Walter Blasi: Der Steyr-Puch Haflinger#
Walter Blasi: Der Steyr-Puch Haflinger / des Österreichischen Bundesheeres, Edition Winkler-Hermaden, 2020 / Rezension von krusche martin
Der Haflinger ist das Produkt militärischer Ambitionen. Das gilt für das handliche Allradfahrzeug der historischen Steyr-Daimler-Puch AG. Das gilt auch für die namensgebende Pferderasse. Das robuste Gebirgspferd gilt als Pony. Es wurde gezüchtet, um den mangelhaften Tierbestand österreichischer Tragtierkompanien zu beheben. Das begann in den 1870er Jahren.
Die Grazer Allradplattform wurde in den 1950ern zur ersten eigenständigen Automobilkonstruktion Österreichs nach dem Zweiten Weltkrieg. Der Steyr-Puch 700 AP „Haflinger“ war die Konsequenz eines Entwicklungsprozesses, der die Schweizer Armee und das Österreichische Bundesheer bewog zu ordern. Durch diese Kunden wurde die Umsetzung des Projektes und die Produktion des Hafi lohnend.
Es ist also treffend, wenn Autor Walter Blasi den Fokus in der feinen Publikation von 2020 die Geschichte mit genau diesem Fokus realisiert hat: „Der Steyr-Puch Haflinger des Österreichischen Bundesheeres“.
Das Buch erschien in einem bewährten Kleinverlag, der Edition Winkler-Hermaden. Das Haus muß man all jenen empfehlen, die sich für Austriaca begeistern. Da findet sich eine Fülle an Teilthemen, die in preiswerten Bänden penibel bearbeitet wurden.
Blasi gibt in seinem Haflinger-Buch einen anschaulichen Überblick, womit man es da zu tun hat. Man kann nicht deutlich genug betone:, dieses Automobil, von Erich Ledwinka und seinem Team entwickelt, steht noch heute völlig für sich. Kein anderer Offroader dieser Dimension kann sich mit dem Hafi messen.
Der Jeep war damals eben noch das Maß der Dinge im Gelände und gab sogar die Basis für erste Landrover-Prototypen ab. Doch Blasi zeigt, wie der Kleine mit dem Zentralrohr, den Pendelachsen und dem Heckmotor in eine ganz andere Nische gestellt wurde.
Es ist in diesem Buch gut nachvollziehbar, wie sich der Hafi für sehr unterschiedliche (militärische) Zwecke eignen mußte, um einer Armee nutzbar zu sein, die im Kalten Krieg eine spezielle Aufgabe hatte.
Das neutrale Österreich hätte sich keiner Großarmee wirksam entgegenstellen können. Also wurde ein spezielles Konzept der Raumverteidigung entworfen, wie es schließlich Armeekommandant General Emil Spannocchi präzisiert hat. Darum ist der Hafi kein Langstreckenläufer, sondern eine Art Motor-Gemse, die mit ihren Lasten fast überall hinkommt.
Das zeigt Blasi mit einer großen Auswahl von überwiegend Schwarzweiß-Fotos, was dem Buch einen speziellen Reiz verleiht; ein Schwerpunkt historischer Aufnahmen. Der Autor ist übrigens promovierter Historiker, war viele Jahre im Bundesministerium für Landesverteidigung tätig. Er hat entsprechende Kontakte zu versierten Leuten und Zugriff auf Quellen, die dem Hafi-Fan allerhand Einblicke bieten, wie sie in anderen Publikationen nicht vorkommen.
Neben den vielen Einsatzbeispielen, vom Verletzten-Transport in der Wildnis bis zur Militärparade im urbanen Raum, liefert Blasi die wichtigsten Daten, ohne einen mit Informationen zu erdrücken. Er unterstreicht außerdem seine Zusammenarbeit mit dem Traditionsverband Heereskraftfahrwesen, was bedeutet, hier kommen Details ins Spiel, die ein Zivilist eher nicht kennt.
Entsprechend der Themenstellung des Buches bleiben die Kommunal-Haflinger ausgespart. Natürlich hatte man in den Grazer Puchwerken eine weitreichendere Vermarktung des Hafi angestrebt, aber im Kern trug er militärische Gene.
Manches der Fotos läßt erahnen: in diesem Offroader war man nicht bloß dienstbeflissen, man konnte auch Spaß daran haben, seine Möglichkeiten im schweren Gelände auszuloten. Das der 700 AP gelegentlich auch bewaffnet wurde, ist dargestellt. Doch das spielte keine tragende Rolle in der Verwendung des Hafi.
Wer den Haflinger auch bloß flüchtig kennt, hört bei Durchsicht des Buches geradezu das typische Singen des luftgekühlten Zweizylinder-Boxers. So können Sie ihn höchstwahrscheinlich dann auch beim nächsten Klassiker-Treffen erleben, die die Hafi sind längst quer durchs Land sehr präsent.
Die Haflinger werden inzwischen nicht mehr in Freizeitmomenten niedergeritten, sondern sind geschätzte und daher heute auch hochpreisige Liebhaberfahrzeuge. Sie können aber auch immer noch in jene heiklen Zonen gefahren werden, die Blasi mit etlichen Bildern zeigt. Sehr abwegig, und manchmal so steil, daß praktisch kein moderner Allrader mit einem von versierten Hafi-Piloten gesteuerten Puch-Hafi mithalten kann.
Freilich gönnen sich Schrauber von heute gerne eine Optimierung des Motors, um mehr Kraft zur Verfügung zu haben. Für den robusten und hochwertigen „Drosselmotor“ kein Problem. Blasi zeigt viele Details der Ausstattung des vorzüglich ausgewogenen Meisterwerkes aus Graz.