Episode 49: Das Fenster#
(Exponierte Positionen)#
Von Martin Krusche#
Nun können Sie vier Wochen lang erste Objekte zu unserem Projekt Mythos Puch X im Zeit.Raum sehen. Im Nachdenken über die 50 Jahre des Puch G auf seinem Weg zur G-Klasse sehe ich mir die gesamte Automobilgeschichte an.
Da schlägt ein Thema aus dem Hintergrund stellenweise durch: Produktionsdauer und Produktionszahlen. Wie haben Massenproduktion und Massenkonsum zusammengefunden? Da geht es nicht nur um Stückzahlen und gefällige Preise, sondern auch um Vertriebs- und Servicenetze. (Dieses Thema gestaltet sich bestimmt noch sehr interessant, wo chinesische Autos auf europäische Märkte geschoben werden.)
Das Exempel#
Als der KdF-Wagen von 1938 dann im Jahr 1945 zivil wurde, lief ab 1946 der VW Typ 1 („Käfer“) erst einmal als Typ 11 („Brezelkäfer“) vom Band. Der Bestseller brachte es bis 1981 auf 20 Millionen gebaute Einheiten; allerdings nur noch in einem Werk in Mexiko. Das ging so bis 2003. Mit dem 21.529.464ten Käfer war dann diese Geschichte zu Ende. Ich finde die Käfer-Story spannend, weil sich ein im Grunde bald veraltetes Automobilkonzept als Millionen-Seller bewährt hat.Zum Vergleich, beim Fiat Nuova 500 und dem Puch-Schammerl, beide mit Heckmotoren und Heckantrieb, war gleichermaßen 1975 Schluß. Der Mini mit Frontmotor und Fronantrieb wurde 1959–2000 gebaut. (Gibt es heute außer etlichen Porsches noch Autos mit Heckmotoren?)
Ab 1946 kam also die zivile Käfer-Version auf rund 57 Jahre Produktionszeitraum. Es sieht so aus, als könnte die G-Klasse in ihren Varianten auch auf so ein Laufzeit kommen, freilich nicht auf solche Stückzahlen. (Klar, der G-Wagon rollt in einer anderen Preiskategorie.)
Kulturelle Fragen#
Das ist in Summe auch eine kulturell prägende Geschichte, die verständlich werden sollte, wo wir gerade so vielschichtige Umbrüche erleben. Was Volksmotorisierung ist, verändert sich derzeit radikal. Was Benzin-, Diesel- oder Elektromotoren nun an Rang haben, ist Gegenstand hitziger Debatten. Chip-Technik und EDV-Assistenz machen enorme Entwicklungssprünge.Das Verhältnis von Mechanik zu Elektronik verschiebt sich in den Fahrzeugen grundlegend. Diese Aspekte und noch viele weitere Details verändern das Automobil auch als Generalfetisch unserer Kultur. Wir haben in diesen Zusammenhängen daher auch über Kulturgeschichte zu reden.