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vom 02.08.2021, aktuelle Version,

Schloss Kassegg

Schloss Kassegg um 1980 vor Tieflimauer und kleinem Buchstein
Schloss Kassegg knapp vor Fertigstellung [1]
Schloss Kassegg um 1890 [1]
Schloss Kassegg um 1950 [1]
Hofansicht ca. 1960, typische Stilelemente wurden um 2005 entfernt
Schloss Kassegg um 1960
Schloss Kassegg um 1980
Wappen am Torbogen von Schloss Kassegg

Schloss Kassegg ist ein um 1886 erbautes romantisches Jagdschloss in den steirischen Gesäusebergen am Erbsattel (zwischen Großreifling und Sankt Gallen). Baustil und Entstehungsgeschichte zeigen Parallelen zu den Schlössern des Bayernkönigs Ludwig II. Nach unbestätigten Erzählungen soll ein Münchner Architekt, der auch an der Erbauung von Schloss Neuschwanstein beteiligt war, Schloss Kassegg entworfen und für den Industriellen Georg Ritter von Aichinger erbaut haben.

Unzählige Renovierungen und Umbauten haben das ursprüngliche Erscheinungsbild des Schlosses stark verändert. Die für den romantischen Historismus typischen Elemente wurden zum Teil entfernt, wie etwa zuletzt (um 2005) die charakteristischen Kamine. Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wurde Schloss Kassegg völlig ausgeplündert. Durch eine falsche, auf die Jahrhundertwende verlegte Datierung der Bauzeit entsprechen renovierte Teile, besonders im Inneren, eher dem Jugendstil.

Geschichte

Die Geschichte von Schloss Kassegg ist wenig belegt. Abgesehen von ein paar alten Ansichtskarten, die sich einigermaßen genau datieren lassen, sind bisher kaum aussagekräftige Dokumente über das Schloss aufgetaucht. Diese Dokumentation beruht großteils auf persönlichen Erinnerungen[2] und Recherchen.[3]

Um 1885 kaufte Georg Ritter von Aichinger, Initiator der Kronprinz Rudolf Bahn, den Bauernhof mit dem Hausnamen „Kahsegger“ am Erbsattel. Der Keller und Teile der Steinmauern dieses Bauernhofes wurden beim Bau von Schloss Kassegg in den Südflügel integriert.[4] Für das Jahr 1886 sind umfangreiche Holzschlägerungen in Gstatterboden (im Gesäuse) für den Bau von Schloss Kassegg belegt.[5] Von 1899 bis 1902 führten statische Probleme am Westturm, der einzustürzen drohte, zum großen Umbau von Schloss Kassegg. Der Westflügel wurde dabei verkürzt und ein Teil des Turmes versetzt. Die Schlosskapelle fiel den Umbauarbeiten zum Opfer.[1][3]

Im Jahr 1911 kaufte vermutlich Baron von Carg Schloss Kassegg. Sieben Jahre später, 1918, erwarb der letzte Außenminister der kaiserlich und königlichen Monarchie, Graf Czernin, Schloss Kassegg und zog sich nach der Sixtus-Affäre dorthin zurück. 1938 wurde Schloss Kassegg von den Nationalsozialisten beschlagnahmt und dem Stabsamt des „Reichsforst- und Jägermeister Hermann Göring“ einverleibt.[6] Für dieses hatte es in den folgenden Jahren bis 1945 mehrere Funktionen, unter anderem zwei Jahre als Kinderheim für Kinder aus Graz. Teilweise stand das Schloss in dieser Zeit leer und wurde ausgeplündert.[6] 1946 erhielten die Erben des Grafen Czernin das leere und beschädigte Schloss zurück, verkauften es jedoch sofort an einen Wiener Grundstücksmakler.[7] Um 1948 kaufte der Bauer Wörnschimmel Schloss Kassegg zusammen mit der Bruckwirt Alm[7], einer Alm am Fuße der Tieflimauer. Fünf Jahre später, 1953, erwarb Gustav Franz de Paula Hoffmann die Anlage mit rund 4,5 Hektar Grund (inklusive verwildertem Schlosspark) um 70.000 Schilling.[2]

Von 1954 bis 1964 war Schloss Kassegg Internat und Sonderschule im Auftrag des Landes Oberösterreich, ehe es von 1964 bis 1988 als Kinder- und Jugendferienheim mit 196 Betten touristischer Leitbetrieb der Region wurde. Unter der Leitung des Ehepaares Gustav und Gerlinde Hoffmann konnte das Ferienheim in Spitzenzeiten bis zu 35.000 Gästeübernachtungen im Jahr verzeichnen.[3] Ein eigener Schilift ergänzte das Angebot für Kinder- und Jugendgruppen im Winter, zu denen über 15 Jahre hindurch auch die Europäischen Schulen aus Brüssel gehörten.

1976 erfolgte eine Sanierung und Neugestaltung der Fassade von Schloss Kassegg. 1979 erhielt der Westflügel statt des langen hölzernen Balkons im 1. Stock einen Anbau, der als Speisesaal diente. Im Jahr 1983 übernahm Wolfgang Hoffmann die Leitung des Kinder- und Jugendferienheims Schloss Kassegg von seinen Eltern, unter dem 1988/89 eine Generalsanierung und ein Umbau als moderner Hotelbetrieb erfolgte.[3] Daraufhin wurde von 1989 bis 1991 unter dem Motto „Abenteuer- und Märchenclub Schloss Kassegg“ der Jugendtourismus im Stil eines Clubhotels gepflegt. 1991 kaufte Armin Leebmann aus Rotthalmünster Schloss Kassegg, um daraus ein Kurzentrum zu errichten.[3] Ab dem 31. August 1991 stand Schloss Kassegg daraufhin leer.

