Orsolics, Hans (Johannes)#
* 14. 5. 1947, Neuberg (Burgenland)
Boxer
Er wuchs in Wien-Ottakring, wo seine Mutter als Hausmeisterin arbeitete, und in Wien-Kaisermühlen auf. Nach dem Besuch der Hauptschule, die er nicht abschloss, absolvierte er eine Lehre als Rauchfangkehrer, die er als Geselle abschließen konnte. Bereits im Alter von zwölf Jahren begann Orsolics mit dem Boxsport und und wurde mit 16 österreichischer Jugendmeister. Vom Boxtrainer Karl Marchart betreut, startete er im Sommer 1965 seine Karriere als Berufsboxer.
In 53 Profikämpfen erzielte er 42 Siege (die ersten 7 waren K.o.-Siege!), drei Remis und acht Niederlagen. Zu großer Popularität verhalf ihn der erste Europameistertitel der European Boxing Union (EBU) im Halbweltergewicht am 6. Juni 1967 in der Wiener Stadthalle. Mit erst knapp 20 Jahren war er der bis dahin jüngste europäische Titelträger. Er konnte diesen Titel mehrfach verteidigen, ehe er ihn im Mai 1968 an den Italiener Bruno Arcari verlor.
Hans Orsolics brachte den Boxsport ins allgemeine Bewusstsein der Österreicher: 1968 boxte "Hansee", wie ihn die Wiener liebevoll nannten, vor ausverkaufter Stadthalle, vor 15.000 Zuschauern. Er war ein Boxidol seiner Zeit, konnte aber ohne entsprechendes Management seinen Erfolg nicht materiell umsetzen.
Am 25. September 1969 holte er den Europameistertitel in der nächsthöheren Gewichtsklasse, dem Weltergewicht. Auf Grund mehrerer Titelverteidigungen gelangte Hans Orsolics im Frühjahr 1970 in seiner Gewichtsklasse an die Spitze der Weltrangliste.
Ein umstrittener – und von vielen Kommentatoren als überflüssig eingestufter - Testkampf gegen den amerikanischen Ex-Weltmeister Eddie Perkins endete mit einer schweren K.o.-Niederlage, die zum Wendepunkt in Orsolics Karriere wurde. Von diesem K.o. noch nicht erholt, verlor er im November 1970 seinen Titel gegen den Engländer Ralph Charles.
Mehrere Versuche, den Europameistertitel im Halbmittelgewicht (oder "Superweltergewicht") zu gewinnen, schlugen 1973 und 1974 fehl. Im November 1974 beendete Hans Orsolics schließlich seine Profikarriere.
Nach Karriere-Ende - erst 28 Jahre alt – eröffnete er das Gasthaus "Zum Rauchfangkehrer". Es folgten turbulente Jahre: Fehlentscheidungen, mangelnde Erfahrung, zunehmende Alkoholabhängigkeit und falsche Freunde brachten ihn um sein Geld; oft von anderen provozierte Schlägereien führten zu 14 Haftstrafen. Der ehemalige Publikumsliebling musste zeitweilig von der Sozialhilfe leben und konnte sich erst wieder fangen, als er 1986 seine Frau Roswitha heiratete und erfolgreich einen Alkoholentzug machte.
Eine vom ORF-Sportreporter und Boxexperten Sigi Bergmann 1986 gestaltete Dokumentation über Hans Orsolics führte zu einer Welle der Hilfsbereitschaft. Unter anderem erhielt der ehemalige Boxprofi die Chance, als Sänger aufzutreten. Sein Lied "Mei potschertes Leb‘n" erzielte Kultstatus und führte einige Zeit die österreichische Hitparade an. Mit dem Reinerlös seiner Plattenaufnahmen und Liveauftritte konnte er den Großteil seiner Schulden bezahlen.
Sigi Bergmann konnte Orsolics außerdem eine Stellung als Lagerarbeiter in der ORF-Hausdruckerei verschaffen, die er bis zu einer Krebserkrankung 2009 ausübte.
Seit der überstandenen Krankheit widmet sich Hans Orsolics wieder dem Boxen und unterstützt junge Boxer in Österreich.
Hans Orsolics lebt in Wien-Meidling in einer kleinen Wohnung; er hat eine Tochter und ist in zweiter Ehe verheiratet.
Literatur#
- S.Bergmann, Orsolics Hansi K.o. Triumphe und Leiden eines Boxers, 2007
- A. Pfabl, Hans Orsolics: Der Profiboxer, 2010
Quellen#
- AEIOU
- Die Presse
- Profil
- Kurier