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Notiz 068: Bergwertung#

(Das Reisejahr 2019 mit Fahrzeugen aus dem Hause Steyr-Puch)#

von Martin Vormann

So stand die Reise mit der Langfuhre Steyr Puch 700 C für Anfang September an. Endlich war klar, es geht in die Französischen Seealpen. Die Hinfahrt, Südseite des Genfer See bis nach Menton, Cote d Azur, „Route des Grandes Alpes“, 21 Pässe, Streckenlänge ca. 685 km, retour von Nizza, die „ Route Rue de Napoleon“, 7 Pässe, Streckenlänge ca. 330 km, in Richtung Norden, Grenoble. Gestartet wurde von Weil am Rhein/Haltingen im Dreiländereck, der Schweiz, Frankreich und Deutschland. Hier wohnt ein langjähriger Steyr-Puch-Freund, wir konnten das Zuggespann hier sicher abstellen.

Puchianer Martin Vormann. (Foto: Sönke Bier)
Puchianer Martin Vormann. (Foto: Sönke Bier)

In den vergangenen Jahren waren die Reisen mit zwei Fahrzeugen unternommen worden, das war für dieses Unternehmen/die Unterhaltung bewusst nicht geplant, die Langfuhre hat die Räumlichkeiten so gestaltet, dass hier auch mehrere Personen gut reisen können, zudem auf genügend Gepäck nebst Ersatzteilen nicht verzichten brauchten.

Wir starteten dann am 04.09.2019 gegen 5:00 Uhr in der Früh aus Grürmannsheide mit dem Gespann nach Weil am Rhein, dort, am Mittag angekommen, gab es eine gute Vesper, dann weiter mit der Langfuhre zum Ausgangspunkt unseres Vorhabens, Thonon-res-Bains am Genfer See. Die Fahrt ging über Basel-Bern-Fribourg, über die Autobahn zum Startort, ohne Baustellen, kein Stau, gerne die Maut entrichtet. Dann auf die Piste bis zur ersten Übernachtung in La Chartreuse. Die Fahrabschnitte waren so überlegt, dass ab 18:00 Uhr nach einer passenden Unterkunft Ausschau gehalten wurde, das hat bestens funktioniert.

Im Vorfeld kamen von Freunden und Bekannten freundlich gemeinte Empfehlungen, was man sich auf so einer Fahrt alles ansehen sollte, der Vorsatz war da, aber wenn der Puchtreter erst mal auf der Piste ist, dann gibt es kein Halten mehr: dann überfällt mich der Fahrteufel! Bergauf, Bergab, Kurven links, Kurven rechts, langgezogen oder kurz hintereinander, starke Kehren, hunderte an der Zahl, was soll ich dann in irgendwelchen Antiquitätenläden oder Fresslokalen, hier zählt die Freude am Fahren in einer irren Landschaft mit den geliebten Pucherln. Immer wieder überkommt mich ein Rausch, wenn der winzige Boxer im Heck mit mir spricht und nach dem richtigen Drehmoment fordert, das Gefühl, keine lahme Kiste zu bewegen und kein Hindernis darzustellen, macht am meisten Freude und ist Spaß zugleich.

Wir wissen genau, mit der Erfahrung und dem Alter, dass die Fahrzeuge, die uns Freude bereiten, 60 Jahre alt sind und für Geschwindigkeitsrekorde nur diszipliniert eingesetzt werden dürfen. Da gilt es vorrausschauend zu fahren, denn speziell bergab haben wir Bremstechnik aus den 50iger Jahren zur Verfügung, das bedeutet, weder Bremskraftverstärkung, geschweige denn eine Scheibenbremsanlage. Die Fahrzeuge werden fast, wie die damalige Serie gefertigt wurde, bewegt, na ja, etwas mehr Hafer ist von dem sportlichen Boxermotor zu erwarten und dementsprechend einzusetzen.

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Doch wir müssen sagen, wir haben an bestimmten Plätzen, die vorher schon bekannt waren, ich hatte die Tour im Frühjahr schon einmal gefahren, da war mir klar geworden, diese Tour musst du wiederholen und mit einem Steyr-Puch-Fahrzeug genießen, angehalten und in aller Stille dem Schöpfer gedankt, dass er uns unbeschadet wieder nach Hause begleitet.