2004/2005 wurde Schloss Kassegg noch einmal komplett renoviert, wobei das optische Erscheinungsbild, etwa durch die Entfernung der typischen Kamine, völlig verändert wurde. Die Renovierungsarbeiten wurden aber nicht fertiggestellt, trotz bereits investierter 4,6 Millionen Euro.[3] 2006 berichtete die regionale Wochenzeitung Der Ennstaler, die Zukunft von Schloss Kassegg, für die seinerzeit die Einrichtung einer Suchtentwöhnungskuranstalt im Gespräch gewesen sei, bleibe ungewiss. Das Projekt sei an der fehlenden Bereitstellung von systematisierten Betten für eine Sonderkrankenanstalt gescheitert.[8] 2008 stand Schloss Kassegg um 4,5 Millionen Euro erneut zum Verkauf.[9]

Am 12. März 2011 berichtete die „Kleine Zeitung“, Schloss Kassegg solle „zur Bettenburg“ werden, indem ab Sommer 2011 daraus ein Dreisternhotel für Jugendliche und Familien werde.[10] Am 2. Juli 2011 wurde das Schloss daraufhin als „Natur Hotel Schloss Kassegg“ feierlich neu eröffnet.[11]

Geschichten

  • Vom großen Umbau zwischen 1899 und 1902 berichteten Augenzeugen: „Der Bau stand oft Monate still, weil der Eigentümer mit einem Detail nicht einverstanden war. Dann musste der Architekt aus München anreisen, und es wurde lange verhandelt, bis die Arbeit wieder aufgenommen wurde.“[3]
  • Graf Czernin war in den 1920er-Jahren auf Großwildjagd in Afrika. Von einer dieser Reisen soll er einen großen Gorilla mitgebracht haben, der einige Jahre im Schloss lebte. Die Bevölkerung wusste sich merkwürdige Geschichte vom „Gorilla im Schloss“ zu erzählen. Sein Ende fand der Gorilla, weil er ein Fläschchen Sidol (Silberputzmittel) in der Pferdegeschirrkammer fand und austrank.
  • Die Hörner der Hammerschmiedteufel haben einen langen Weg hinter sich. Von seinen Großwildjagden brachte Graf Czernin auch etliche Büffel- und Antilopentrophäen mit. Kurz nachdem Gustav Hoffmann das Schloss gekauft hatte, entdeckte er bei einem Altwarenhändler in Waidhofen/Ybbs große Trophäen mit der Inschrift „O.C. 1926 Sudan“. Es bestand kein Zweifel: Das „O.C.“ stand für Graf Czernin und die Trophäen kamen so wieder zurück nach Schloss Kassegg. Nach dem Besitzerwechsel in den 1990er-Jahren wurden die Hörner dieser Trophäen den Kostümen der „Hammerschmiedteufel“ zur Verfügung gestellt, die jedes Jahr um St. Nikolaus in St. Gallen ihr Unwesen treiben.

Quellen

  1. 1 2 3 4 Die ältesten Fotos und Ansichtskarten enthalten zwar kein Datum, können aber aufgrund baulicher Veränderungen (z. B. fehlender dritte Walmgaube am Westflügel) zeitlich eingeordnet werden.
  2. 1 2 Johann Sebastian Hoffmann war als 13-Jähriger dabei, als sein Vater 1953 das Schloss kaufte.
  3. 1 2 3 4 5 6 7 Recherchen und Erinnerungen von Wolfgang Hoffmann, aufgewachsen auf Schloss Kassegg und Miteigentümer von 1988 bis 1991
  4. Schloss Kassegg wurde zur Gänze aus Ziegeln erbaut. Dadurch sind die alten Steinmauern des vormaligen Bauernhofes „Kahsegger“ gut zu erkennen
  5. Holzschlägerungen für den Bau von Schloss Kassegg, recherchiert und dokumentiert von Förster Hubert Walter aus Admont in seinen selbst verlegten Büchern „Die Buchau, Chronik einer Waldlandschaft“ und „Das Gesäuse im Spiegel der Vergangenheit“.
  6. 1 2 Einrichtungsgegenstände aus Schloss Kassegg befinden sich in Gebäuden der österreichischen Bundesforste, unter anderem in Großreifling
  7. 1 2 Von Johann Sebastian Hoffmann: „Vor dem Zweiten Weltkrieg fuhr ein gewisser Schmidbauer aus Wien mit seinem Buben regelmäßig nach Lainbach zum Klausbauer auf Sommerfrische. Die Familie Klausbauer war als Wald- und Sägewerksbesitzer recht wohlhabend. Die beiden Familien waren mit der Zeit befreundet. Nach dem Krieg war der Junge erwachsen und erfuhr davon, dass Graf Czernin seine refundierten Besitzungen in der Obersteiermark verkaufen will. Also fuhr der junge Schmidbauer zu seinem Jugendfreund Klausbauer und bot ihm folgenden Deal an: Wenn ihm der Klausbauer das Geld für den Kauf gäbe, bekäme er den Waldbesitz oberhalb von Kassegg. Der stieg sofort darauf ein. So ging der Handel vonstatten und Herr Schmidbauer verkaufte anschließend die verschiedenen Liegenschaften rund um Schloss Kassegg, und schließlich das Schloss selbst.“
  8. „Nightline“ soll bestehen bleiben.@1@2Vorlage:Toter Link/www.derennstaler.at (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. In: Der Ennstaler.
  9. Inserate in diversen Zeitungen, u. a. des Öfteren in der österreichischen Tageszeitung Standard
  10. Schloss Kassegg wird zur Bettenburg. In: Kleine Zeitung.
  11. Natur Hotel Schloss Kassegg.