Zither#
Die Zither soll von dem antiken Saiteninstrument Kithara abstammen, es wurde aber wohl nur der Name auf das Instrument übertragen, das in den Alpenländern eine eigenständige Entwicklung nahm. "Der Städter bevorzugt das Hackbrett, der Bauer die Zither. Dieses Instrument spielt man insbesondere bei Saufgelagen und wilden Tanzvergnügungen", kritisierte der Hofprediger Abraham a Sancta Clara (1644-1709). Der steirische Dichter Peter Rosegger (1843-1918) nannte seine 1869 erschienene Mundartgedichtsammlung "Zither und Hackbrett". "Die ungeheure Beliebtheit des Instruments lässt sich kaum erklären. Die Motorik der rechten Hand wird geradezu widersinnig beansprucht", schreibt der Wiener Volksmusikforscher Walter Deutsch, "Der Daumen erzeugt die Melodie über das Griffbrett, die übrigen Finger sorgen für Bass und Begleitung , während die linke Hand die Melodie ein- oder mehrstimmig greift."
Seit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts bereisten "Steyrische Alpensänger" und "Tyroler Nationalsänger" die Hauptstädte Europas. Mit Zither und Gitarre verließen sie ihre Dörfer, in denen der Lebensunterhalt nicht zu verdienen war. In schönste Phantasie-Trachten gewandet, begeisterten sie das adelige und bürgerliche Publikum mit Zitherspiel, Liedern und Jodlern.
Doch auch in Wien gab es Meister dieses Faches. Einer der berühmtesten war Johann Petzmayer (1803-1884). Der gebürtige Niederösterreicher übersiedelte mit seinem Vater in den für seine zahlreichen Gastwirtschaften berühmten Wiener Vorort Neulerchenfeld. Petzmayer senior begegnete der Konkurrenz, indem er in seinem Lokal den Sohn mit der Zither spielen ließ. Petzmeyer junior komponierte und improvisierte virtuos. Seine Darbietungen faszinierten die höchsten Gesellschaftskreise, er war auch Gast am Hof des Kaisers Franz. Tourneen führten den Musiker durch ganz Europa. 1837 begeisterte er Herzog Max in Bayern (1808–1888) so sehr, daß er ihn als seinen persönlichen Musiklehrer auf sein Schloß berief. Petzmayer blieb bis zu seinem Tod in München.
Ende des 19. Jahrhunderts war München ein bedeutendes Zentrum des Instrumentenbaues. Als großzügiger Förderer hatte sich Herzog Max erwiesen und auch selbst für das Instrument komponiert. Seine Tochter, Kaiserin Elisabeth (1837-1898), nahm in Wien Zitherunterricht.
Bis zur Jahrhundertwende entwickelte sich das einfache diatonische Volksmusikinstrument zur Konzertzither mit fünf Melodie- und bis zu 37 Begleit- und Basssaiten. Nach dem Vorbild der Adeligen interessierten sich nun Großbürger und deren Töchter für das Instrument. Um die Jahrhundertwende nahm sich die kulturpolitisch aufsteigende Arbeiterschaft der Zither an. In der Zwischenkriegszeit entstanden in deren Bildungsvereinen Zitherorchester. Nach dem Zweiten Weltkrieg erlangte die Wiener Zither durch den 1948 gedrehten englisch-amerikanischen Film "Der dritte Mann" Weltruhm. Der Heurigenbesitzer Anton Karas (1905-1985) schrieb dazu die aus einem einzigen Stück, dem Harry-Lime-Thema, bestehende Musik.
Die für die Wiener Stimmung charakteristische Form der Besaitung der Zither und die zugehörige Spielweise entstanden in der Mitte des 19. Jahrhunderts. (Zitherschule von Carl Ignaz Umlauf, 1859) Die Wiener Stimmung und Spielweise der Zither wird solistisch oder in Ensembles zumeist im Amateurmusikbereich gespielt und an wenigen Musikschulen unterrichtet. Wissen um Kompositionslehre, Instrumentenbau und Spieltechniken erzeugen den unverwechselbaren Klang. "Wiener Stimmung und Spielweise der Zither" steht seit 2017 auf der UNESCO-Liste des Immateriellen Kulturerbes.
Quellen#
- Beitl: Wörterbuch der deutschen Volkskunde. Stuttgart 1974. S. 999
- Walter Deutsch - Helga Maria Wolf: Menschen und Melodien im alten Österreich. Wien 1998. S. 129 f.
- Franz C. Lipp , Elisabeth Längle, Gexi Tostmann, Franz Hubmann (Hg.): Tracht in Österreich. Wien 1984. S. 235
Siehe auch: