Wiener Werkstätte#
1903-1932
Der Ausgangspunkt der Wiener Moderne im Bereich der freien und angewandten Künste ist ziemlich genau auf die Jahre 1897 bis 1899 zu datieren: Im Jahre 1897 eröffnete Gustav Klimt an der Spitze einer Gruppe Gleichgesinnter die Revolte gegen die Kunstwelt der Väter. Die Gruppe trat in einem spektakulären Akt aus der ebenso alteingesessenen wie altbackenen Wiener "Künstlergenossenschaft" aus, gründete die neue Künstlervereinigung "Secession" und verkündete einen "heiligen Frühling" (Ver Sacrum) künstlerischer Erneuerung, die sehr bald, wiewohl aber nur von einer kleinen Schicht des liberalen Großbürgertums, bedeutende gesellschaftliche und finanzielle Unterstützung erhielt.
"Ver Sacrum" hieß auch die Zeitschrift, die den Secessionisten als Sprachrohr diente und im Nu zu einer der bedeutendsten und vom Graphic Design her bahnbrechendsten Publikationen ihrer Art in Europa wurde.
Zu den wichtigsten Gründungsmitgliedern der Secession gehörten neben Klimt der Architekt Josef Hoffmann und der Graphiker und Maler Kolo Moser – beide sowohl für die graphische Gestaltung von "Ver Sacrum" als auch für das völlig neuartige Ausstellungsdesign im von Joseph Maria Olbrich geschaffenen, 1898 eröffneten Secessionsgebäude federführend.
Die Schul- und Produktionsstätte wurde bis 1914 von F. Waerndorfer, danach von O. und M. Primavesi finanziert, bis sie 1932 aus wirtschaftlichen Gründen eingestellt werden musste. Der zeitweilig sehr große Erfolg der kunstgewerblichen Artikel erlaubte die Errichtung mehrerer Verkaufsstellen in Wien und die Gründung von Filialen im Ausland (Karlsbad 1909, Marienbad und Zürich 1916/17, New York 1922, Berlin 1929). Die Produktion der Wiener Werkstätte umfasste, anknüpfend an die gehobene Ausstattungskunst des spätklassizistischen Biedermeier, von der Architektur bis zum kleinsten Gebrauchsgegenstand alle Bereiche von Wohn- und Lebenskultur. Ihr besonderes Verdienst lag in der Überwindung der wuchernden Jugendstilornamentik zugunsten einfacher, geometrisch-abstrakter Formen, durch die das Kunsthandwerk des 20. Jahrhunderts entscheidend beeinflusst wurde.
1905-11 entstand nach Entwürfen von J. Hoffmann das Palais Stoclet in Brüssel, das zur Gänze von der Wiener Werkstätte ausgeführt wurde und eines der wenigen Gesamtkunstwerke der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts blieb. Ab 1908 gab es alljährlich eine "Kunstschau" sowie ein Sommertheater, das als Experimentierbühne Aufsehen erregte.
Zahlreiche der namhaftesten Künstlerpersönlichkeiten der Jahrhundertwende waren für die Wiener Werkstätte entwerfend und ausführend tätig, darunter Gustav Klimt, Oskar Kokoschka, Egon Schiele, Carl Moll, Dagobert Peche, E. J. Wimmer-Wisgrill, Franz von Zülow, Carl Otto Czeschka, Otto Prutscher, Carl Witzmann, Leopold Forstner, Oswald Haerdtl, Ludwig Heinrich Jungnickel, Richard Luksch, Oskar Strnad und Richard Teschner.
Weiterführendes#
- Wiener Werkstätte: Werke von Kolo Moser (Video-Album)
- Design der Wiener Werkstätte 1903–1932 (Web-Books)
Quellen#
- AEIOU
- C. Brandstätter, Design der Wiener Werkstätte 1903–1932, Christian Brandstätter Verlag