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Krusche im steinzeitlichen Tretauto. (Grafik: Heinz Payer)
Krusche im steinzeitlichen Tretauto. (Grafik: Heinz Payer)

Official Bootleg: Konzepte und Kultgegenstände#

von Martin Krusche

Ich halte für evident, daß ausnahmslos jeder Mensch kulturelle und spirituelle Bedürfnisse hat. Die werden gemäß der jeweiligen Lebensumstände und Erfahrungen gelebt; je nach persönlichem Geschmack individueller oder kollektiver. (Ich gehe davon aus, daß ich die Bedeutung von Ritualen, Routinen und Kultgegenständen hier nicht erklären muß.)

Im Patriarchat konnte eine vorherrschende Männerkultur entwickelt und durchgesetzt werden, die dafür ein sehr stabiles ideologisches Fundament bietet, zugleich auch ein enormes Panorama an Rollenangeboten und Handlungskonzepten.

Vor allem der Faschismus, eine der erfolgreichsten Varianten dieser Männerkultur, ist ohne diese spezielle Vorgeschichte nicht denkbar. Dazu gehört in seiner Genese das Ideal des „soldatischen Mannes“, wie es Klaus Theweleit beschrieben hat. Eine Pose, deren zahlreiche Spielarten bis heute prägende Kraft haben.

Einer der Gründe dieser Erfolgsgeschichte ist die Möglichkeit, quasifaschistische, aber vor allem grundlegend machistische Konzepte für praktisch jedes soziale Milieu zu adaptieren. Dazu gehören, wie vorhin angedeutet, Rituale, Routinen und Kultgegenstände.

Also auch eine reich ausgestattete Requisitenkammer, in der zwei Arten von Objekten herausragende Bedeutung haben. Markante Schußwaffen und vorzugsweise exotische Automobile mit überragender Motorleistung.

Im Waffenarsenal ist das beispielsweise das proletarische Sturmgewehr AK-47 (Kalaschnikow), welches an Prominenz kaum überboten werden kann. Dank Hollywood sind unter den Handfeuerwaffen zum Beispiel die hochpreisige Desert Eagle oder der brachiale Colt Python zu nennen. Allein die dazu gängige Patrone .357 Magnum wirkt so, als könnte sie Schaden anrichten, wenn man sie mit bloßer Hand nach jemandem wirft. Ich nenne diese Knarren wegen ihres Images. Das effiziente Töten geht freilich billiger.

Bei den Automobilen ist nach meiner Einschätzung im proletarischen Fach der Dodge Charger ab der zweiten Generation (1968) kaum zu übertreffen. Im Reich der realen Mythen ist es der Ferrari 250 GTO. Legendenumwoben, astronomisch teuer, wobei kaum je eines der erhaltenen 36 Originale je auf den Markt kommt. (Falls Sie bei einer kommenden Gelegenheit mitbieten möchten, werden rund 30 Millionen Dollar Klimpergeld nicht annähernd genug sein.)

Ich hab zum „Amselsturm“ im südsteirischen Großklein (August 2024) diese beiden Genres herausgestrichen, unter dem Titel „Knarre und Karre“ auf den Untersuchungstisch gewuchtet. Es sind exemplarische Gebiete, wenn man sich fragt, wie und womit sich eine vorherrschende Männerkultur symbolisch ausdrückt. Dabei bin ich für die zentrale Veranstaltung vor allem mit Maler Heinz Payer im Austausch, aber anlaßbezogen auch mit den Frauen am Set.

Zugleich verzweige ich das Thema mit Fotograf Richard Mayr in den Gleisdorfer „Zeit.Raum“ und werde überdies prüfen, welche Themenlinien aus all dem weitergeführt werden sollten. Das betrifft naheliegenderweise Begriffe wie „Helden“ und Begriffsbündel wie „Krieg und Frieden“. Bei diesem Thema ist auch Martin Hochegger im Boot, versiert in einigen Genres, zum Beispiel bezüglich der Strukturen und Konzepte dessen, was wir „rechtes Denken“ nennen.

Der 93er Canopysaurus, die Familienkutsche von Fred Feuerstein.
Der 93er Canopysaurus, die Familienkutsche von Fred Feuerstein.
Dodge Charger: R/T bedeutet Road/Track, also Straße und Rennstrecke.
Dodge Charger: R/T bedeutet Road/Track, also Straße und Rennstrecke.

Ich sehe gute Gründe, augenblicklich das Thema Waffen bei der Arbeit an „Knarre und Karre“ auf visueller Ebene äußerst zurückhaltend mitzunehmen. Aber auch beim Aspekt der Karre setze ich zum Teil auf eine ironische Brechung.

Etwa, indem ich als mein Hauptmotiv ein Objet trouve verwende. Das Foto zeigt einen Hot Rod, den Norbert Gall in Schweden fotografiert hat. Es war in genau dieser Rahmung Teil einer Episode im „Zeit.Raum“. Und zwar „Episode XXX: Customizing“, publiziert am 11. August 2023.

Der Karren mit den Knarren (von links): Martin Hochegger, Martin Krusche und Heinz Payer by Payer.
Der Karren mit den Knarren (von links): Martin Hochegger, Martin Krusche und Heinz Payer by Payer.

Während die Rahmen gewöhnlich gleich weiterverwendet, also mit nächsten Motiven anschließender Episoden versehen werden, blieb dieses Objekt im Depot unberührt. Paßt mir nun sehr gut. Dazu kommt, daß mich Heinz Payer per Grafik in ein Cavemobile gepackt hat. In den 93er Canopysaurus der Firma Wacky Inventions, so die genauere Bezeichnung des Steinzeit-Wagens aus der Filmserie „The Flintstones“. (Den hab ich natürlich in meiner Miniaturensammlung zur Automobilgeschichte.)

Dann wäre da noch das Thema „Frauen und Autos“. Aber das werde ich hier vorerst nicht vertiefen. (Könnte später ein Schwerpunkt werden.) Ich begnüge mich augenblicklich mit einem Querverweis auf den Musiker Ry Cooder. Der hat diesem Thema einen Song gewidmet, darin heißt es: „Every woman I know is crazy 'bout an automobile / And here I am standing with nothing but a rubber heel.“ Das erläutert Cooder folgendermaßen: „They say, walking women home is a thing of the past / Women want to ride and ride around in class / Some like Cadillacs, boys, some like Fords / Some like anything as long as it rolls.“