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vom 06.06.2020, aktuelle Version,

Vormundschaft

Vormundschaft (von althochdeutsch munt ‚Schirm, Schutz, Gewalt‘) bezeichnet die gesetzlich geregelte rechtliche Fürsorge für eine unmündige Person (Mündel , veraltet Vogtkind ), der die eigene Geschäftsfähigkeit fehlt, sowie für das Vermögen dieser Person.

Dieser Artikel behandelt insbesondere die Rechtslage in Deutschland, in Österreich und der Schweiz.

Begriffsgeschichte: munt, Mündigkeit, väterliche Gewalt

Der althochdeutsche Begriff munt geht auf die Wehrverfassung des Frühmittelalters zurück und bedeutet „Schirm, Schutz, Gewalt“. Wo allgemeine Waffenfähigkeit von freien Männern bestand, erlangten diese das Recht zur Waffenführung mit dem Zeitpunkt der Mündigkeit. Denn nur wer sich selbst mit der Waffe schützen konnte, war mündig. Die Waffenfähigkeit schuf so eine „männerrechtliche Ordnung der Gesellschaft“ und als sekundäre Folge einen „kriegerischen Patriarchalismus“. Während zahlreiche landwirtschaftliche Arbeiten von beiden Geschlechtern durchgeführt wurden, unterlag das Kriegshandwerk einer besonders radikalen Geschlechterpolarisierung. Symbolisiert wurde dies durch die Gegenüberstellung von Schwert und Spindel.

Mit der Entwicklung der Militärtechnik und Kriegsführung spezialisierte sich seit dem karolingischen Imperium der Kriegsdienst auf eine schmale Elite. Durch die grundherrschaftliche Absicherung waren die Untertanen vom Militärdienst entlastet bzw. ausgeschlossen und Waffenführung war für den Großteil der Bevölkerung nicht mehr relevant. Bei Bauern und im Handwerk entwickelte sich ein unkriegerischer Patriarchalismus und – im Gegensatz zum Adel – kam es zu mehr Gemeinsamkeit in der Arbeits- und Lebenswelt von Männern und Frauen. Durch die ökonomischen Interessen des Grundherrn und die Einflüsse des Christentums entwickelte sich die „gattenzentrierte Haushaltsfamilie“ mit der Doppelspitze von Hausvater und Hausmutter.

Doch über die Gerichtsverfassung wirkte die Wehrverfassung in vermittelter Form weiter und begründete die hervorgehobene Stellung des Hausvaters, d. h. der väterlichen Muntgewalt bzw. väterlichen Gewalt. Sämtliche Angehörige des Hauses, d. h. Frauen, Kinder und Gesinde, unterstanden der väterlichen Gewalt.[1]

Die Position des Hausvaters stand deshalb einerseits für „legitime Gewalt und gute Macht“.[2] Andererseits war sie aber „an die (physische und psychische) Leistungskraft, Führungsstärke und Wehrhaftigkeit des Mannes gebunden“ und ging mit dem Schwinden dieser Schutz- und Leistungsfähigkeit an einen jüngeren Nachfolger über.[3] Dieses Konzept konkurrenz- und leistungsbasierter männlicher Schutzherrschaft war die west-christliche Variante „patriarchaler Herrschaft“.[4][5]

Mit dem Wandel der gesellschaftlichen Ordnung des Mittelalters kam es zunächst zur Emanzipation und eigenen rechtlichen Mündigkeit des Gesindes. In Bezug auf Kinder ging der herrschaftliche Charakter der väterlichen Gewalt im Laufe des 20. Jahrhunderts zurück und wurde unter Vorrang des Kindeswohls zur elterlichen Sorge unter dem staatlichen Wächteramt.[6] In Bezug auf Frauen wurde im Laufe des 20. Jahrhunderts die Unmündigkeit ebenfalls abgebaut, so dass Frauen zunehmend Bürgerrechte zugestanden wurden – bezeichnet als Frauenrechte.

