturz der Brücke über den Pruth bei Czernowitz offensichtlich geworden waren, wurden alle Schifkorn-Brücken abgerissen und durch stabilere eiserne Brücken ersetzt.[4]

Einzelnachweise

  1. 1 2 3 R. Keimel: Schifkorn, Rudolf. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 10, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1994, ISBN 3-7001-2186-5, S. 128.
  2. 1 2 Hans Pottgießer: Die Pruth-Brücke bei Czernowitz nach dem System Schifkorn. In: Eisenbahnbrücken aus zwei Jahrhunderten. Birkhäuser, Basel 1985, S. 163–165, doi:10.1007/978-3-0348-6662-0_25
  3. Die Eisenbahnbrücke über den Fluss Jizera (Iser) – Gemeinde Rakousy.
  4. 1 2 3 Otto Lueger: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 7 Stuttgart, Leipzig 1909, S. 693. Link
  5. Vortrag von Professor Rebhann in der Versammlung des österreichischen Ingenieur-Vereins am 4. März 1865
  6. Wilhelm Bukowsky: Ueber die eisernen Schifkorn’schen Brücken. In: Zeitschrift des Oesterreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereins, XVII. Jahrgang, 1865, Heft V, S. 93–100 (online; PDF; 3,3 MB)
  7. Josef Zuffer: Brückenbau. In: Dr. Leon Ritter v. Bilinski. Emil Ritter v. Guttenberg, Wilhelm Ast, Franz Bauer, Alfred Birk, Theodor Bock, Karl Gölsdorf, Franz Mähling, Josef Schlüsselberger und Hermann Strach (Hrsg.): Geschichte der Eisenbahnen oesterreichisch-ungarischen Monarchie. II. Band. Wien, Teschen, Leipzig. Karl Prochaska. K. U. K. Hofbuchhandlung & k. U. K. Hofbuchdruckerei. MDCCCXCVIII (1898). S. 281 und 285–286.
Commons: Rudolf Schifkorn  – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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Brückeneinsturz bei Czernowitz Joachim Scheer: Failed Bridges: Case Studies, Causes and Consequences Unbekannter Fotograf
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Titel: Detail der Schifkorn'schen Brückenconstruction über den Pruth Albertina Schoon
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Eisenbahnbrücke über den Bug bei Swierlniecz Bildarchiv Austria und Kulturpool Unbekannter Fotograf (K.u.k. Kriegspressequartier, Lichtbildstelle - Wien)
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Lemberg-Czernowitzer Eisenbahn: Brücke über den Pruth bei Lubkowce, untere Ansicht. Beschriftung Untersatzkarton: rechts oben "27." (Bleistift); M.u. "BRÜCKE ÜBER DEN RPUTH BEI LUBKOWCE / untere Ansicht." (schwarzer Druck). Abmessungen: 20, x 25,cm (7 7/8 x 9 13/16in.) Karton: 37 x 47,5 cm (14 9/16 x 18 11/16in.). Material: Albuminpapier, auf Untersatzkarton. Inventarnummer: Foto2002/31/26. Kulturpool und Albertina Schoon
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Schifkorn Bridge over the Bystryzja Nadwirnjanska Albertina Unbekannter Fotograf
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Lemberg-Czernowitzer Eisenbahn: Dniesterbrücke bei Halicz Albertina Unbekannter Fotograf
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Lemberg-Czernowitzer Eisenbahn: Einsturz der Pruth-Brücke bei Czernowitz, 4. März 1868. Samt Güterzugwagen. Albertina Unbekannter Fotograf
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Abb. 144 Schifkornbrücke. (Klabawa-Viaduct bei Chrast während der Auswechslung 1892) (Nach einer photographischen Aufnahme von F. Dworak in Pilsen) Siehe Bild auf Seite 281 und Text auf Seite 285-286 Im Jahre 1853 war Schifkorn in Oesterreich mit einer neuen, gut durchdachten Brückenconstruction hervorgetreten, in welcher er den bereits genannten hölzernen Howe'schen Träger ganz in Eisen durchbildete. Vgl. Abb. 144. Die Theile, welche Druckbeanspruchungen ausgesetzt sind, also der Obergurt und die geneigten Streben, in welch letzteren durch die verticalen Spannstangen stets künstlich ein Ueberdruck erzeugt wurde, stellte er aus Gusseisen her, während er für den gezogenen Untergurt schmiedeeiserne Flachschienen, desgleichen für die Spannstangen Schmiedeeisen nahm. Den Obergurt setzte Schifkorn aus einzelnen von Knoten zu Knoten reichenden Stücken zusammen, die mittels durchlaufender, an den Endständern angespannter Längsschienen zusammengehalten wurden. Auch die Streben waren aus einzelnen Stücken zusammengesetzt, so dass sie bei hohen Trägern und mehrfachem Netzwerk bis aus vier Theilen bestanden, die durch zwei schmiedeeiserne Bänder fixirt waren. Die Hauptträger jeder Brücke bildeten zwei bis vier nebeneinander gestellte, mit einander verbundene und gleich construirte Wände.