Der Streamliner#
(Vom Porsche Typ 64 und einigen Zusammenhängen)#
von Martin Krusche#
Ich hatte mir vielleicht einige Zeit zu sehr einen Tunnelblick erlaubt und meine Konzentration auf kommende Dinge ziemlich knapp gefaßt. Dann fragte Lisl Mesicek, Grande Dame der österreichischen Klassiker-Szene, bei mir nach, wo ich denn stecken würde. Also raus aus der Höhle. Der spezielle Anlaß war elektrisierend und Fotograf Richard Mayr schien auch gelaunt nachzusehen, was wir in Wiener Neustadt vorfinden würden. Also verabredeten wir uns mit Heinz und Lisl Mesicek, die ihre Sammlerkontakte eingesetzt hatten, damit sich 60 Jahre Porsche 911 adäquat darstellen ließen.
Dazu drei wunderschöne 356er, deren Versionen A, B und C, wenn sie so nebeneinander stehen, gut erkennen lassen, wie Ferdinand Porsche und Erwin Komenda das Thema in Nuancen entwickelt haben. Die Sonderausstellung in Familie Fehrs Oldtimer Museum hat jedoch ein besonderes Leitfossil.
Der vollwertige Streamliner wurde 1939 erstmals vorgestellt, also wenige Jahre nachdem sich in Europa und Amerika die Stromlinie gleichermaßen durchsetzte; erst als technisches Anliegen, später auch als kultureller Code. Die Porsche-Konstruktion sollte damals bei der Fernfahrt Berlin-Rom eingesetzt werden.
Gut, mit einem Original aus jener Zeit war nicht zu rechnen, denn allein der Sondertransport für so ein Meilensteinchen würde Kosten verschlingen, die mit den Eintrittsgeldern einer Ausstellung unmöglich zu erwirtschaften sind; von der nötigen Versicherungssumme und angemessenen Sicherheitsmaßnahmen am Ausstellungsort ganz zu schweigen. Von welcher Dimension ist da die Rede? Sotheby's bot im August 2019 einen 1939er Porsche Type 64 als Lot 362 an (Chassis No. 38/41, Motor No. 38/43). Es hieß, man müsse 19 bis 22 Millionen (!) Dollar mitbringen, wenn man den Streamliner haben möchte. (Der Porsche wurde damals nicht verkauft.)
Aber Lisl sagte mir, bei Fehr stünde der einzige autorisierte Nachbau dieser Type 64. Und zwar von sehr prominenter Stelle aus realisiert. Rennfahrer Otto Mathé hatte einen besessen. Wolfgang M. Buchta notierte im Magazin Austro-Classic: „Nach Mathés Tod erwarb Dr. Thomas Gruber das Fahrzeug, der es 1998 von dem Porschespezialisten Michael Barbach restaurieren und wieder in den Urzustand versetzen ließ.“ (Im Jahr 2008 verkaufte er den Wagen an die Schörghofer Gruppe.) Buchta lieferte eine penible Beschreibung des Prozesses, mit dem sich Barbach dann aufgrund seiner Recherche und Erfahrungen um eine möglichst authentische Replik bemühte. (Eine spannende Lektüre!)
Ich wußte, daß ich diesen Streamliner im Maßstab 1:87 irgendwo habe, mußte eine Weile suchen, um ihn auszugraben. BUB hatte ihn 2011 als Edition mit limitierter Auflage herausgebracht. Das sind dann so kindliche Vergnügungen, auf die ich nicht verzichten kann, etwa die Miniatur gemeinsam mit dem Großen zu zeigen. Außerdem hat es einen Aspekt, dem ich bisher noch nicht auf den Grund gegangen bin. Dieser Wunsch festzuhalten: Ich war dort. Vermutlich helfen einem derlei Markierungen dabei, ein Leben zu strukturieren. Und sie helfen einem zu erinnern... (Und HIER zwei Fotos von Richard Mayr.)
- 60 Jahre Porsche 911 (Notizen zu einer Sonderschau)
- Funkenflug (Eine Erkundung) | Das Register
- Fotos: Martin Krusche & Richard Mayr
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