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Kontraste der Zuversicht#

(Eine kulturpolitische Debatte IV)#

Von Martin Krusche#

Ich hab meine Notizen zur „Fürstenfeld-Session“ nun abzuschließen, damit ein nächster Schritt möglich wird. Er wird sich als eine Debatte im Stammhaus der Gleisdorfer Feistritzwerke ereignen, wo derzeit ein kultureller Akzent gesetzt ist, der über die Jahreswende nach 2023 hinüberführt.

Ich sollte betonen, daß diese meine Notizen gesamt vor allem meine eigene kulturpolitische Position illustrieren, welche bloß eine von mehreren möglichen ist. Ich hoffe, wir werden in der weiterführenden Debatte ausreichende Kontraste sichtbar machen können und dabei auch in der Lage sein, Differenz als etwas Unverzichtbares zu verstehen, Dissens als Anregung zu nutzen.

Ich wurde gefragt, weshalb ich in diesem Prozeß derzeit nicht für eine öffentliche Form eintrete, etwa eine Podiumsdiskussion. Ich halte absolut nichts davon, in Unschärfe dessen, was man vorhat, die Formate zu verwechseln und ein Publikum zu suchen. Die Arbeit an Klärungen, an Erkenntnisgewinn, ist nichts für die Bühne. Liegen dann aber Ergebnisse vor, kann man die Bühne betreten oder größere Panels einrichten. Der kulturpolitische Diskurs ist kein Show Act! Vorhandene Positionen zu präsentieren ist an anderer Teil der Arbeit.

Die Sache mit der Provinz#

Ich habe über die Jahre immer wieder betont: Provinz muß nicht „provinziell“ bedeutet. Wir müssen am Denkschema Zentrum/Provinz arbeiten, um inhaltlich voranzukommen. Hier geistert immer noch ein Versatzstück aus dem 19. Jahrhundert durch unsere Köpfe. (Es ist mir rätselhaft, warum wir dafür heute, im 21. Jahrhundert, noch keine andere Sprachregelung kennen.)

Die 2022er „Fürstenfeld-Session“ war ein Arbeitsgespräch, das ich mit zwei versierten Politikern weit abseits des Landeszentrums geführt hab: Gleisdorfs Kulturreferent Karl Bauer und Landespolitiker Franz Majcen. Wir wurden uns einig, daß es eine Art Regelbetrieb gibt, an dem nicht gerüttelt werden kann. In diesem Teil des Kulturgeschehens ereignet sich, was eine Reihe lokaler Mehrheiten als Art des Betriebs bevorzugt. Das ist legitim und kann vor allem mit diskursiven Mitteln nicht erschüttert werden.

Ich habe daher vorgeschlagen, eine komplementäre Anordnung zu beachten. Dabei ist der kulturelle Regelbetrieb das hauptsächliche Ereignisfeld, dem auch am ehesten politischer Rückhalt und adäquate Budgets zugeordnet werden. Doch was vorher schon da war und ein tradiertes Feld kultureller Kräftespiele ist, sehe ich in den Archiven unserer Kultur aktuell völlig unterschätzt. Hier ruht ein inhaltlicher Schatz wie ein Eisberg; wir sehen meist nur die Spitze, unterschätzen das Gewicht.

Außerdem besteht für mich der stärkere Bezug zur Grundlagenarbeit als einem weiteren Fundament der regionalen Wissens- und Kulturarbeit, die Kunstpraxis eingeschlossen. Ich sehe also dieser drei Bereiche komplementär zueinander angeordnet und so im Fokus unserer Überlegungen:

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  • 1) Grundlagenarbeit
  • 2) kultureller Regelbetrieb
  • 3) Archive (Artefakte und Dokumente)

Falls man die Bereiche 1) und 2) zu lange schwächt oder letztlich gar verwirft, bricht der Regelbetrieb beizeiten völlig zusammen. Es wäre jene Stagnation erreicht, in die dann diverse Managements und PR-Einrichtungen reinmarschieren, um die Budgets abzuholen.

Wir sind längst in einer Situation, da Kunst und Kultur an vielen Orten zu Mägden des Marketings herabgewürdigt wurden. In diesem Modus ist der enorme Umbruch, den wir erleben, keinesfalls zu bewältigen. Wir sind teilweise mit einer Bürokratie konfrontiert, die ein reges geistiges Leben auf der Höhe der Zeit simuliert, um die verfügbaren Budgets zu kapern.

Ich denke, genau das ist zugleich genuiner Teil des Regelbetriebs und eine vermutlich legitime Version, das geistige Leben eines Gemeinwesens in eher flachen Gewässern zu halten. Kann man machen. Wenn die primären Kräfte keine Einwände vorbringen, läuft das. Auch deshalb bevorzuge ich eine komplementäre Anordnung, die den Regelbetrieb erst einmal als das akzeptiert, was er ist. Bereiche wie Grundlagenarbeit und Archivpflege finden ohnehin trotzdem statt. Die Anordnung dieser Genres zueinander muß bloß in der politischen Debatte klar adressiert werden.

Um diese kleine Notizenreihe abzuschließen, mache ich meine Position noch ein wenig deutlicher und hoffe, in Folgeschritten werden auch andere Positionen detaillierter erkennbar werden. Ich mag Drei-Wort-Ensembles, um einen bestimmten Themenschwerpunkt zu markieren und mein Arbeitsfeld darzustellen, auch abzustecken. Meine aktuelle Sammlung zur laufenden Arbeit ist folgendermaßen gewichtet:

  • Volkskultur, Popkultur, Gegenwartskunst
  • Kunst, Wirtschaft, Wissenschaft
  • Staat, Markt, Zivilgesellschaft
  • Welt, Wildnis, Kunst
Das muß im Augenblick nicht näher erläutert werden. Ich hoffe auf einen Diskussionsprozeß, in dem ich mich mit diesen Schwerpunkten einreihen kann; als eine Variante unter anderen. (Vorlauf: Teil III)