Carl Grundmann#
Der Schlosser Carl Grundmann wurde am 29. Juni 1818 in Danzig Danzig (damals Königreich Preußen) geboren und kam 1838 auf seiner für die Ablegung der Gesellenprüfung verpflichtenden Wanderschaft nach Wien. Er ergriff den Beruf des Lokomotivführers, der damals den Schlossern vorbehalten war.
Als im Jahre 1848 in Wien die Revolution tobte, musste nicht nur Staatskanzler Metternich flüchten, sondern infolge der heftigen Kämpfe - es wurde sogar im Stephansdom geschossen - auch Kaiser Ferdinand die Stadt verlassen.
Es war der Lokführer Carl Grundmann, der ihn und sein Gefolge am 7. Oktober 1848 auf der Nordbahn Nordbahn in einer gefährlichen, nächtlichen Bahnfahrt von Wien sicher nach Olmütz Olmütz brachte.
Abgesehen von der revolutionären Bedrohung waren Bahnfahrten damals vor allem bei Nacht oder schlechter Sicht sehr gefährlich: Es war dann bei der eingleisigen Strecke der Nordbahn nämlich kaum zu erkennen, ob ein Gegenzug unterwegs war. Da die Bremsmanöver infolge der geringen Bremskraft lange dauerten, kam es nicht selten zu schweren Zusammenstößen, die allerdings Grundmann in seiner 25-jährigen Dienstzeit immer vermeiden konnte.
Er war anschließend auch der Lokführer Kaiser Franz Josephs und brachte 1864 dessen Bruder Maximilian und seine Gemahlin auf seiner Reise nach Mexico, wo er lediglich durch eine Adels-Clique zum Kaiser gewählt worden war, sicher von Wien nach Olmütz.
Mit den dafür erhaltenen Belohnungen und seinen Ersparnissen gründete Grundmann 1862 - ohne seinen Beruf als Lokführer aufzugeben - in einer kleinen Wohnung mit Gartenhäuschen im Zweiten Wiener Bezirk
Wien, Zweiter Bezirk
seine eigene Firma. Er hatte dafür eigens ein kaiserliches Privileg erhalten, da er ohne Meisterprüfung damals nicht berechtigt gewesen wäre, Schließwaren zu produzieren.
Schlosserwaren sollten dort, so die bahnbrechende innovative Idee Grundmanns, nicht wie bisher manuell, sondern maschinell hergestellt werden. Er wollte nicht einfach einer der damals sechzig Wiener Schlosser sein, sondern industrieller Produzent.
Um dieses Prinzip umzusetzen, arbeitete Grundmann in seiner kargen Freizeit als Lokführer der Kaiser drei Jahre unermüdlich, bis er 1865 expandieren und seine Werkstätte nach Hernals verlegen konnte. Erst jetzt gab er seinen Beruf auf und produzierte für die Eisenbahn vor allem galvanische Batterien.
Schon 1873 nahm das Unternehmen, das bis dahin die beachtliche Menge von 1 Million Schlösser produziert hatte, an der Wiener Weltausstellung teil. Von den vier Söhnen Grundmanns arbeiteten Julius, Gustav und Heinrich im Unternehmen mit, während Wilhelm sich in Deutschland einer weiteren Ausbildung unterzog.
Grundmanns grundlegend neue Idee, die Produktion von Schlosserwaren aller Art für die maschinelle Herstellung zu adaptieren, bewährte sich hervorragend. Für seine vereinfachten Konstruktionen erhielt er nicht nur eine Reihe von Patenten, sondern auch einen Großauftrag der Armee für die Verschlüsse neu eingeführter Munitionskisten.
Dabei kam ihm natürlich zugute, dass er der ehemalige Lokführer dreier Kaiser war und somit über die notwendigen Kontakte verfügte, um sich gegen die Konkurrenz durchzusetzen. Infolge der raschen Expansion wurde der Raum am Standort Wien zu knapp. Grundmann mietete daher 1875 im niederösterreichischen Ossarn Ossarn bei Herzogenburg Herzogenburg ein neues Firmengelände und übersiedelte dorthin.
Das neue Unternehmen profitierte voll vom Boom der Gründerzeit, sodass an den Bau einer eigenen und wesentlich größeren Fabrik gedacht werden konnte.
Grundmann wählte ein an der Traisen Traisen in Herzogenburg gelegenes Gelände aus, wo 1880 das erste, große Fabriksgebäude fertiggestellt und am 1. November der Belegschaft übergeben werden konnte.
Allerdings erlebte der Firmengründer Carl Grundmann diesen Erfolg selbst nicht mehr. Er erlitt nämlich im August 1878 einen Typhusanfall, von dem er sich trotz einer Kur in Gutenstein nur kurz erholte. Er starb im Alter von 61 Jahren am 28. August 1878.
Wenn sich auch 1894 Wilhelm Grundmann von seinen Brüdern trennte und in Rohrbach an der Gölsen Rohrbach an der Gölsen eine eigene Firma gründete, so setzte sich der Aufschwung des Herzogenburger Betriebes rasch und kontinuierlich fort, bis er vor dem Ersten Weltkrieg zum größten Schließwaren-Produzenten der Donaumonarchie mit weit über deren Grenzen hinausgehenden Absatzmärkten geworden war.
Damit wurde der ehemalige Lokführer der Kaiser zum Gründer eines Unternehmens (Grundmann Schließtechnik) von internationaler Bedeutung , das es bis heute - als Teil der Schweizer Konzerne "KABA" und "George FISCHER" - auch geblieben ist.
2012 kann es sein 150. Bestandsjubiläum begehen, wobei es der Zufall gut fügt, dass auch der Schweizer KABA-Konzern sein 150. Bestandsjubiläum in allen seinen Niederlassungen weltweit begeht.
Quellen#
- Firmenarchiv Grundmann (Geschichte des Rohrbacher Betriebes ab 1894)
- Privatarchiv Grundmann
Literatur#
- Mathis, Franz: Big Business in Österreich. Österreichische Großunternehmen in Kurzdarstellungen. Oldenburg 1987
- Glaubauf, Karl: Das Augustiner-Chorherrenstift und die Grundmannwerke im Spiegel der Herzogenburger Stadtgeschichte
- Glaubauf, Karl: Kurze Geschichte der Stadt Herzogenburg
Zu Grundmann ist eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Biographie in Bearbeitung, die 2015 in einem großen Verlag erscheinen wird. Damit soll vor allem die empfindliche Forschungslücke betreffend den 7. Oktober 1848, an dem Grundmann den Hof und damit den Staat rettete, geschlossen werden.
-- Glaubauf Karl, Sonntag, 30. März 2014, 00:10