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Sandra Mauler, Elisabeth Waldhart, Jochen Bonz (Hg.): POP#

Bild 'bricolage-10'

Sandra Mauler, Elisabeth Waldhart, Jochen Bonz (Hg.): POP. Bricolage, Innsbrucker Zeitschrift für Europäische Ethnologie 10, Innsbruck university press • iup Innsbruck 2019. 186 S., ill., € 21,90

Volkskunde/Europäische Ethnologie versteht sch als "historisch argumentierende gegenwartsbezogene Kulturwissenschaft, deren Gegenstandsbereich die Alltagskultur, das selbstverständliche Handeln, Erleben und Deuten von Subjekten in ihrer Lebenswirklichkeit ist". (Brigitta Schmidt-Lauber). Populärkultur ist eine solche Dimension der Alltagskultur/Volkskultur. Diese "Kultur der vielen" war an der Universität Innsbruck Inhalt eines zweisemestrigen Seminars beim Kulturwissenschaftler Jochen Bonz, das eine Einführung in die Konzepte der britischen Cultural Studies mit ethnografischer Feldforschungsübung verband. Jochen Bonz beschäftigt sich mit der Wissenschaftsgeschichte der Psychological Anthropology und Ethnopsychoanalyse, worüber er auch der vorliegenden Bricolage referiert. Die meisten Beiträge der Jubiläumsausgabe stammen von Studierenden und beruhen auf Bachelorarbeiten.

POP präsentiert sich als weitläufiges, schwer greifbares Themenfeld. Seine Phänomene verändern sich schnell, manche sogar zwischen Recherche und Drucklegung, erläutern die HerausgeberInnen im Vorwort. Sandra Mauler studierte Erziehungswissenschaft und Europäische Ethnologie. Im Gespräch mit dem Freiburger Kulturanthropologen Markus Tauschek beschäftigt sie sich mit aktuellen Ansätzen der Populärkulturforschung. So erfährt man einleitend, dass schon die begriffliche Abgrenzung schwierig und umstritten ist. Ist der Begriff "Volkskultur" vielfach ideologisch überformt, so haftet "Populärkultur" ein wertender Beigeschmack im Kontrast zu "Hochkultur" an. Außerdem werden Ausdrücke wie Pop oder Populärkultur im Alltag ebenso benützt wie als wissenschaftliches Konzept. Derzeit beschäftigt sich Tauschek mit den Events der Gothic-Szene, deren Festivals immer populärer werden. Zwischen Veranstaltungen, die physische Präsenz erfordern und Internetforen bestehen zahlreiche Wechselwirkungen. Sie sind ebenso Gegenstand der Forschung, wie die Rolle der Kulturindustrie und des Publikums, Konventionen, die "ausgehandelt" werden müssen oder Symbole, die sich als vieldeutig erweisen.

Weitere Beiträge renommierter PopulärkulturforscherInnen umrahmen die studentischen Artikel. Die derzeit an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt tätige Kulturwissenschaftlerin Simone Egger schreibt über Beyoncé Knowles unter dem Gesichtspunkt ästhetischer Gesellschaftskritik. Die 1981 geborene amerikanische Pop-Sängerin, Schauspielerin und Songwriterin zählt zu den erfolgreichsten, einflussreichsten und best bezahlten KünstlerInnen der Welt. Zudem ist sie für ihr soziales und feministisches Engagement bekannt. "Beyoncé transportiert ihre politische Haltung mittels expliziter Sozialkritik und zugleich über ihre ästhetische Praxis. … In der ästhetischen Praxis werden Bezugssysteme erweitert und weitergedacht."

Der Berliner Medienanthropologe Christoph Bareither analysiert Wir-Gefühle als vergemeinschaftende Emotionspraktiken in Populärkulturen. Er untersucht, wie AkteurInnen in Fan- und Subkulturen Wir-Gefühle routiniert herstellen und gestalten. "Beispielsweise das Wie des Tanzens in bestimmten Musiksubkulturen, das Wie der Rezeption der Fans spezifischer Filmgenres, das Wie des Jubelns von Fußballfans… Routinen, die stets an soziale Konstellationen gebunden sind."

Der Band nähert sich der Populärkultur in einer Reihe von Detailstudien. Gegenstände sind die Goa-Subkultur (Elisabeth Waldhart), Game of Thrones (Hannah Kanz), Online-Fanfiction (Elisabeth Summerauer), Internetmemes (Patrick Marksteiner), Dumpstern - Essen aus der Mülltonne (Laura Weinfurter) und Veganismus (Eva Kirschner).

Sehr praktisch beschäftigte sich Bianca Ludewig mit Avantgarde-Festivals der Gegenwart. Ihre 29 Farbfotos vermitteln einen lebendigen Eindruck von Events in Berlin, beim Donaufestival, der Ars Electronica in Linz und den Wiener Festwochen. Zudem werden Video-Installationen, Konzerte, elektronische Simulationen und Exponate von POP-Ausstellungen gezeigt. "Dieser Band stellt ein buntes Bukett an Schlaglichtern dar, welche auf Felder, Aspekte und Perspektiven von POP geworfen werden" , liest man im Vorwort. "Täglich werden Menschen durch populärkulturelle Phänomene bewegt und finden Sinn, Identität und Zugehörigkeit in der Ausübung populärkultureller Praktiken." Für die Europäische Ethnologie tut sich mit der neuen Alltagskultur ein großes und ertragreiches Forschungsfeld auf.

hmw