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Streamliner: Karl Jenschkes Steyr 50, genannt „Baby“.
Streamliner: Karl Jenschkes Steyr 50, genannt „Baby“.

Episode 57: Dreisprung im Design#

(Streamliner, Ponton und Keil)#

Von Martin Krusche#

In Sachen Automobildesign ist vieles, was wir heute auf den Straßen sehen, sehr wesentlich von der Stromlinie hergeleitet. Die hatte ihre großes Erscheinen in Amerika wie in Europa Anfang der 1930er Jahre. Das zeigte sich dann freilich auch generell im Industriedesign, sogar in der Architektur.

Die Stromlinie der Automobile war von der Tropfenform hergeleitet und mit dem Tragflächenprofil von Flugzeugen verwandt. Es ging darum, den Luftwiderstand zu reduzieren, um einen der Energiefresser am Auto zu bändigen. (Bleiben ohnehin noch der Antriebsstrang und der Rollwiderstand von Reifen, durch die Vortriebskraft gemindert wird.)

Ein erster eindrucksvoller Streamliner aus österreichischer Produktion kam 1936 auf den Markt. Der Steyr 50, eine Konstruktion von Karl Jenschke, die den Spitznamen „Steyr Baby“ erhielt. (Ein Fahrzeug der Steyr-Daimler-Puch A.G. mit einem Vierzylinder-Boxermotor.)

Zu jener Zeit rollten noch sehr viele Autos auf Leiterrahmen mit aufgesetzten Karosserien. Die selbsttragenden Karosserien setzten sich erst nach dem Zweiten Weltkrieg allgemein durch. Darunter sehr markant die Ponton-Karosserie. Sie ist gegenüber den Klassikern auffallend geglättet. Also keine ausgestellten Kotflügel, keine aufgesetzten Scheinwerfer, keine hoch aufragende Motorhaube. (Stets: von Ausnahmen abgesehen.) Der Citroen 2 CV („Ente“) war dagegen noch in der alten Formensprache gehalten. Der VW-Käfer, ebenfalls ein Streamliner nach Entwürfen des Aerodynamikers Erwin Komenda, behielt die ausgestellten Kotflügel auch.

Vorne das erste Baumuster des Steyr-Puch 500: Streamliner. Dahinter ein Rolls Royce Silver Shadow: Ponton.
Vorne das erste Baumuster des Steyr-Puch 500: Streamliner. Dahinter ein Rolls Royce Silver Shadow: Ponton.
Ponton, Mercedes-Benz 190: Aus der selbsttragenden Karosserie treten Kotflügel nur noch moderat hervor.
Ponton, Mercedes-Benz 190: Aus der selbsttragenden Karosserie treten Kotflügel nur noch moderat hervor.

Das Grazer Puch-Schammerl mit seinen Karosserieblechen vom Fiat Nuova 500 ist, ein Streamliner, wie schon der 600er davor. Für die Pontonform im Three Box-Design einer Stufenheck-Limousine waren die beiden einfach zu klein. Anfang der 1970er Jahre machte dann die Keilform auf breiter Linie Furore. Giorgetto Giugiaro war ein Meister dieser Linienführung, der über VW Passat und Golf dem Keil zu erheblicher Breite verhalf.

Scharf geschnittener Keil aus Frankreich: Renault R16.
Scharf geschnittener Keil aus Frankreich: Renault R16.
Prominenter Keil der frühen Jahre: NSU Ro 80.
Prominenter Keil der frühen Jahre: NSU Ro 80.
Wie oft hatte ich gelesen, der NSU Ro 80 (Produktionsstart 1967) sei in diesem Genre der erste Klassiker, der „Proto-Keil“. Da hat wohl jemand den Renault R16 übersehen (Produktionsstart 1965). Das Ro 80-Design von Claus Luthe ist wohlgerundet, zeigt nicht die harte Klarheit des R16-Designs von Gaston Juchet.

Giorgetto Giugiaro kam mit seinem Team bald darauf zum Zug. Der Volkswagen Passat B1 erschien im Frühjahr 1973, der VW Golf I im Frühjahr 1974. Die Keilform fand auf den Straßen Europas enorme Verbreitung. Siehe dazu auch ergänzend: Eine Frage der Form (Überlegungen zum Thema Design)!