Begrifflichkeiten

Ein Vormund (veraltet Gerhab) ist eine Person, die mit der Vormundschaft betraut ist. Sie fungiert damit als gesetzlicher Vertreter des Mündels. Bei Letzterem handelt es sich in Deutschland seit der Betreuungsrechtsreform von 1992 stets um eine minderjährige Person. Volljährige können in Deutschland seit 1992 nicht mehr entmündigt und unter Vormundschaft gestellt werden. Stattdessen kann das Gericht eine rechtliche Betreuung anordnen (§ 1896 BGB). Auch in Österreich heißt das vergleichbare Schutzinstitut für Erwachsene schon seit 1984 Sachwalterschaft. Die Vormundschaft ist von der Pflegschaft (§§ 1909 – 1921 BGB) zu unterscheiden, die nur den Schutz eines begrenzten Kreises von Angelegenheiten zum Gegenstand hat. So ist die elterliche Sorge voll umfassend, beinhaltet also die Vermögenssorge und die Personensorge (§ 1631 BGB). Eine Pflegschaft (§ 1909 BGB) bezieht sich dagegen nur auf einzelne Bereiche, zum Beispiel die Gesundheitssorge oder das Aufenthaltsbestimmungsrecht.

In der Schweiz ist seit Anfang 2013 mit dem neuen Erwachsenenschutzrecht im Zivilgesetzbuch das Rechtsinstitut der Entmündigung aufgegeben und durch verschiedene Stufen von angemessener Beistandschaft ersetzt. In den Rechtssystemen vieler anderer Länder existiert hingegen weiterhin eine Vormundschaft für Volljährige, die eine Entmündigung voraussetzt, darunter auch Länder mit deutschsprachiger Rechtspraxis wie Italien, Luxemburg und Belgien.

Das grammatische Geschlecht des Wortes Vormund ist maskulin, so dass in der Regel auch Frauen als der Vormund bezeichnet werden; die feminine Form Vormünderin, seltener auch Vormundin, war aber früher gebräuchlich.[7] In der Schweiz, wo man sich besonders eifrig um geschlechtergerechte Sprache bemüht, werden für weibliche Vormunde die Formen Vormundin oder Vormündin empfohlen.[8] Von einer veralteten Form Vormunder bzw. Vormünder abgeleitet[7] sind der Plural Vormünder[9] und die heute noch in der Verwaltungssprache nachweisbare weibliche Form Vormünderin.[10][11]

Im Mittelalter bezeichnete „die Vormünder“ die Mitglieder des Kirchenvorstandes als weltliche Hilfe der Pfarrer.

Rechtslage in Deutschland

Die Bestimmungen zur Vormundschaft stehen in §§ 1773–1895 BGB. Die Beistandschaft ist in Deutschland davon zu unterscheiden und in den §§ 1712–1717 BGB geregelt.

Verfahrensweise

Einer minderjährigen Person ist ein Vormund zu bestellen, wenn sie nicht unter elterlicher Sorge steht (weil beispielsweise die Eltern verstorben sind), den Eltern das Sorgerecht über ihr Kind vollständig entzogen wurde oder der Familienstand unbekannt ist. Auch einem Findelkind ist grundsätzlich ein Vormund zu bestellen (§ 1773 BGB). Die Bestellung erfolgt durch das zuständige Familiengericht von Amts wegen, ein ausdrücklicher Antrag ist also nicht erforderlich. Eine Vormundschaft kann dabei bereits vor Geburt des Kindes angeordnet werden, wenn bereits feststeht, dass die Vormundschaft bei Geburt des Kindes erforderlich wird. (§ 1774 BGB)

Steht das Kind bei Geburt nicht unter elterlicher Sorge, weil beispielsweise die Mutter unverheiratet und minderjährig ist, wird das Jugendamt kraft Gesetzes Amtsvormund, ohne dass es einer Bestellung durch das Amtsgericht bedarf. (§ 1791c BGB) Auch während eines laufenden Adoptionsverfahrens wird das Jugendamt kraft Gesetzes zum Amtsvormund. (§ 1751 BGB)

