Ein besonderer Wein und noch mehr #
Der Schilcher ist eine weltweit einzigartige Spezialität und das Markenzeichen einer ganzen Region. Maria Steinbauer geht dieser Besonderheit auf den Grund, bietet viel Information, Hintergründe und wichtige Tipps für den Reisenden ins Schilcherland.#
Mit freundlicher Genehmigung übernommen aus: DIE FURCHE (Donnerstag, 22. September 2011)
Von
Johannes Preßl
„Im Spätsommer, der Zeit der beginnenden Weinlese, meint es besonders der spätere Nachmittag gut mit dem Genießer, wenn die Weingärten vom grünlich durchmengten zarten Ocker bis hin zu hellen Rottönen erstrahlen. Genau dann ist es wichtig, Zeit zu haben, um bei sinkender Sonne unter einem Nussbaum oder vor einem Buschenschank die letzten Strahlen des Sommers mit einem Glas Schilcher oder auch mehreren zu genießen und das beinahe abgelaufene Jahr Revue passieren zu lassen.“
Ulrich Habsburg–Lothringen skizziert in seinem Vorwort die Lebensart in jenem Teil der Steiermark, in dem die Wildbachertraube zu Hause ist. Er beschreibt die Idylle im Schilcherland, erinnert sich an Erzählungen von locker sitzenden Messern nach übermäßigem Schilchergenuss. Diese persönlichen Erinnerungen eines Einheimischen sind ein sympathischer Einstieg in das von Maria Steinbauer gründlich recherchierte Buch, das auch die Anfänge des Weins in Österreich beleuchtet.
Die Geschichte des Weinbaus geht wahrscheinlich bis auf die Illyrer um 700 v. Chr. zurück, sicher waren es aber die Kelten, die in der Steiermark und im Burgenland bereits um 400 v. Chr. Wein „kelterten“. Damals war vom Schilcher noch keine Rede. Im ersten deutschsprachigen Weinbuch von Johann Resch um 1580 findet sich der Schilcher als „Schiller“ wieder. Das Wort leitete sich von Schillern, einer Bezeichnung für rosa bis rot Gefärbtes ab. Heute kann man anhand der Farbe sogar die Herkunft des Weines bestimmen. Überwiegt im nördlichen Ligist noch ein zartes Rosa, wird das Rot in Richtung Süden immer dunkler.
Maria Steinbauer bearbeitet das Thema unter vielen verschiedenen Aspekten, historischen und anekdotischen.
So kame es zur Rabiatperle#
Dass der Schilcher als „Rabiatperle“ bezeichnet wird, weil er sich nach dem ersten Schluck nicht gerade einschmeichelt, hat historische Wurzeln. Als Papst Pius VI. 1782 auf seiner Reise nach Wien im Franziskanerkloster Maria Lankowitz Station machte, schrieb er in sein Tagebuch: „Sie haben uns einen rosaroten Essig vorgesetzt, den sie Schilcher nannten.“ Seit diesem vernichtenden Urteil des Kirchenfürsten wurden die Methoden der Kelterung verfeinert, der Schilcher wurde zu einer Qualitätsmarke.
Die Autorin widmet sich neben einer aktuellen Bestandsaufnahme der Schilcher- Kultur und ihrer Gastronomie auch den Pionieren des Schilcherweinbaus. Eine der ersten prägenden Persönlichkeiten war – wie könnte es in der Steiermark anders sein – Erzherzog Johann. Ihm folgten Josef Puchas, der „Pflegevater des Stainzer Schilchers“ und der Veterinärmediziner Max Gschiel, der durch eine verfeinerte Kellereitechnik aus einem Naturwein einen österreichischen Qualitätswein machte. Was Verarbeitungstechnik und Vermarktung betrifft, ist man in der Weststeiermark auch in der Gegenwart innovativ: Das „Sur-Lie“- Verfahren macht den Wein noch kräftiger.
„Der Schilcher und sein Land“ ist ein idealer Reisebegleiter für die Herbstmonate. Alle Betriebe werden mit ihren Besonderheiten und der vollständigen Adresse vorgestellt, gut ausgewählte Fotos verlocken zu einem Ausflug in die Gegend zwischen Ligist und Eibiswald und geben eine stimmungsvolle Information über Land und Leute. Denn auch wer leichte Kost bevorzugt und dem Auge und dem Geist Gutes tun will, findet im Schilcherland ein interessantes, historisches und sehenswertes Angebot. Das mächtige Schloss Stainz etwa, ein ehemaliges Augustiner Chorherrenstift, mit dem Engelweingarten im Hintergrund beeindruckt ebenso mit seiner Architektur wie die Burg Deutschlandsberg oder das Renaissanceschloss Hollenegg. Sie sind Zeugen einer Geschichte, in deren Tradition auch der Weinbau steht.
Buchtipp#
Der Schilcher und sein Land. Weingenuss auf Steirisch
Von Maria Steinbauer,
Styria regional 2011
192 Seiten, geb., 24,99 eur
Wissenswertes:#
Die 3 K: Kürbis, Kastanie und Käferbohne, die „3 K der Weststeiermark“ sind in den letzten Jahren zu einer starken Marke geworden und die Autorin wäre keine Patriotin, würde sie den weststeirischen Kürbis unter 90 Gattungen und über 1200 Sorten nicht als „etwas ganz Besonderes“ bezeichnen.
„Der Saft der Weinrebe ist unter den Genussmitteln das beste, unter den Nahrungsmitteln das gesündeste und unter den Medikamenten das angenehmste.“ (Plutarch)