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(Die Allmende in der Konvergenzzone.)
(Die Allmende in der Konvergenzzone.)

Official Bootleg: Allmende#

von Martin Krusche

In den letzten Jahren war auffallend, daß dieser Begriff aus dem Alltagsgebrauch weitgehend verschwunden ist. Während eine Share-Kultur rundum an Boden gewinnt, wissen nur noch wenige Menschen, was das Wort Allmende bedeutet.

Als Künstlerin Steffi Brottrager ihre Arbeit mit diesem Titel im Gleisdorfer Zeit.Raum montierte, war das für mich eine anregende Überraschung. Das Gemeingut im Kontrast zum Privateigentum hat eben nach wie vor wenige aktuelle Beispiele, die den Menschen vertraut wären. Mir ist das Thema zuletzt in einem interessanten Zusammenhang untergekommen.

Die Vierte Industrielle Revolution, in der wir uns heute befinden, erscheint mir in etlichen Belangen gerade erst die Einlösung dessen, was Jeremy Rifkin vor rund einem Jahrzehnt in einer Arbeit über die Dritte Industrielle Revolution als prägnante Merkmale beschrieben hat.

Dazu gehört ein Wechsel vom Besitzen zum Benutzen. In Rifkins Worten: „In einer Welt, in der Zugang Besitz zu verdrängen beginnt und Eigentum in den Händen des Erzeugers bleibt...“, sind wir inzwischen angekommen. Zwei Beispiele. Ich habe schon lange praktische Erfahrungen, daß ich dafür bezahle, taugliche Software benutzen zu können. Aber sie gehört mir nicht. Einen Leihwagen, den ich bei meiner Gemeinde durchaus preiswert buchen kann, teile ich mit vielen Menschen.

Ich vermute, wir sind, wir Rifkin prognostiziert, auf einem zunehmend breiteren Weg des Benutzens statt Besitzen von allen möglichen Gütern. Share Economy ist immerhin seit den 1980er Jahren ein gängiger Begriff. Die Allmende stammt freilich aus der alten agrarischen Welt.

Land Art „Allmende“ von Stefanie Brottrager, Juli 2013. (Foto: Christian Strassegger, Creative Commons, zum Vergrößern anklicken!)
Land Art „Allmende“ von Stefanie Brottrager, Juli 2013. (Foto: Christian Strassegger, Creative Commons, zum Vergrößern anklicken!)

So finde ich Brottragers Anregung in eben diesen Zusammenhängen wichtig, um derlei Zusammenhänge weiterzudenken. Wie viele Gegenstände befanden sich bei uns vor hundert Jahren im individuellen Eigentum der Menschen und wie viele sind es heute? Was wollen wir alles weiterhin haben, wovon vor allem so viele Güter „Made in China“ oder aus anderen fernen Staaten Eurasiens sind?

Also habe ich das auch in unserer neuen Themenleiste festgemacht. „Official Bootleg“ ist ein Teilprojekt von „Amselsturm“, einem Kunstereignis in der Südsteiermark, das Autorin Eva Surma kuratiert. Ich gehe mit Brottrager hie in eine Vernetzungssituation, die im oststeirischen „Zeit.Raum“ festgemacht bleibt.

Wie erwähnt, an dem Thema haben wir länger zu arbeiten. Rifkin ist übrigens in einer anderen Arbeit auf einen der historischen Aspekte eingegangen. Er konstatierte: „Erst in der kapitalistischen Ära begannen die Menschen, sich hinter verschlossene Türen zurückzuziehen.“ Interessant, weil wir ja grade neu zu verhandeln und zu klären haben, was wir zum Beispiel unter öffentlichem Raum verstehen. (Dazu komme ich später noch bezüglich des Gleisdorfer Projektes „Florianiplatz“.)

Stefanie Brottrager in der Konvergenzzone
Stefanie Brottrager in der Konvergenzzone

Rifkin schließlich: „Einhegung und Privatisierung des menschlichen Lebens gingen Hand in Hand mit der Einhegung und Privatisierung der Allmenden.“ Die von mir angenommene Aktualität des Themas hat inzwischen noch ein paar andere Facetten.

Mir scheint, daß die Kommunen schon länger dadurch belastet sind, daß die Menschen hohe Erwartungen haben, die eigene Gemeinde als eine Art Serviceeinrichtung verstehen, während die Tendenz zur Partizipation immer schwächer wird. Partizipation bedeutet ja auch Eigenverantwortung.

Es könnte sein, daß unser Kulturbetrieb heute ebenfalls davon geprägt ist. Da wird recht gerne von einer „freien Szene“ und von Autonomie gesprochen, die doch in sehr vielen Fällen bloß da inszenierbar ist, wo sich jemand mit dem Status eines „staatsnahen Betriebes“ arrangiert hat. Wir müssen reden!