Auswahl des Vormundes

Bestimmung eines Vormunds durch die Eltern

Die Eltern können durch letztwillige Verfügung bestimmen, zu wem im Falle eines frühen Todes die Kinder kommen sollen (§ 1776 BGB). Sie benennen einen Vormund, der die Aufgaben der elterlichen Sorge übernehmen wird. Es gilt die Anordnung des zuletzt verstorbenen Elternteils. Das Familiengericht ist an die Entscheidung grundsätzlich gebunden, soweit sie dem Wohl des Kindes/der Kinder dient, es sei denn, dass der Vormund verhindert ist oder sich die Übernahme der Vormundschaft verzögert. Umgekehrt können die Eltern auch die Ernennung einer bestimmten Person zum Vormund für ihre Kinder ausschließen, auch daran hat sich das Familiengericht in gleicher Weise zu halten. (§ 1782 BGB)

Ein Mündel, welcher das 14. Lebensjahr vollendet hat, und nicht vollständig geschäftsunfähig ist (in der Regel sind Kinder ab Vollendung des 7. Lebensjahrs beschränkt geschäftsfähig), kann der Bestellung einer bestimmten Person als Vormund widersprechen. Als Vormund generell nicht in Betracht kommen minderjährige Personen und solche, die selbst geschäftsunfähig sind oder unter Betreuung stehen. (§ 1780, § 1781 BGB) Wunschkandidaten der Eltern sind oft die Paten.

Pflicht zur Übernahme einer Vormundschaft

Jeder Deutsche ist zur Übernahme der Vormundschaft verpflichtet, wenn er vom Familiengericht dazu berufen wird und keine Gründe dagegen sprechen (§ 1785 BGB). Gründe zur Ablehnung einer Vormundschaft sind:

  • die Ausübung der Vormundschaft würde die Sorge des berufenen Vormundes für dessen eigene Familie entscheidend erschweren,
  • er (der berufene Vormund) hat das 60. Lebensjahr vollendet,
  • er hat für mehr als drei minderjährige Personen zu sorgen,
  • er ist durch Krankheit zur Ausübung der Vormundschaft nicht fähig,
  • er wohnt zu weit vom Mündel entfernt,
  • er führt bereits mehr als eine Vormundschaft, Pflegschaft oder Betreuung (alle § 1786 BGB),
  • er besitzt als Beamter bzw. Religionsdiener nicht die Zustimmung des Dienstherrn zur Übernahme der Vormundschaft (§ 1784 BGB); gilt nach § 97 Abs. 4 Bundesbeamtengesetz nicht für ehrenamtliche Vormundschaften, die durch Bundesbeamte geführt werden.

Lehnt eine Person die Übernahme der Vormundschaft ohne Grund ab, kann das Familiengericht ein Zwangsgeld gegen diese Person verhängen. (§ 1788 BGB) Zudem hat die Person Schadensersatz an das Mündel für die Schäden zu entrichten, die durch die dadurch eintretende Verzögerung der Vormundschaft entstanden sind. (§ 1787 BGB)

Auswahl durch das Familiengericht

Haben die Eltern keinen Vormund benannt, wählt das Familiengericht den Vormund nach Anhörung des Jugendamtes aus. Auch Verwandte oder Verschwägerte des Mündels sind anzuhören, sofern das nicht mit unverhältnismäßig hohem Zeit- und Kostenaufwand verbunden ist. Das Familiengericht hat hierbei unter anderem die verwandtschaftlichen Beziehungen und die persönlichen Bindungen des Mündels zu berücksichtigen (§ 1779 BGB).

Ist keine geeignete Person in der Familie des Mündels vorhanden und gibt es auch keine anderen in Frage kommenden ehrenamtlichen Vormünder (z. B. Pflegeeltern), kann das Familiengericht einen durch das Landesjugendamt anerkannten Verein mit dessen Einwilligung zum Vereinsvormund bestellen (§ 1791a BGB) oder auch das Jugendamt zum Amtsvormund bestellen. (§ 1791b BGB) Verein oder Jugendamt haben in diesem Fall eine geeignete Person mit der Durchführung der Vormundschaft zu beauftragen. Bei Jugendamtsmitarbeitern ist die Fallzahl pro Mitarbeiter auf 50 beschränkt (§ 55 SGB VIII).

Die beruflich geführte Vormundschaft, sogenannter Berufsvormund, spielt im Gegensatz zum Berufsbetreuer eine weitaus geringere Rolle. Am ehesten kommt sie bei unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen in Betracht, solange diese noch in einer Asylbewerberunterkunft untergebracht sind.

