Wiener Prater#
Das Areal zwischen Praterstern und Winterhafen in Wien 2 war eine Au der Donau. 1162 urkundlich erwähnt, ging es in den Besitz verschiedener Klöster und Gemeinden über, ehe es Kaiser Maximilian II. (1527-1576) anno 1560 zu einem Jagdrevier der Habsburger machte. Schon zuvor (1537/38) war die 4,5 Kilometer lange Hauptallee angelegt worden. 1781-1783 baute Isidor Canevale (1730-1786) am Ende der Hauptalle das neue Lusthaus.
Immer wieder bildete die Hauptallee die "Bühne" für publikumswirksame Veranstaltungen, wie Laufer-Wettrennen oder Blumenkorso. Am 1. Mai fanden sich Tausende Arbeiter im Prater ein. Bis in die Gegenwart findet das Volksstimmefest der KPÖ auf der Jesuitenwiese statt. Auch die größte Waldandacht Österreichs, befindet sich im Prater, bei der 1924 erbauten Wallfahrtskirche Maria Grün. 1931 entstanden das Fußballstadion und das Stadionbad. Weitere Eingriffe in den Grünraum stellten 1867 die Ostbahn sowie die 1970-1993 errichtete Südost-Tangente dar. Täglich benützen 153.100 Fahrzeuge die Praterbrücke.
Im April 1766 öffnete Kaiser Josef II. (1741-1790) den Prater "zu allen Zeiten des Jahrs und zu allen Stunden des Tags" für das Publikum. Schon wenige Wochen später nahmen dort Gaststätten und Unterhaltungsbetriebe den Betrieb auf. Der erste Schausteller war der Sprachlehrer Johann Damen, er stellte Hutschen und Ringelspiele auf. 1782 zählte der Volksprater 47 Objekte, 1873 bereits 187. Die Unterhaltungslokale des Wurstelpraters waren meist einfache Hütten mit Schaukeln, Glückshafen oder Schaubühnen.
Ein Wiener Wahrzeichen, das sich im Wurstelprater befindet, ist das Riesenrad auf dem Areal des ehemaligen Vergnügungsparks "Venedig in Wien". Nach amerikanischem Vorbild bauten englische Ingenieure ein "Great Wheel" als neue Attraktion. Das 1897 eröffnete Riesenrad hat ca. 61 m im Durchmesser, sein höchster Punkt erreicht fast 65 m, das Gesamtgewicht der Eisenkonstruktion beträgt 430 t. Die ursprünglich 30 Gondeln bewegten sich mit einer Geschwindigkeit von 2,7 Kilometer/h. Das in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs schwer beschädigte Wahrzeichen wurde 1947 mit 15 Waggons wieder eröffnet.
Ein berühmter Praterhüttenbesitzer war der Italiener Basilio Calafati (1800-1878), der um 1840 durch sein dampfbetriebenes Karussell "Zum großen Chineser" bekannt wurde. Um die 9 m hohe Statue eines Chinesen liefen von Lokomotiven gezogene Waggons auf Schienen. Das im Zweiten Weltkrieg zerstörte Wahrzeichen wurde 1967 nachgebaut und schon zuvor eine Verkehrsfläche im Prater Calafatiplatz benannt. Zudem betrieb der Schausteller eine Gastwirtschaft und ein "Kunstkabinett" mit Skurrilitäten wie Geistererscheinungen, wilden Tieren und Automaten.
Eine Geisterbahn gab es seit dem Weltausstellungsjahr 1873. 1933 wurde das "Geisterschloss" errichtet, das man in zweisitzigen Wagen durchquerte. Bis 1949 kamen mehrere Praterunternehmen dieser Art dazu.
Die erste Grottenbahn Europas wurde 1898 beim Lokal "Zum Walfisch" eröffnet. Sie war elektrisch betrieben und zeigte auf 600 m Länge 18 Grotten mit "hübschen Gnomen- und Märchendarstellungen", Orgelklänge begleiteten die Fahrt.
Am Ostermontag 1909 erfolgte die Eröffnung der Hochschaubahn neben dem Riesenrad, im Gelände des Themenparks "Venedig in Wien". Ein Engländer, der bereits in London und in den USA solche Anlagen betrieb, war der Auftraggeber des "American Scenic Railway". Die Kosten betrugen eine Million Gulden, die Länge der Hochschaubahn eine Meile (1 englische Meile = ca. 1,6 km).
Die Turmrutschbahn Toboggan, 2008/09 renoviert, steht als einzig erhaltene Holzrutschbahn der Welt unter Denkmalschutz. Sie ist 25 m hoch und 100 m lang.
Nach langen Diskussionen eröffnete 2008 der "neue Wiener Prater" mit kulissenartigen Aufbauten à la 1900 auf dem Riesenradplatz. Die jüngste Attraktion ist 2011 "Madame Tussauds Wachsfigurenkabinett".
1873 war der Prater Schauplatz der Wiener Weltausstellung. Auf 250 ha wurden Ausstellungshallen und die 84 m hohe Rotunde errichtet. Daraus entstand das Messegelände, auf dem seither zweimal jährlich Messen stattfanden. Nach der Herbstmesse 1937 brannte die Rotunde ab. Die damals vom Feuer verschonten Hallen wurden im Zweiten Weltkrieg zu 70% zerstört. 1946 gab es wieder eine "Wiener Messe". Nachdem im Jahr 2000 die Stadt Wien zu 95% und die Wiener Wirtschaftskammer zu 5 % deren Eigentümer waren, ging die Messe mit Jahreswechsel an die Firma "Reed Exhibitions Messe Wien" über. Architekt Gustav Peichl konzipierte die Neuverbauung mit drei modernen und einer adaptierten Ausstellungshalle und einem Kongresszentrum, dessen markanter Turm fast 100 m Höhe erreicht. Die Eröffnung fand im Jänner 2004 statt.
Quellen#
- Karl Brunner, Petra Schneider (Hg.): Umwelt Stadt. Wien 2005. S. 354 f.
- Pemmer - Lackner: Der Wiener Prater einst und jetzt. Wien 1935
- Wien, Prater
Siehe auch: