Reinhardt, Max #
(eigentlich Goldmann)
* 9. 9. 1873, Baden bei Wien
† 31. 10. 1943, New York
Schauspieler, Theaterleiter und Regisseur
Der Sohn eines Kaufmanns war zunächst Banklehrling. Er nahm
Schauspielunterricht und
stand 1890 in Wien erstmals auf der Bühne. 1894-1902 wirkte er am
Berliner "Deutschen Theater", das er später übernahm. Daneben gründete
er, ebenfalls in Berlin, das literarische Kabarett "Schall und Rauch",
baute es 1902 zum "Kleinen Theater" um und erzielte hier im Jahr darauf
einen überwältigenden Regieerfolg mit Maxim Gorkis "Nachtasyl". Danach
wurde er zusätzlich Leiter des "Neuen Theaters" (bis 1906). Mit Hilfe
von Sponsoren übernahm
Reinhardt mit seinem Bruder Edmund als kaufmännischem
Direktor bald weitere Häuser. Zu den "Reinhardt-Bühnen" gehörte ab 1924 auch
das von
Reinhardt restaurierte Wiener "Theater in der Josefstadt". Für den
Nachwuchs gründete
Reinhardt 1929 in Wien eine eigene Schauspielschule, das
bald weltbekannte "Reinhardt-Seminar", mit Sitz im Schloss Schönbrunn
(seit 1940 im Palais Cumberland), in dem er seine Vorstellungen von
einem neuen Theater zu vermitteln suchte.
Reinhardt ist der bedeutendste Regisseur und Direktor in der Geschichte des
österreichischen Theaters. Er war Mitbegründer (1920) und Leiter der Salzburger
Festspiele; 1920-1937 inszenierte er dort
Hugo_von Hofmannsthals
"Jedermann". Legendär ist auch seine "Faust"-Inszenierung mit
Paula Wessely
als Gretchen,
Ewald Balser
als Faust und
Werner Krauß
als Mephisto. Mit untrüglichem Instinkt für große Dicht- und
Schauspielkunst, für Bühnenarchitektur, Farben und Licht, schuf er bis
ins Detail ausgefeilte, festliche, phantasievolle Inszenierungen mit
eindrucksvollen Massenszenen. Für seine effektvollen Bühnenausstattungen
engagierte er bedeutende Künstler wie Edvard Münch, Max Slevogt oder
Alfred Roller. Er setzte bühnentechnische Neuerungen ein, darunter die
Drehbühne. Und er verstand es, Dramatiker- und Schauspieltalente zu
entdecken und zu fördern. Mit seinem Stil ist
Reinhardt zum Begründer des
modernen europäischen Regietheaters geworden.
1933,
nach dem Machtantritt Hitlers, musste
Reinhardt Deutschland verlassen, wenige
Jahre später auch Österreich. Er emigrierte mit seiner Gattin, der Wiener
Schauspielerin
Helene Thimig,
über London nach New York. Das Stück
"Jedermann" wurde 1938 verboten, die Aufführungen auf dem Salzburger
Domplatz ersatzlos gestrichen.
Literatur#
- L. M. Fiedler, Max Reinhardt in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten (1975)
- E. Fuhrich/G. Prossnitz (Hg.), Max Reinhardt (1987)
© "Österreichisches Personenlexikon der Ersten und Zweiten Republik" von Isabella Ackerl und Friedrich Weissensteiner, 1992