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Kreppel, Jonas#


* 25. 12. 1874, Drohobycz (damals Galizien, Österreich-Ungarn; heute Ukraine)

† 21. 7. 1940, Konzentrationslager Buchenwald


Publizist, Schriftsteller, Beamter


Jonas Kreppel wurde am 25. Dezember 1874 als Sohn eines jüdischen Kaufmanns in Drohobycz (damals Galizien, Österreich-Ungarn; heute West-Ukraine) geboren. Er wuchs mit seinen sechs Geschwistern mehrsprachig auf (deutsch, jiddisch, polnisch und hebräisch).

Nach der Schule machte er eine Lehre zum Schriftsetzer, die ihn auch mit dem Journalismus in Kontakt brachte. Ab 1896 war Jonas Kreppel Redakteur der von seinem Lehrherrn herausgegebenen deutschsprachigen Wochenzeitung "Drohobyczer Zeitung", die in hebräischer Schrift gedruckt wurde. (Diese wurde vor allem von den Juden, die keine lateinischen Buchstaben lesen konnten, aber die deutsche Sprache verstanden, gelesen.)

1898 heiratete er die Tochter eines Verlegers und übersiedelte 1899 nach Krakau, wo er im Verlag seines Schwiegervaters arbeitete (und 1909 die jiddische Zeitung "Der Tog" herausgab).
1903 gründete er eine eigene hebräische Druckerei in Lemberg; daneben gab er außerdem verschiedene jüdische Zeitschriften ("Jüdische Volksstimme", "Jerushalajim", "Ha Yom", "Jiddische illustrierte Zeitung") in deutscher, hebräischer und jiddischer Sprache heraus.

1914 übersiedelte er nach Wien, wo er 1915 Pressereferent im Außenministerium wurde; 1924 wechselte er in den staatlichen Pressedienst des österreichischen Bundeskanzleramtes, wo er als Nicht-Akademiker eine erstaunliche Karriere im höheren Beamtendienst (Ministerialsekretär, Regierungsrat) machte.


Neben seiner Tätigkeit als Beamter blieb Jonas Kreppel weiterhin als Publizist tätig: er gab u.a. von 1915 bis 1920 das Wochenblatt "Jüdische Korrespondenz" heraus, die der "Agudas Israel", der Weltorganisation orthodoxer Juden, nahestand. Er sah sich selbst als kaisertreuen Patrioten und verstand das Judentum in erster Linie als religiöse Gemeinschaft. (Zwar unterstützte er eine Zeit lang den politischen Zionismus, distanzierte sich später wieder davon.)

In den 1920er Jahren publizierte Jonas Kreppel vor allem ostjüdische Geschichten und Legenden in jiddischer und deutscher Sprache und eine Sammlung jüdischer Witze. Als sein Hauptwerk gilt das statistische Handbuch "Juden und Judentum von heute" (1925).

Jonas Kreppel, dessen Werke in deutscher, jiddischer, hebräischer und polnischer Sprache erschienen, erlangte mit seine enzyklopädischen Forschungen (Mitarbeit am Jüdischen Lexikon) und seinen Sammlungen ostjüdischer Legenden auch literarhistorische Bedeutung; als Autor der Detektivgeschichten "Max Spitzkopf" ging er in die jiddische Literaturgeschichte ein.


Nach dem Zusammenbruch der Monarchie engagierte er sich für das republikanische "Deutschösterreich" und verteidigte - ganz besonders nach 1933 - dessen Unabhängigkeit gegenüber allen Angliederungsversuchen an das Deutsche Reich. Er glaubte an die Vereinbarkeit von jüdischem Glauben und österreichischem Staatsbürgertum und arbeitete auch mit dem katholischen Kanzler Ignaz Seipel und den späteren Kanzlern Dollfuß und Schuschnigg im austrofaschistischen Ständestaat zusammen; er war sogar Mitglied der Einheitspartei "Vaterländische Front". 1935 warnte er in seiner Anti-Hitler-Schrift vor einem Nachgeben der Westmächte gegenüber den außenpolitischen Forderungen NS-Deutschlands und damit vor einem bevorstehenden großen Krieg.

Unmittelbar nach dem "Anschluss Österreichs" im Mai 1938 wurde Jonas Kreppel verhaftet und zunächst in das Konzentrationslager Dachau gebracht. Im September wurde er nach Buchenwald überführt, wo er nach zweijähriger Zwangsarbeit am 21. Juli 1940 starb.

Seine Asche wurde auf dem Wiener Zentralfriedhof / Israelitische Abteilung beigesetzt. (Seine Schwester Regina Blau wurde später auch Opfer des Holocaust; seine Söhne Salo und Leo überlebten in Rumänien und Israel.)

In der Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem wird seiner als Opfer der Shoah in der "Halle der Namen" gedacht.

Werke (Auswahl) #

  • Der Weltkrieg und die Judenfrage, 1914
  • Österreich-Ungarn nach dem Friedensschlüsse, 1915
  • Das Ende des Dardanellen-Abenteuers und Rumänien. Eine deutsche Beurteilung der Situation, 1916
  • Ins vierte Kriegsjahr, 1917
  • Der Kampf für und wider den Frieden. Noten, Manifeste ... etc. zur Friedensfrage seit dem Friedensangebote der Mittelmächte, 1917
  • Der Friede im Osten. Noten, Manifeste, Botschaften, Reden, Erklärungen, Verhandlungsprotokolle und Friedensverträge mit der Ukraine, Russland und Rumänien, 1918
  • Bruder un shṿesṭer, 1924
  • Juden und Judentum von heute. Ein Handbuch, 1925
  • Ostjüdische Legenden, 1926
  • Rabbi Jakob Aschkenasi, 1927
  • Handwörterbuch für Politik und Wirtschaft der Gegenwart, 1927
  • Wie der Jude lacht. Anthologie jüdischer Witze, Satiren, Anekdoten, Humoresken, Aphorismen, 1933
  • 1935 - das Schicksalsjahr Europas. Deutschland und Österreich im Brennpunkte der Weltpolitik, 1935
  • zahlreiche Erzählungen und Novellen in jiddischer Sprache
  • Mitarbeit "Jüdisches Lexikon. Ein enzyklopädisches Handbuch des jüdischen Wissens in vier Bänden" (Hg. G. Herlitz, B. Kirschner), 1927

Literatur#

  • K. Hödl, Als Bettler in die Leopoldstadt: Galizische Juden auf dem Weg nach Wien, 1994
  • H. O. Horch (Hg.), Conditio Judaica. Teil 3: Judentum, Antisemitismus und deutschsprachige Literatur vom Ersten Weltkrieg bis 1933/1938, 1993
  • M. G. Patka, Wege des Lachens. Jüdischer Witz und Humor aus Wien. Enzyklopädie des Wiener Wissens. Band XIII, 2010.
  • K. Kreppel (unter Mitwirkung von E. Adunka u. Th.Soxberger), Jonas Kreppel – glaubenstreu und vaterländisch. Biografische Skizze über einen österreichisch-jüdischen Schriftsteller, 2017

Quellen#

Redaktion: I. Schinnerl