Mitvormundschaft

Ein Ehepaar kann gemeinsam zum Vormund für ein Kind bestellt werden, was z. B. bei Pflegeeltern häufig vorkommt. Ansonsten sind jedoch nur in Ausnahmefällen mehrere Vormünder zu bestellen, insbesondere sollen Geschwister nur einen gemeinsamen Vormund erhalten. (§ 1775 BGB) Nach einem Urteil des Amtsgerichts München vom 5. August 2016 ist die Regelung für Ehepaare auch auf verpartnerte homosexuelle Paare zu erweitern, auch wenn das Gesetz diese nicht ausdrücklich nennt, weil hier eine planwidrige Regelungslücke besteht.[12]

Das Familiengericht kann im Falle der Bestellung mehrerer Vormünder die Aufgabenkreise auf die einzelnen Vormünder verteilen. Ansonsten handeln sie grundsätzlich gemeinschaftlich, im Streitfall entscheidet das Familiengericht. (§ 1797 BGB)

Rechte und Pflichten eines Vormunds

Der Vormund hat das Recht und die Pflicht, für die Person und das Vermögen des Mündels zu sorgen, insbesondere das Mündel zu vertreten. Ist der Vormund nicht durch die Eltern letztwillig bestimmt worden, hat das Familiengericht nach Anhörung des Jugendamtes den Vormund auszuwählen.

Der Vormund unterliegt der Aufsicht und Kontrolle des Familiengerichtes (zuständig dort ist der Rechtspfleger) und benötigt für zahlreiche Rechtshandlungen die Genehmigung des Familiengerichtes, vgl. §§ 1809 ff, 1821 – 1824 BGB. Er hat dem Gericht gegenüber regelmäßig zu berichten und die Vermögensverwaltung nachzuweisen (§§ 1802, 1839 ff. BGB). Er ist gesetzlicher Vertreter des Mündels. Eine persönliche Betreuung soll durch eine grundsätzlich monatliche Besuchsfrequenz sichergestellt werden (§ 1793 BGB).

Soweit der Vormund Mündelgeld verwaltet, hat er es grundsätzlich mündelsicher§ 1807 ff. BGB) anzulegen. Bei größerer Vermögensverwaltung kann dem Vormund (nicht dem Amtsvormund) ein Gegenvormund zur Seite gestellt werden. Ein von den Eltern benannter Vormund kann von verschiedenen Genehmigungs- und Rechenschaftspflichten befreit werden (§ 1857 BGB). Diese Befreiungen stehen auch Vereins- und Amtsvormündern zu (§ 1857a BGB).

Im Bereich der Personensorge unterliegt der Vormund den gleichen Beschränkungen wie die Eltern (z. B. §§ 1626 Abs. 2, 1631 bis 1631c, 1795 BGB). Er ist auch in Bezug auf Transplantationen einwilligungsfähig (§§ 1a, 4 Transplantationsgesetz) und ist beim Tod des Mündels bestattungspflichtig nach den Bestattungsgesetzen. Er unterliegt besonderen Beschränkungen nach dem Gesetz über die religiöse Kindererziehung. In Heilbehandlungen darf der Vormund nur einwilligen, soweit der Minderjährige noch nicht einwilligungsfähig ist.

Nach dem Ende der Vormundschaft hat der bisherige Vormund dem bisherigen Mündel Rechenschaft über seine Tätigkeit zu erteilen und verwaltetes Vermögen herauszugeben (§ 1890 BGB). Für Verpflichtungen, die der Vormund im Namen des Mündels einem Dritten gegenüber eingegangen ist, haftet der Mündel nur im Rahmen des § 1629a BGB. Hat der Vormund dem Mündel schuldhaft einen Schaden verursacht, hat er für den Schaden aufzukommen (§ 1833 BGB), wobei die Verjährung während der Dauer der Vormundschaft gehemmt ist (§ 207 BGB). Hierfür tritt ggf. eine bestehende Haftpflichtversicherung ein.

