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Ein Blatt aus „Deutliche Anweisung zur Feuerwerkerey, etc“ von J. C. Stövesandt (1757)
Ein Blatt aus „Deutliche Anweisung zur Feuerwerkerey, etc“ von J. C. Stövesandt (1757)

Episode 47: Neujahrs-Flammen#

(Böller und Raketen)#

Von Martin Krusche#

Brauchtum hat etwas mit dem Jahreslauf zu tun. Die Redensart „alle heiligen Zeiten“ weist darauf hin, daß religiöse Feiertage eine Art waren, das Jahr zu strukturieren. In vorindustriellen Zeiten gab es keine Arbeitszeit- und Urlaubsregelungen, wie wir sie heute kennen. Durch religiöses Brauchtum konnte man aber kurz von der Arbeit freigestellt sein.

Eines dieser Beispiele das Jahr zu strukturieren ist das Kirchenjahr. Es beginnt mit dem ersten Sonntag im Advent. Wir rechnen heute im Alltag freilich anders. Meines Wissens wurde der erste Jänner von Julius Caesar 46 vor Christus als Jahresbeginn festgelegt. Das ist für uns seit 1582 mit dem gregorianische Kalender so festgeschrieben, war demnach vor einigen tagen der Fall.

Das bedeutet: es kracht. Je nach Gegend mehr oder weniger heftig. Und meist von einigen Zeitungsmeldungen gefolgt, die uns etwas über Verletzte erzählen, die ihren Leichtsinn im Umgang mit Pyrotechnik körperlich gebüßt haben.

Markierungen#

Der Weihnachtsabend ist also verklungen, inzwischen auch Silvester. Nun steht noch das Kommen der Weisen aus dem Morgenland an. Wir werden die Krippe im „Zeit.Raum“ noch bis nahe an Maria Lichtmeß stehen lassen und mit einigen weiteren Szenen bespielen. Dieser Termin, der 2. Februar, war in der alten agrarischen Welt jenes Datum, an dem die Dienstboten, die Mägde und Knechte, ihre Dienstverhältnisse neu verhandelt haben.

Im religiösen Zusammenhang ist es der vierzigste Tag der Weihnachtszeit. Spätestens dann, so heißt es, müsse der Christbaumschmuck weggepackt werden. Diese zweite Februar ist 2025 ein Sonntag. Das paßt gut zum Zeitschema der Episoden im „Zeit.Raum“.

Das letzte, südliche Eck vom Gleisdorfer Föorianiplatz.
Das letzte, südliche Eck vom Gleisdorfer Föorianiplatz.

Böllerschüsse und Feuerwerk#

Dies Lärmen in den ersten Nachtstunden des jungen Jahres ist Teil unseres Brauchtums und zugleich Gegenstand energischer Einwände. Wir lassen stets mit Schlag Mitternacht den 31. Dezember hinter uns, sind dann in einem neuen Jahr angekommen. Da erklingen Glocken und je nach Gegend entfalten sich am Himmel Feuerwerke, donnern am Boden Böllerschüsse.

Unter uns sind Menschen, die bitten und appellieren, das möge unterlassen werden. Sie fordern einen Verzicht auf dieses Brauchtum, denn für Tiere ist es äußerst ängstigend. Andere argumentieren moralisch und erklären die Verwerflichkeit, auf solche Art Geld zu verbrennen; sinnlos, wie sie meinen.

Was da an Konfliktstoff bereitliegt, könnte gewiß leichter eingegrenzt werden, wenn nicht schon in den Tagen vor Silvester zahlreiche Hitzköpfe mit minderer Impulskontrolle Böller und Leuchtraketen abfeuern würden. Das Krachschlagen ist für manche Menschen eben ein erhebliches Vergnügen, wofür sehr viel Geld locker gemacht wird.

Volkskulturelle Phänomene sind eben nur begrenzt verwaltbar und und diesem Fall durch gesetzliche Regelungen in Bahnen gelenkt. Aber warum so eine große Welle? Einer der alten Brauchtumsgründe liegt in der Tradition, Dämonen mit großem Lärm zu verjagen. Das magische Denken ist aus unserer Gesellschaft ja nie verschwunden.

Ein Technologiesprung brachte derlei Bräuchen seinerzeit neue Medien. Bei uns wird die Erfindung des Schießpulvers dem Mönch Berthold Schwarz zugeschrieben. Der soll im 14. Jahrhundert draufgekommen sein, was man dazu wie mischen muß.

Für China belegen Quellen, daß man pyrotechnische Mischungen dort schon in der Mitte des 11. Jahrhunderts kannte, unter anderem militärische nutzte. Und natürlich zu festlichen Anlässen.

Im westlichen Europa war das lange zeit eine Domäne des Adels. Die breite Bevölkerung konnte sich sowas nicht leisten. Arabische Händler sollen Pyrotechnisches im 14. Jahrhundert nach Europa gebracht haben. Das wurde dann etwa zu Attraktionen bei höfischen Festen.

Inzwischen wurde das, wie man sieht und hört, umfassend demokratisiert. Derlei Übergangs-Brauchtum fand ich dann auch unter meinem Küchenfenster. Immerhin spektakuläre Startsequenzen, auch wenn dann der dichte Nebel den Großteil der Entfaltung des Feuers schluckte.