*) Das Schifkorn'sche Brückensystem wurde bei seinem Erscheinen geradezu enthusiastisch begrüsst. Man rühmte den Vortheil dieser Brücken, die im Gegensatz zu den damals auftauchenden Gitterbrücken keiner Nieten bedürfen und bei denen das Holz, das Schmiede- und Gusseisen ihrer Wirkungsweise entsprechend seien. Es fehlte nicht an Gegnern, unter denen Hornbostel und Pressel in erster Reihe standen, welche den an dieses System geknüpften, hochgespannten Erwartungen eine sehr kühle sachliche Kritik gegenüberstellten. Bot doch die Construction so viele Angriffspunkte! Die Zusammensetzung der Träger aus vielen Theilen und deren mangelhafte Verbindung, die allerdings jene der Nevilleträger hoch überragte, die Unbestimmtheit, die durch die künstliehen Spannungen in die Wirkungsweise der Glieder hineingetragen wurde, die Verwendung des unverlässlichen Gusseisens und dessen Combination mit Schmiedeeisen, also die Verbindung von Materialien mit ungleichen Elasticitäts-Verhältnissen, bedeuteten ebenso viele schwache Seiten dieser neuen Trägertype. Im Jahre 1858 lieferte das Werk Zöptau für die Ueberbrückung der Iser bei Rakaus im Zuge der Süd-norddeutschen Verbindungsbahn die erste Schifkornbrücke, welche sieben Oeffnungen zu 24 m besass.* * ) Bald folgte die Carl Ludwig-Bahn, die Böhmische Westbahn mit Brücken bis zu 38 m Weite, die Turnau-Kraluper Bahn, die Böhmische Nordbahn und die Lemberg-Czernowitzer Bahn mit Weiten bis zu 37 m. Eben waren noch andere Bahnen im Begriff, diese Brücken einzuführen, ja selbst Unterhandlungen mit England und Amerika waren im Zuge, um das System auch dorthin zu verpflanzen, als die Brückenkatastrophe bei Czernowitz, wo am 4. März 1868 ein 37 m weites Brückenfeld der Pruthbrücke unter einem gemischten Zug zusammenbrach, dem Siegeslauf der Schifkornbrücke und der Verwendung von Gusseisen zu Träger-Hauptbestandtheilen von Eisenbahnbrücken ein jähes Ende bereitete. An 150 Eisenbahnbrücken Systems waren in Oesterreich aufgestellt worden, die in in rascher Folge durch die inzwischen anerkannten genieteten Fachwerksbrücken ersetzt wurden, dass heute mit Ausnahme eines einzigen Beispieles auf einer blos der Schlackenbeförderung dienenden Schlepphalm bei Trzynietz keine derartige Construction als Bahnbrücke mehr in Benützung steht. Im Jahre 1894 war die letzte Schifkornbrücke im Zuge einer Eisenbahn, die Elbebrücke der Böhmischen Nordbahn bei Tetschen , durch eine moderne Construction ersetzt und mit ihr die zweite Brückentype, welche gemischtes Material verwendete, zu Grabe getragen worden. Abb. 145. ** * ) * Vgl. Abb. 37s. Bd. 1. 1.Theil. * * Vgl Abb. 366, Bd. 1, 2. Theil. ** * Vgl Abb. 378, Bd. 1, 2. Theil. DR. LEON RITTER V. BILINSKl FML. EMIL RITTER v. GUTTENBERG, WILHELM AST, FRANZ BAUER, ALFRED BIRK, THEODOR BOCK, KARL GÖLSDORF, FRANZ MÄHLING,JOSEF SCHLÜSSELBERGER und HERMANN STRACH (Hrsg): GESCHICHTE DER EISENBAHNEN OESTERREICHISCH- UNGARISCHEN MONARCHIE. II. BAND. WIEN, TESCHEN, LEIPZIG. KARL PROCHASKA. K. U. K. HOFBUCHHANDLUNG & K. U. K. HOFBUCHDRUCKEREI. MDCCCXCVIII (1898). Nach einer photographischen Aufnahme von F. Dworak in Pilsen
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Datei:Schifkornbrücke. (Klabawa-Viaduct bei Chrast während der Auswechslung 1892) (Nach einer photographischen Aufnahme von F. Dworak in Pilsen).jpg
Wilhelm Bukowsky: Zeichnung der Schifkornschen Brücken Wilhelm Bukowsky: Ueber die eisernen Schifkorn'schen Brücken. In: Zeitschrift des Oesterreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereins, XVII. Jahrgang, 1865, Heft V, S. 93–100 ( PDF; 3,3 MB ) Wilhelm Bukowsky
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