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Pianistin Thais Bernarda Bauer.
Pianistin Thais Bernarda Bauer.

Official Bootleg: Konvergenzen#

von Martin Krusche

Was ich aktuell mit Musikerin Thais Bauer und Fotograf Richard Mayr an Optionen einer künstlerischen Zusammenarbeit erörtert habe, basiert auf einer kleinen Vorgeschichte. Die stand unter dem Zeichen des Akkords, um mit diesem Satz eröffnet zu werden : „Jede Reise beginnt mit einer Erinnerung.“

Der Akkord ist das gemeinsame Wirken verschiedener Klänge. In unserem Fall sind das sogar verschiedene Genres. Bauer ist als Pianistin auch Komponistin. Mayr ist Fotograf. Ich bin ein Homme de lettres.

Wenn folglich eines das andere nicht untermalen, begleiten soll, sondern die verschiedenen Codes ineinander wirken mögen, verlangt das Arbeit an einem solchen Ensemble. (Wenn ich jetzt schon wüßte, wie sich das ereignen soll, müßten wird uns diese Arbeit nicht angehen.)

Wir hatten uns für vergangenen Juni so ein Ereignis vorgenommen. Doch künstlerische Lösungen sind nicht geeignet, daß man an ihnen zerrt. Es braucht eben mehr Zeit. Ich nannte es: Das Konvergieren. (Stichwort „ Raw Book“!)

Dazu notierte ich voriges Jahr: „Drei Genres, drei künstlerische Codes, ergo drei verschiedene Erzählweisen. Wie läßt sich das zu einer gemeinsamen Erzählung verknüpfen?“

Da müssen verschiedene Welten in Verbindung kommen. Genauer: Lebenswelten. Ich könnte als Autor ein Leben wie das des Peter Kien in Canettis Roman „Die Blendung“ führen. In einer Bibliothek zuhause, bei noblem Abstand zur Welt.

Mayr hat über Jahrzehnte immer wieder die Welt erkundet, auch die Wildnis in manchen Zonen, wo einem keineswegs garantiert ist, daß man wieder heil herauskommt. Meine Wildnis jenseits der Bibliothek waren die Motorräder, weshalb inzwischen die Hälfte meines Oberkörpers Chirurgenarbeit ist.

Richard Mayr und Thais Bauer.
Richard Mayr und Thais Bauer.

Bauer liefert sich auf ganz andere Art ihren Kräftespielen aus. So erwähnte sie etwa, daß sie bei einem Sturz mit dem Fahrrad ihre Hände wegstreckt, statt sich damit zu schützen. Für eine Pianistin hat das Vorrang. Der übrige Leib muß dafür einstehen.

Ich erzähle diese biografischen Details, weil mir scheint, das vertieft bei uns den Eindruck der Beheimatung in ganz verschiedenen kulturellen Nischen und Lebenswelten. Text als maximale Abstraktion, die bloß noch von Mathematik verschärft werden könnte. Visuelle Codes, die wirksam werden, weil Sie und ich vor Ort keinesfalls das sehen könnten, was Mayr am anderen Ende der Geschichte an Fotografien vorlegt.

Bauer in diesem rätselhaften Universum der Klänge, wo Rationalität und Emotionen sich verbinden, wo aber auch die Leiblichkeit eine so große Rolle spielt; etwa Technik, wie sie über die Hände das Instrument erklingen läßt. Das Physische und das Psychische müssen da strikt miteinander wirksam werden.

Eine grundlegend andere Verfahrensweise als meine, mit der ich als Autor jede beliebige Distanz zur Welt einnehmen kann. Wie auch immer, da ich derzeit mit Richard Mayr gerade erst nächste Linien aus dem „Official Bootleg“ abzuleiten beginne, ist das ein guter Anlaß, unseren Akkord weiterzudenken...