Konsequenzen#
(Ein Abend im Schloß Retzhof)#
von Martin KruscheIch habe in der buddhistischen Kultur eine sehr anregende Klarheit gefunden, die in einem einzelnen Begriff gebündelt ist: Karma. Das steht keineswegs für „Schicksal“ wie gerne angenommen wird, auch nicht für ein moralisches Konzept und Wertungen. Es steht bloß für Folgerichtigkeit. Sollte ich das Wort Karma in einem Satz auffächern, müßte der so lauten: Alles hat Konsequenzen, nichts ist egal.
Das bräuchte ich den Frauen der #igfem freilich nicht zu erzählen. Deren Engagement wurzelt ja in größter Klarheit darüber, welche Schritte zu welchen Konsequenzen führen und was es andrerseits für Folgen haben kann, eventuell nicht zu handeln, also auf Schritte zu verzichten.
Zur österreichweit wirkenden #igfem, der Gerlinde Hacker vorsteht, gibt es seit einiger Zeit auch eine steirische Sektion. Die #igfem Bezirk Leibnitz wird von Eva Surma geleitet. Was Hacker und Surma mit anderen Frauen teilen, ist diese Mischung aus inhaltlichem Austausch, Arbeit an den schriftstellerischen Kompetenzen und dem Eintritt in öffentlich Diskurse.
Das bedeutet, sich um Publikationen zu bemühen, die Stimmen zu erheben, aufzutreten, verschiedene Medienarten zu nutzen, über die eigenen Angelegenheiten Öffentlichkeit herzustellen. Es geschieht klarerweise mit dem Fokus auf Frauenleben und auf die Bedingungen einer weiblichen Existenz in einer vorherrschenden Männerkultur. Es ist ein gleichermaßen soziokulturelles wie poetisches Engagement.
Ein Schwerpunkt#
Surma hatte heuer zu „Frauen schreiben am Meer 2024“ in das kroatische Mareda eingeladen. Diese Session wurde am 7. September 2024 mit einem Auftritt von Autorin Marlene Streeruwitz im südsteirischen Retzhof akzentuiert.Nach der Streeruwitz-Lesung gab es eine Reihe von Kurzauftritten der Autorinnen des Mareda-Workshops. Wie zu erfahren war, liefen deren Debatten in der Südsteiermark bis weit in den folgenden Tag hinein fort. Gesamt also ein komplexes Beispiel für Wissens- und Kulturarbeit abseits des Landeszentrums.
Damit mag unter anderem deutlich werden, wie wichtig solche gemeinsamen Schritte sind, um das in Wirklichkeit und Wirkung zu bringen, was wir bei einer Demokratie per Deklaration für selbstverständlich halten: öffentlicher Diskurs als ein Grundelement der Res publica.
Wie steht es dabei um die Zugänge zur Öffentlichkeit? Wo kann man sich darin üben, eigene Ansichten öffentlich zu vertreten? Was ist mit jenen, die nicht gehört werden? Das bleiben ständig akute Fragen in einer Republik, die das politische Haus bildet, in dem die Demokratie wohnt. All das bedarf permanente Bemühungen um die Möglichkeiten öffentlicher Diskurse, eben auch in künstlerischer Form.
Daß es die #igfem gibt, ist allein schon der deutliche Beleg für eine Asymmetrie der Zugänge zu öffentlichem Leben. Was das heute für ein Frauenleben bedeutet, muß ich nicht erläutern, das tun Frauen selbst; wie eben durch solchen Vorhaben.
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- Fotos: Martin Krusche