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Tonpfeifenmacher#

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Tonpfeifenmacher
Vier Tonpfeifen rauchende Holländerinnen in traditioneller Tracht und Holzschuhen. Um 1920/30. Photographie
© Brandstätter Verlag

Tonpfeifenmacher (auch Pfeifenbäcker) gehörten einem wichtigen Zweig der Keramikproduktion an und stellten feine Tabakspfeifen aus einem weißbrennenden Ton mit hoher Bildsamkeit her. Die ersten Tonpfeifenwerkstätten entstanden zu Beginn des 17. Jahrhunderts in den englischen Hafenstädten Boston und London. 1617 brachte ein Engländer namens William Baernelts das Pfeifenbäckergewerbe in das holländische Gouda, das sich recht schnell zum Zentrum der Tonpfeifenmacherei entwickelte.

Mitte des 17. Jahrhunderts wurde die erste Zunft gegründet, und wie Testamente und Grundbücher aus Gouda zeigen, gehörten die Pfeifenbäcker zu den wohlhabenden Bürgern der Stadt. Fast zwei Jahrhunderte lang blühte das Gewerbe in Gouda, und die Zunft wachte streng über das Geschäftsgebaren und die Qualität der Produkte. Anläßlich seiner Reise durch die Niederlande schrieb der Technologe und Göttinger Professor Johann Beckmann 1762 in sein Tagebuch: »Daß Gouda der Ort ist, wo die vielen Pfeifen-Fabriken sind, welche ganz Deutschland versorgen, ist bekannt. Ich ging in eine, worin 18 Männer und ungefähr 24 Weiber arbeiteten. Solcher Fabriken, die jeder Bürger anlegen kann, sind jetzt über 300, wie wohl ehemals über 500 gewesen. Man kann daraus sehen, wie viele Leute in diesen Fabriken ihr Brot finden. Der Ton dazu kommt aus dem Lüttichschen, sonderlich von Maastricht. Er wird erst gemahlen und gewaschen. Zuerst wird er mit den Händen länglich gerollt, darauf von andern in eine längliche messingene Form gedrückt. Alsdann ziehen andere einen messingenen Faden dadurch und der Kopf wird mit einem andern Instrument, in welchem auch der Faden passen muß, von der andern Seite geformt. Alsdann schneiden alte Weiber das überflüssige von den Köpfen weg und andere von ihnen polieren diese noch weichen Pfeifen mit einem Zahne, zeichnen sie am Kopf mit einer Marke und tragen auf die, welche glasiert werden sollen, die Composition dazu hinauf. Alsdann werden sie in erdene Tiegel getan und in den Ofen gesetzt. Es sind zuweilen einige Deutsche gewesen, die hier das Pfeifenmachen völlig gelernt, die aber hernach in ihrem Vaterlande wirklich auf eben dem Fuße Fabriken angelegt haben, dadurch die Goudaer gegen Fremde mißtrauischer geworden.« Zu Recht, wie sich herausstellen sollte. Mit den im Westerwald (in und um Grenzhausen) und in Köln entstandenen Pfeifenmanufakturen erwuchs den Goudaer Werkstätten bald die schärfste Konkurrenz.

Tonpfeifenmacher
»Bibe Tabacum / Et Vinum Jucundum. Trinck Taback und Wein / Jedes thut das sein«. Um 1720. Kupferstich von Albrecht Schmidt, Augsburg
© Brandstätter Verlag

Der Preis der Pfeifen hing sehr stark von den Lohnkosten ab, die in Holland wesentlich höher waren als im Rheinland. Daher konnten die Westerwälder Pfeifenbäcker billiger produzieren und die holländischen Pfeifen allmählich vom Markt verdrängen. Dazu kam noch, daß sie Goudaer Pfeifenformen nachahmten und sich auch nicht scheuten, ihre Schutzmarken und Wappen zu kopieren. Die deutsche Pfeifenfertigung fand in einer Art Fließproduktion statt, die mit dem Roller begann. Er schnitt passende Tonportionen zurecht und rollte eine dünne Tonwalze, ließ aber an einem Ende ein kolbenartiges Gebilde stehen, aus dem später der Pfeifenkopf entstand. Im nächsten Arbeitsgang nahm der Former eine zweiteilige Pfeifenform aus Messing, bestrich sie mit Leinöl, legte die Tonwalze hinein, durchstach sie in Längsrichtung mit dem »Weiserdraht« und preßte die Form zusammen. Den Pfeifenkopf höhlte er mit dem »Stopfer« aus. Anschließend entnahm er die fertige Pfeife der Form und reichte sie dem Tremmer, der sie von Graten reinigte und glättete. Als letzter polierte der Pfeifenglaser das Werkstück mit einer gläsernen Röhre oder einem Achatstein. Je feiner diese Arbeit ausgeführt wurde, desto höher war die Qualität und damit der Preis der Pfeife. Nach dem »Schrühbrand« mußte die Pfeife nochmals bearbeitet werden. Einige Pfeifenmacher überzogen ihre Produkte mit einer weißen Tünche aus Tragant und Wachs, andere bemalten die Kolben mit feinen Fayencefarben.

Quellen#

  • Verschwundene Arbeit, R. Palla, Christian Brandstätter Verlag, 2010

... mit freundlicher Genehmigung des Christian Brandstätter Verlags.