Der zweite Tag brachte uns nach La Casse Desserte. Das waren wieder zehn grandiose Pässe mit unbeschreiblichen Landschaftsbildern, wir haben uns ständig darauf hingewiesen, diese Momente der Schönheit der Natur innerlich fotografisch festzuhalten, das macht auf diesen Touren den meisten Sinn, das kann uns niemand mehr nehmen, das ist ergreifend und darauf sind wir stolz.

Bilder sind lediglich Zeugen des Gesehenen, auch das gemeinsame Erleben/Entdecken in der einmaligen Bergwelt festigt eine gelebte Freundschaft ungemein. Die Streckenführung verläuft durch mehrere Nationalparks, Gams und Murmel sind keine Seltenheit, die Fauna ist in den unterschiedlichen Lebensräumen bunt und vielfältig. Weidevieh ist allgegenwärtig, ob Kühe, Rinder, Schafe und Ziegen, weiden links und rechts der gut ausgebauten Passstraßen.

Wir teilen uns die Piste mit ähnlich ambitionierten Menschen, ob mit Fahrrad, mit und ohne Elektro, Damen und Herren, Motorrädern aller Couleur, selbst eine Reiterin mit Packpferd an der Leine hatte sich auf den Weg gemacht. Bis auf wenige Ausnahmen bewegten sich alle vorbildlich respektvoll den anderen Benutzern dieser anspruchsvollen Stecken.

Eine besondere Begegnung, bei einem Zwischenstopp, um die Weiterfahrt auf der Karte einzusehen, parkten wir die Langfuhre kurzfristig. Plötzlich steuerte aus der Gegenrichtung ein Mercedes R107 Cabrio auf uns zu. Der Fahrer nebst seiner Beifahrerin stürmte aus ihrem Sportwagen begrüßten uns herzlich, gar überschwänglich, und waren über unser Gefährt sichtlich begeistert, „jo, das ist ja a Pucherl, was macht´s denn ihr hier“? Das war ein Hallo, wir stellten fest, seit Jahren dem Freundeskreis anzugehören, uns aber noch nie getroffen hatten, was ein Zufall. Gerhard Temmel besitzt außer dem Mercedes Cabrio, natürlich einen Steyr-Puch. Er war mit einer Gruppe unterwegs im sogenannten Alpen-Rodeo, einer Strecke von Gröbming (Austria) in sechs Tagen bis zum Zielort San Remo (Italien). Ein Streckenabschnitt war dann die Grandes des Alpes. Wir sind uns dann mehrfach begegnet. Das Rodeo ist in drei Gruppen aufgeteilt: Oldtimer, Youngtimer und Elektrofahrzeuge. Wir trafen uns meistens auf den Passgipfeln, hier gab es lobende Worte über die sportliche Leistung unserer Langfuhre, man selbst bewegte ja moderne groß motorisierte Sportwagen.

Sönke Bier (links) und Martin Vormann.
Sönke Bier (links) und Martin Vormann.

Der dritte Tag brachte uns am Nachmittag in den Ort Sain Martin Vesebie, hier wurden wir von einem heftigsten Regenschauer überrascht. Die Langfuhre konnte ich nur so plazieren, auf einer Schrägen, es muss irgendwo Wasser eingetreten sein, also die Lenzventiele öffnen und Wasser marsch, wieder raus. War nicht weiter tragisch, der kommende Tag hat Sonne pur gebracht, alles war wieder getrocknet.

Wir konnten uns auch über Sprachbarrieren nicht beklagen, wir haben überall eine Übernachtung gefunden, sind nicht verhungert, tanken war an automatischen Tankstellen angesagt. Doch da war die vorletzte Übernachtung, im Vorfeld hatte uns der Vermieter einen geringeren Preis genannt, bei der anstehenden Bezahlung waren es € 10,00 mehr, Protest! Oh pardon, na, man kann‘s ja mal versuchen. Das Abendessen wollten wir in einem mir bekannten Lokal einnehmen, leider sind in diesem bekannten, sehr idyllischen Ort am Abend die meisten Lokale reserviert, somit ging es in ein anderes, wir waren auch dort sehr zufrieden.