Kosten der Vormundschaft

Die Vormundschaft wird grundsätzlich unentgeltlich geführt, es sei denn es handelt sich um einen Berufsvormund. Dann hat das Familiengericht diese Tatsache in der Bestellung festzustellen. (§ 1836 BGB)

Der Berufsvormund erhält nach dem Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz eine Vergütung für nachgewiesenen Zeitaufwand, die von der beruflichen Bildung des Berufsvormunds abhängt und zwischen 19,50 € und 33,50 € pro Stunde liegt. Zum 27. Juli 2019 erhöhen sich die Stundensätze um 17 % auf 23 bis 39,50 €. In Ausnahmefällen kann diese Vergütung erhöht werden, sofern der Vormund nicht mittellos ist. Aus demselben Grund kann einem ehrenamtlichen Vormund (nicht aber dem Jugendamt oder dem Verein) ausnahmsweise eine Vergütung aus dem Vermögen des Mündels bewilligt werden, wenn die Vormundschaft besondere Schwierigkeiten aufweist.

Einem Vormund steht zusätzlich Aufwendungsersatz für die im Rahmen der Vormundschaft getätigten Aufwendungen zu. Der Vormund kann entweder jeden Posten einzeln nachweisen oder (außer beim Verein und beim Jugendamt) eine Aufwendungspauschale in Höhe von 399 € beanspruchen. (§ 1835a BGB) Zu den Aufwendungen gelten auch Dienstleistungen im Rahmen des Gewerbes oder Berufs des Vormunds, so kann etwa ein als Vormund bestellter Rechtsanwalt für seine anwaltlichen Dienstleistungen gegenüber dem Vormund die übliche Rechtsanwaltsvergütung beanspruchen (§ 1835 Abs. 3 BGB).

Ist der Mündel mittellos, kann der Vormund die Vergütung und den Aufwendungsersatz aus der Staatskasse beanspruchen. Dies gilt nicht für das Jugendamt und den Verein, die in diesem Fall leer ausgehen (§ 1835 Abs. 4 und 5 BGB). Ob ein Mündel mittellos ist, richtet sich nach den Grundsätzen der Sozialhilfe, wie sie für die Hilfen in besonderen Lebenslagen gelten (§ 1836c BGB, d. h. unter anderem, dass ein Vermögensfreibetrag von 5.000 € besteht). Kann der Mündel die Kosten nicht oder nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen, gilt er rechtlich als mittellos. Auch Unterhaltsansprüche gehören zum einzusetzenden Einkommen, müssen diese aber gerichtlich geltend gemacht werden, weil sich die Unterhaltspflichtigen weigern, Unterhalt zu leisten, gilt der Mündel einstweilen dennoch als mittellos (§ 1836d BGB). Im Gegensatz etwa zur Sozialhilfe gibt es bei der Vormundschaft keine Beschränkung der Unterhaltspflicht auf Verwandte ersten Grades, sodass Unterhaltsansprüche gegebenenfalls auch gegen die Großeltern und Urgroßeltern, bzw. gegen die Enkel und Urenkel geltend gemacht werden können.

Soweit die Staatskasse Ansprüche des Vormunds befriedigt hat, weil der Mündel mittellos ist, geht der Anspruch auf die Staatskasse über, die diese Leistungen bis zum Ablauf der gesetzlichen Verjährungsfrist von drei Jahren geltend machen kann, sofern der Mündel später leistungsfähig wird. Stirbt der Mündel, findet ein Kostenersatz durch Erben analog den Regelungen der Sozialhilfe statt, sodass die Erben den Nachlass oberhalb eines bestimmten Freibetrags an die Staatskasse entrichten müssen (§ 1836e BGB).

Negativattest

Unter Vormundschaft stehenden Personen fehlt die eigene Geschäftsfähigkeit. Ein Vormund fungiert als gesetzlicher Vertreter des Mündels und benötigt für zahlreiche Rechtshandlungen die Genehmigung des Familiengerichts. Wenn das Familiengericht ein ihm zur Genehmigung vorgelegtes Rechtsgeschäft für nicht genehmigungsbedürftig hält, wird es dem Vormund einen entsprechenden Bescheid nach § 1828 BGB, ein so genanntes Negativattest, erteilen.[13] Diese Verfügung des Gerichts kann nicht dahin ausgelegt werden, dass es das Geschäft vorsorglich habe genehmigen wollen; sie steht einer Genehmigung nicht gleich, da es für diese Entscheidung keiner Prüfung der Interessen des Mündels bedarf.[14] Das Negativattest hat keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts und bindet weder das Prozessgericht noch das Grundbuchamt.

