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Wie aus dem „rosaroten Essig“ edler Schilcher wurde#

Der schillernde Roséwein aus der Weststeiermark war einst Haustrunk der Kelten und Römer in Noricum. Einst als „rosaroter Essig“ und „Rabiatperle“ bezeichnet, gilt der Schilcher heute als einzigartige Spezialität.#


Von Robert Engele mit freundlicher Genehmigung der Kleinen Zeitung


Schillernder Rosè von feinster Qualität: Ein Glas Schilcherwein BAMBOO BEAST (KK)
Schillernder Rosè von feinster Qualität: Ein Glas Schilcherwein BAMBOO BEAST (KK)

Römischen Berichten zufolge haben die Kelten bereits um 400 v. Chr. im Gebiet der heutigen Steiermark Wein aus der blauen Wildbacher-Rebe gekeltert. Die Römer förderten dann die vorhandene Weinkultur und sorgten unter Kaiser Probus (276-282 n. Chr.) für deren Verbreitung in der gesamten Provinz Noricum. Nach einem langen Zwischentief in den Wirren der Völkerwanderung erlebte der Weinanbau erst wieder unter Karl dem Großen im 8. Jahrhundert einen Neubeginn. Es wurden Musterweingüter und neue Weingärten angelegt und auf jedem Weingut mussten drei Schankstätten für das Volk eingerichtet werden. Als es im Mittelalter zwischen 950 und 1300 zu einer klimatischen Wärmeperiode kam, breitete sich der Weinbau bis in die Obersteiermark aus und sogar um Spital am Semmering wurde damals Wein geerntet. So berichtet 1266 die Leobner Chronik, dass alle um Schottwien liegenden Weingärten durch verheerende Unwetter zerstört wurden. 1580 verfasste der niederösterreichische Kleriker Johann Rasch das erste deutschsprachige Weinbuch mit dem Titel „Von Baw, Pfleg und Brauch des Weins“. Auch die Weinbaugebiete und die regionalen Weinsorten beschreibt er darin ausführlich - und unter der Bezeichnung „Schiller“ findet sich hier der Schilcher, der damals auch als „Schlier“ und „Schilher“ bezeichnet wurde. Die Bezeichnung Schiller leitet sich ja von Schillern ab, also von der hellrot schillernden Farbe des Rosèweins aus der blauen Wildbacherrebe, deren Anbaugebiet ausschließlich im weststeirischen Hügelland bis zu einer Seehöhe von 500 Metern erfolgt. Hier verläuft heute von Nord nach Süd auch die Schilcherweinstraße von Ligist über Gundersdorf, St. Stefan, Greisdorf, Stainz, Vochera, Bad Gams, Schloss Wildbach, Deutschlandsberg, Schwanberg und Wies bis Eibiswald.

„Ab dem 15. Jahrhundert entwickelte sich eine rege Transporttätigkeit, die den Schilcher aus dem Sausal und um Deutschlandsberg auf der ,Weinstraße' über die ;Weinebene' der Koralpe nach Kärnten brachte“, berichtet Maria Steinbauer in ihrem Buch „Der Schilcher und sein Land“. Als ab dem 15. Jahrhundert das Klima in der Steiermark wieder kühler wurde, zogen sich die Rebflächen in die heutigen Anbaugebiete zurück. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts stieg die wirtschaftliche Bedeutung des Schilchers wieder enorm und eine Chronik von 1667 dokumentiert, dass der damals besonders begehrte „Lateiner Schilcher“ aus Ober- und Unterlatein bei Eibiswald nach Graz verkauft wurde. Und in den 1680er-Jahren heißt es in der Dienstvorschrift des Verwalters der Ligister Herrschaft, von der Rekordernten der Schilcherproduktion gemeldet wurden: „Er soll seinen Dienst treu und fleißig verrichten und sich des Vollsaufens und anderer Untugenden enthalten“, schreibt Steinbauer.

Als Papst Pius VI. 1782 auf seiner Reise nach Wien zu Kaiser Joseph II. im Franziskanerkloster Maria Lankowitz Station machte, servierte man ihm zum Abendessen natürlich einen Schilcher. Der gebürtige Italiener war sicherlich von den milden italienischen Weinen verwöhnt und notierte in sein Tagebuch: „Sie haben Uns einen rosaroten Essig vorgesetzt, den sie Schilcher nannten.“

1827 besuchte der Komponist Franz Schubert seine Freunde Anselm Hüttenbrenner und Johann Baptist Jenger in Graz. Gemeinsam mit dem Grazer Advokaten Carl Pachler und seiner Frau Marie, einer berühmten Pianistin, machten sie eine lustige „Partie“ nach Schloss Wildbach im Schilcherland. Dort wurde in fröhlicher Stimmung dem Wildbachertraubensaft zugesprochen. Anselm erhielt dabei den Spitznamen „Schilcherl“ und Schubert jenen des „Schwammerl“, der sich wohl eher auf seine rundliche Gestalt bezog und nicht - wie böse Zungen behaupteten - auf die Tatsache, dass er den Schilcher wie ein Schwamm aufsaugen konnte.

Wieder einmal war es Erzherzog Johann, der auch beim Schilcher für Verbesserungen sorgte. Er gründete 1822 in Pickern bei Marburg ein Musterweingut, kultivierte in verschiedensten Versuchen alle steirischen Weinsorten und hob sie auf ein damals völlig unbekanntes Niveau. 1840 kaufte der Prinz auch Schloss Stainz und ließ hier ein Obst- und Weingut errichten samt einer speziellen Rebschule für den Schilcher. Als der Weinanbau endlich gute Ergebnisse lieferte, kamen ab 1850 der Echte und der Falsche Mehltau sowie ab 1882 die Reblaus auf und machten den Weinbauern schwer zu schaffen. Die Weinernte wurde rapid dezimiert, alle Weingärten mussten gerodet und ab 1885 mit einer resistenten amerikanischen Unterlage, auf die man die Edelsorte propfte, neu bepflanzt werden. In der Folge machten Fachleute wie Josef Puchas (1885-1949) und Max Gschiel (1888-1970) als Pioniere der gepflegten Schilcherkultur in der Region des Engelweingartens aus der „Rabiatperle“ von einst einen anerkannten Qualitätswein.

J.B. Jenger, A. Hüttenbrenner und F. Schubert (von links) in einem Aquarell von Joseph E. Teltscher
J.B. Jenger, A. Hüttenbrenner und F. Schubert (von links) in einem Aquarell von Joseph E. Teltscher (KK)
Erzherzoh Johann auf seinem Musterweingut in Pickern bei Marburg, das er 1822 kaufte (KK)
Erzherzoh Johann auf seinem Musterweingut in Pickern bei Marburg, das er 1822 kaufte (KK)
Schloß Wildbach bei Deutschlandsberg um 1824, Litho von Joseph F. Kaiser
Schloß Wildbach bei Deutschlandsberg um 1824, Litho von Joseph F. Kaiser (KK)



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© "Damals in Graz", Dr. Robert Engele



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