Am vierten Tag ging es dann Richtung Menton zum Zielort der Route, den Col de Turrini konnten wir wegen einer Laufveranstaltung nicht in Angriff nehmen und entschlossen uns Richtung Nizza zu bewegen. Bei herrlichstem Wetter, das uns übrigens fast die ganze Strecke begleitete, trafen wir in einem übervölkertem Nizza ein, kurz sind wir am Hafen gewesen, dort die Luxusjachten der Reichen gesehen und schnell wieder das Weite gesucht.

Dann auf der Rue Napoleon bis Grenoble, das Geländeprofil ist mit den Seealpen natürlich nicht zu vergleichen, da befuhren wir Passtrassen bis 2.800 m, hier waren die höchsten Überquerungen mal gerade 1.200 m. Der Reiz dieser hügeligen Landschaft liegt vor allem darin, hier gibt es kaum Industrie, also keine Großstädte, die Besiedlung hält sich in Grenzen, kleine oder sogar kleinste Ortschaften, verteilt in grandioser Landschaft, von Wäldern und Feldern umgeben, die Provence stellt mit ihren vielen Naturparks eine geniale Wanderlandschaft da. Ähnliches Gelände findet man in den Cevennen, habe ich kürzlich noch mit dem Haflinger bereist.

Die Rue Napoleon ist eine sehr gut ausgebaute Nationalstraße, man fährt selbst längere Distanzen ohne großartige Aufenthalte, Staus, Baustellen, wie bei uns in Deutschland, findet man äußerst selten. Selbst Ampelanlagen in Ortschaften gehören kaum zum Straßenbild, es sind eher großzügig angelegte Kreisverkehre, damit kann man gut leben.

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Was mir auf der Reise bei beiden Strecken aufgefallen war, auf den Höhen befinden sich alte Militäranlagen, die teilweise noch ausgesprochen gut erhalten sind. Häufig sind diese auch als Sehenswürdigkeiten ausgewiesen, nur dazu haben wir uns nicht entschlossen, fotografiert während der Fahrt aus dem großen Fetzendach der Langfuhre war das kein Problem. Diese Aufgabe hat der Copilot an sich genommen und hervorragende Aufnahmen geschossen. An diesem Abend erreichten wir Grenoble, das heißt einen Vorort, Grenoble selbst konnten wir in der Ferne von der Autobahn aus erkennen. Die Unterkunft war dieses Mal eine Art Jugendherberge, internationaler Art.

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Wir haben bestens genächtigt, am Sonntagmorgen gut gefrühstückt, dann uns der Langfuhre anvertraut, den Heimweg nach Weil, über Genf, Lausanne, Bern, Basel angetreten. Um die Mittagszeit war das problemlos erledigt, ach, einmal musste ich doch die Langfuhre wegen Kraftstoffmangel auf einer Straßeninsel parken, es gab fünf Liter besten Verbrennungsstoff und weiter ging es zur nächsten Tankstelle, übrigens bekommt die Fahrmaschine ausschließlich 98 Oktan Kraftfutter, das reinigt bestens und verbrennt höchst explosiv. In Weil angekommen, haben wir noch etwas gevespert, anschließend die Langfuhre verpackt und den Heimweg nach Iserlohn/ Grürmannsheide gestartet, das waren dann auch noch einmal 520 km bei strömenden Regen. Kaum zu glauben, es waren keine Staus zu verzeichnen und so waren wir wohlbehalten gegen 20:00 Uhr am Ziel.

Die Langfuhre, so bezeichnet Martin Krusche gerne diesen Steyr Puch 700 C, hat während der gefahrenen 1800 km ¾ Liter Motorenöl gefordert, der linke hintere Reifen brauchte 0,8 bar Luft, vermutlich war die unendliche Serpentinen Kurverei der Auslöser.

Wir haben erklärt, gut dass wir uns entschlossen hatten dieses Unternehmen zu starten, der Puch, die Langfuhre, hat bewiesen, wie schon so häufig empfunden, ich kann das, keine Sorge, freue mich auf das nächste Mal. Wir haben tolle Menschen kennengelernt, Adressen ausgetauscht und auch bereit für folgende Touren. Der Copilot ist Sönke Bier, besitzt selbst einen Steyr Puch 650T. (Alle Fotos von Martin Vormann und Sönke Bier)