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Die alte Gleisdorfer Poststation im Zentrum der Stadt.
Die alte Gleisdorfer Poststation im Zentrum der Stadt.

Der milde Leviathan: Routen#

(Landkarten der Bedeutung)#

Von Martin Krusche#

„Häufige Klagen der Reisenden über schlechte Beförderung der Poststationen, über ungebührliche Forderungen und unhöfliches Betragen der Postmeister, über die Ungeschliffenheit der Postknechte, setzen das Gubernium in die Nothwendigkeit zu verordnen:…“ (Von Franz Graf von Saurau, Peter Graf von Goess und Joseph Edler von Mosmüller im Jahr 1808 kundgetan.)

Verkehrsmittel, Transportwege, Kommunikationslinien. Österreich hat Anfang der 1960er Jahre eine weitreichende Volksmotorisierung erlebt. Individuelle Mobilität stützt sich vorerst noch auf den persönlichen Privatbesitz von Kraftfahrzeugen. (Das hat eine Massenbasis.) Wir waren daher flott vor Ort.

Von Gleisdorf nach Neudau führt der Weg über Sinabelkirchen und Ilz bis Bad Waltersdorf, wo nach Osten in Richtung Neudau abzubiegen ist. Das bedeutet, diese Route verläuft ein gutes Stück entlang einer ehemaligen Reichsstraße, der alten Ungarnstraße. Sie verband einst Graz mit dem ungarischen Ort Ofen, welcher heute Teil der Hauptstadt Budapest ist.

Die Strata hungarica war ursprünglich eine Handelsweg von Graz in den pannonischen Raum. Gleisdorf hatte ab 1701 eine Poststation. Rund um 1800 wurden im Land regelmäßig verkehrende Postwagen eingeführt. Die Gleisdorfer Poststation von 1805 existiert mit ihren Stallungen nach wie vor. (Wesentliche Teile wurden in privater Initiative restauriert.)

Einer der restaurierten Trakte.
Einer der restaurierten Trakte.

Die Ungarnstraße berührt in Graz Reste der alten Post- und Kommerzstraße, wie sie in den aktuellen Straßennamen „Alte Poststraße“ und „Triesterstraße“ noch präsent ist. Kaiser Karl VI., Vater von Maria Theresia, hatte diese „Kaiserstraße“ als Verbindung zwischen dem imperialen Zentrum Wien und dem Hafen von Triest anlegen lassen.

Ich werde in der Folge ein paar Markierungen setzen, Ihnen Beispiele zeigen, wie in einem Koordinatensystem solcher Verbindungen Betriebe entstanden, die jenen Umbruch von der agrarischen Welt zur Industriemoderne bewegt und mitgetragen haben. Das sind nicht bloß große Formationen wie Borckenstein, die Textilfabrik in Neudau, oder die Puchwerke in Graz (heute Magna Steyr).

Darunter finden sich auch kleine Einrichtungen, wie die Werkstatt des „Radelmacher Janisch“ in Ilz oder das Nestelbacher Haus, in dem Sigi Graf einst die Produktion von Fahrzeugen der Marke Graf Carello begonnen hat.

Die veränderten Modi der Raumüberwindung, die Mechanisierung der Landwirtschaft, die Volksmotorisierung, das Herauslösen der Oststeiermark aus dem kargen Leben, wie es im Überhang jener kleinen Selbstversorgerwirtschaften begründet lag, all das ist eng mit den zweihundert Jahren permanenter technischer Revolution verbunden.

Ich halte es für lohnend, die Spange Graz-Gleisdorf-Neudau in dieser Hinsicht bezüglich sozial- und kulturgeschichtlicher Momente zu betrachten. Dazu werde ich einige konkrete Beispiele zeigen.