Beendigung der Vormundschaft

Die Vormundschaft endet, wenn

  • das Mündel volljährig wird, also das 18. Lebensjahr vollendet (§ 2 BGB)
  • die unverheiratete minderjährige Mutter des Mündels volljährig wird,
  • das Mündel rechtskräftig adoptiert worden ist oder
  • die Gründe für die Einrichtung der Vormundschaft weggefallen sind und das Gericht den Beschluss aufhebt, mit dem die Vormundschaft eingerichtet wurde (zum Beispiel elterliche Sorge ruht nicht mehr beziehungsweise wird dem Elternteil erneut übertragen).
  • bei Ausfindigmachen der Eltern eines Findelkindes
  • das Mündel stirbt (§§ 1698a, 1893 BGB)

Beistandschaft für Minderjährige

Eine Beistandschaft für Minderjährige ist eine freiwillige gesetzliche Vertretung zum Feststellen der Vaterschaft oder zum Durchsetzen von Unterhaltsansprüchen.

Rechtslage in Österreich: Obsorgeberechtigter

Obsorge, Kuratel, Erwachsenenvertretung

Für Minderjährige wird der Begriff Obsorge verwendet, die üblicherweise die Eltern innehaben, aber auch an andere übertragen werden kann. Der Obsorgeberechtigte ist der Erziehungsberechtigte und der Vormund für Minderjährige.

Eltern können den nachfolgenden Vormund ihrer Kinder in Österreich nicht testamentarisch bestimmen. Bei einer Obsorge beider Eltern geht die Vormundschaft auf den überlebenden Elternteil wieder, im anderen Falle bestimmt das Vormundschaftsgericht den Obsorgeberechtigten. Dieser ist grundsätzlich im Sinne des Kindeswohls zu bestimmen und ist auf den Personenkreis der Großeltern, des bis dahin nicht obsorgeberechtigten Elternteils oder bereits vorhandene Pflegeeltern beschränkt (§ 178 Obsorge bei Verhinderung eines Elternteils und § 185 ABGB).

Für Erwachsene, welche aufgrund einer psychischen Erkrankung oder einer vergleichbaren Beeinträchtigung in ihrer Entscheidungsfähigkeit eingeschränkt sind, gibt es gemäß dem Erwachsenenschutzgesetz vier Säulen der Vertretung von unterstützungsbedürftigen volljährigen Personen: Die Vorsorgevollmacht, die gewählte Erwachsenenvertretung, die gesetzliche Erwachsenenvertretung und die gerichtliche Erwachsenenvertretung.

Kinderbeistand

Das Kinderbeistands-Gesetz erlaubt Gerichten einen Beistand für ein Kind zu bestellen.

Rechtslage in der Schweiz

Das aus dem Jahr 1912 stammende Vormundschaftsrecht wurde für Volljährige zum 1. Januar 2013 durch das Erwachsenenschutzrecht abgelöst, geregelt in Art. 360 ff. ZGB. Die Vormundschaft über Minderjährige ist seitdem in Art. 327a–c ZGB geregelt. Als neue Behörde wurde die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) geschaffen.[15] Es gibt mehrere Arten. Die Begleitbeistandschaft ist freiwillig, und beratend, mit Zustimmung einer hilfsbedürftigen Person, und schränkt die Person nicht ein. Eine Vertretungsbeistandschaft schränkt die hilfsbedürftige Person auch nicht ein, jedoch kann der Beistand auch Geschäfte im Namen der Person ohne ihre Zustimmung abschliessen. Bei einer Mitwirkungsbeistandschaft wird die Handlungsfähigkeit einer Person in bestimmten Bereichen eingeschränkt. Eine umfassende Beistandschaft wird für dauernd urteilsunfähige und somit nicht handlungsfähige Personen errichtet.

