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Johanna Rolshoven - Manfred Omahna (Hg.): Ver-Arbeiten#

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Johanna Rolshoven - Manfred Omahna (Hg.): Ver-Arbeiten. Aufsätze und Skizzen zu gesellschaftlichen Umbrüchen in städtischen und ländlichen Räumen. Ein Buch für Elisabeth Katschnig-Fasch. Grazer Beiträge zur Europäischen Ethnologie / Band 18. Jonas-Verlag Marburg 2014. 120 S., € 18,-

Elisabeth Katschnig-Fasch (1947-2012) war Universitätsprofessorin am Institut für Volkskunde und Kulturanthropologie der Universität Graz. In Forschung und Lehre beschäftigte sie sich mit kulturellen Umbruchsituationen und ihren Folgen. Ganz in ihrem Sinne beschreiben nahestehende KollegInnen und Studierende die Auswirkungen gesellschaftlicher Umbrüche in der Region Obersteiermark Ost.

Johanna Rolshoven, die seit 2009 das Institut leitet, beginnt das Buch mit einer "Hommage an Elisabeth Katschnig-Fasch". Sie würdigt ihre Kollegin als "Pionierin in der Modernisierung des Faches in Österreich, engagierte Feministin und intellektuelle Protagonistin in der Auseinandersetzung mit Gegenwartsfragen." Manfred Omahna, wissenschaftlicher Mitarbeiter, referiert gemeinsam mit den Veranstalterinnen, "WEEK", die "Werkstatt für eingreifende empirische Kulturwissenschaft". Diese Gruppe veranstaltete 2013 im Forum Stadtpark einen Gedenktag unter dem Motto "In welcher Gesellschaft leben wir?".Dabei ging es unter anderem um Krise und Orientierungslosigkeit, Lebensstile und die Beobachtung von Sinn.

Der erste Teil des Buches ist "Gesellschaftliche Anforderungen verarbeiten" überschrieben. Katharina Eisch-Angus, stv. Institutsleiterin, beschäftigt sich mit der "zerbrechlichen Kultur". Ihr Großvater betrieb eine Glashütte im bayerischen Wald, wo sie aufwuchs. Auch Ina Maria Greverus erinnert sich. Sie gründete 1974 das Institut für Kulturanthropologie und Europäische Ethnologie an der Universität Frankfurt am Main. Als dessen erste Professorin hablitierte sie Katschnig-Fasch und lässt deren 400-seitige - "breit angelegte und zugleich konzentriert tief lotende Untersuchung" - hier nochmals Revue passieren. Ging es in dieser Arbeit um städtische Wohnkultur, so beschäftigt sich Curriculums-Vorsitzender Burkhard Pöttler mit "Bauen in Krisenzeiten". Historisch zeigte sich Rohstoffknappheit in Vorschriften und Bauformen, die typenbildend wurden, wie Steildach oder Ständerbau. Gerlinde Malli berichtet von ihren Erfahrungen bei Interviews mit Jugendlichen in prekären Lebenslagen: "Mit und über Jugendliche in Problemlagen zu forschen, fordert dazu heraus, auch die Grenzen der eigenen Kompetenzen zu erkennen…", schreibt die Soziologin, die dem Thema ihre Disseration gewidmet hatte. Die beiden Lektoren Gilles Reckinger und Diana Reiners widmen sich Lampedusa, der italienischen "Insel der Bootsflüchtlinge" und fragen nach dem weiteren Schicksal der Migranten/innen.

Der zweite Teil vereint studentische Arbeiten unter dem Oberbegriff "Verarbeitungsstrategien struktureller Veränderungen im 'Aflenzer Becken'." Die drei steirischen, jeweils rund 10 km entfernten Nachbarorte sind wirtschaftlich unterschiedlich orientiert: Aflenz - seit 1920 Luftkurort - rechnete mit Touristen, in Turnau dominierte die Landwirtschaft und Thörl war vom 14 Jahrhundert bis 1995 ein Zentrum der Eisenverarbeitung. Die Ergebnisse des Feldforschungsprojektes 2011/12 leitet Manfred Omahna ein: "Die Arbeiten der Studierenden sind so unterschiedlich, wie sie nur sein können…". Elisabeth Mauerhofer beschäftigte sich mit der Beziehung zwischen Landschaft und Menschen in der Region Hochschwab Süd. In Thörl nahm die Zahl der Industriebeschäftigten zwischen 1989 und 1999 fast um ein Drittel ab. Helmut Seidl untersuchte, wie die Bewohner mit der Niedergangsstimmung zurechtkamen und welche Verarbeitungsstrategien sie entwickelten. Robin Klengel und Angelika Lorenz konnten im ehemals geschätzten Kurort Aflenz Beispiele für alternative, engagierte Kulturarbeit finden. Elisabeth Illigasch und Irmgard Macher interessierten sich für "weibliche Lebensrealitäten auf dem Land". Vier Bäuerinnen gaben Einblick in ihren Alltag. "Lebenswelten dreier Frauen" beschrieb auch Margit E. List, doch ihre Aflenzer Interviewpartnerinnen waren "Zugereiste". Trotz des touristischen Niederganges möchten sie weiterhin dort leben. Jugend und Sport in Thörl waren Anlass der Bestandsaufnahme von Carina Kornberger und Verena Wagenhofer. Die Industriegemeinde gilt nach wie vor als Sportzentrum der Region. Schließlich erforschte Anton Wilfinger die "Kulturelle Vielfalt in und um Turnau". Sein Resumee klingt viel versprechend: "Die Kultur auf dem Lande ist nicht wie so oft vermutet, an Ende; in und um Thurnau finden sich zahlreiche aktive Vereine, die sich in das kulturelle Geschehen einbringen … Die Fülle an Kulturveranstaltungen hat zugenommen und erreicht eine größere Zahl an Kulturinteressierten."