Vormundschaft in der Literatur

Die Beziehungen zwischen Mündel und Vormund sind oft in der Literatur dargestellt worden. Ein besonders viel gelesenes Beispiel ist E. Marlitts Roman Im Hause des Kommerzienrates (1876), in dem das Mündel, eine junge Erbin, von einem betrügerischen Vormund um ihr Vermögen gebracht wird.

Siehe auch

Literatur

  • Werner Bienwald: Vormundschafts-, Pflegschafts- und Betreuungsrecht in der sozialen Arbeit. 3., neubearbeitete Auflage. Decker Müller, Heidelberg 1992, ISBN 3-8226-0892-0.
  • Mirjam Heider: Die Geschichte der Vormundschaft seit der Aufklärung. Nomos, Baden-Baden 2011, ISBN 978-3-8329-6828-1.
  • Helga Oberloskamp (Hrsg.): Vormundschaft, Pflegschaft und Beistandschaft für Minderjährige. 3. Auflage. Beck, München 2010, ISBN 978-3-406-58184-7.
Wiktionary: Vormundschaft  – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wiktionary: Vormund  – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Michael Mitterauer: Mittelalter. In: Andreas Gestrich, Jens-Uwe Krause, Michael Mitterauer: Geschichte der Familie (= Kröners Taschenausgabe. Band 376). Kröner, Stuttgart 2003, ISBN 3-520-37601-6, S. 316ff.
  2. Reinhard Sieder: Der Familienmythos und die romantische Liebe in der condition postmoderne. In: Jürgen Hardt, Fritz Hardt, Matthias Ochs, Marion Schwarz, Thomas Merz (Hrsg.): Sehnsucht Familie in der Postmoderne: Eltern und Kinder in Therapie heute. Göttingen 2010, S. 46.
  3. Reinhard Sieder: Patchworks: Das Familienleben getrennter Eltern und ihrer Kinder. Stuttgart 2008, S. 78.
  4. Reinhard Sieder: Der Familienmythos und die romantische Liebe in der condition postmoderne. In: Jürgen Hardt, Fritz Hardt, Matthias Ochs, Marion Schwarz, Thomas Merz (Hrsg.): Sehnsucht Familie in der Postmoderne: Eltern und Kinder in Therapie heute. Göttingen 2010, S. 45–72.
  5. Reinhard Sieder: Patchworks: Das Familienleben getrennter Eltern und ihrer Kinder. Stuttgart 2008.
  6. Katharina Parr: Das Kindeswohl in 100 Jahren BGB. Würzburg 2005, S. 184 ff.
  7. 1 2 Vormunder, vormünder … bis Vormünderschaft. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm (Hrsg.): Deutsches Wörterbuch. Band 26: Vesche–Vulkanisch – (XII, 2. Abteilung). S. Hirzel, Leipzig 1951, Sp. 1327–1329 (woerterbuchnetz.de).
  8. Quelle: Schweizerische Konferenz der Gleichstellungsbeauftragten (Hrsg.): Von Amtsfrau bis Zimmerin – Wörterbuch für eine geschlechtergerechte Verwaltungssprache (online in Auszügen abrufbar bei der Fachstelle für Gleichstellung von Frauen und Männern der Universität St. Gallen)
  9. Deutsches Gesetz über die Vergütung von Vormündern und Betreuern
  10. Globalrichtlinie GR J 6/99@1@2Vorlage:Toter Link/www.hamburg.de (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) (PDF; 35 kB) der Freien und Hansestadt Hamburg (Abschnitte 4 und 5)
  11. Stellenausschreibung des Landes Berlin, Juni 2010] (Kennzahl 4040-V, gesehen am 15. Januar 2011)
  12. Rechte von Homosexuellen: Gericht spricht Pflegemüttern Vormundschaft zu. Spiegel online vom 5. August 2016
  13. BGB-RGRK (Hrsg.), Das Bürgerliche Gesetzbuch: Kommentar, Band IV, 1999, § 1828 Rn. 16
  14. BGHZ 44, 325
  15. Erwachsenenschutzrecht: Helfen statt bevormunden Beobachter, 9. März 2016