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Episode IX: Signalsysteme#

(Die Lichter, die Kreuze, die komplexeren Codes)#

Von Martin Krusche#

Wir kommunizieren miteinander über komplexe Zeichensysteme. Welche Kleidung wir tragen (Dresscode), welche Haartracht wir bevorzugen, Schmuck oder auch nicht, Accessoires, welche Autos wir fahren (Industriedesign), Architektur, die hübschen Haustüren, Garten-Deko… Aber auch mit allerhand Signalvorrichtungen teilen wir einander ständig etwas mit. Ich greife hier zum Thema „Die Ehre des Handwerks“ zwei sehr grundsätzliche Motive heraus, Lichter und Kreuze. (Mit einer kleinen Schnittstelle zu den Postämtern.)

Kreuze#

Mein Vater erzählte mir aus seinen Tagen in einem Bewährungsbataillon („Strafkompanie“): „Wer zu sehr auf ein Eisernes Kreuz aus war, hat leicht ein Birkenkreuz bekommen.“ Das eine die Auszeichnung für besondere Leistungen im Kampf, das andere eine Markierung für das Grab eines Gefallenen.

Zwei Birkenäste von verschiedener Länge, als Kreuzstamm und Kreuzbalken grob zugerichtet, zu einem Kreuz gebunden, das bedarf keiner handwerklichen Kompetenzen. Das kommt an die Stelle, wo der Tote verscharrt liegt. (Rußland und seine Birkenwälder!) Eine „Signalanlage“, ähnlich einem niedrigen Zaun, den man leicht übersteigen könnte.

Keine materielle Barriere, eine Mitteilung. Die Botschaft lautet primär, daß ein Betreten dieses Fleckens unerwünscht ist. Man darf damit rechnen, daß dieses Statement auch kulturübergreifend verstanden und respektiert wird.

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Ferner zeige ich im „Zeit.Raum“ die nächste Entwicklungsstufe: eines der rohen Kreuze, die als Markierung auf ein Grab kommen, das sein eigentliches Grabmal erst später erhält, wenn sich die Erde gesetzt hat. (Das zugespitzte Ende des Kreuzstammes verrät den Zweck.) Genau so kann es aus einer kleinen Tischlerei kommen, wie ich sie etwa beim Leibnitzer Beerdigungsunternehmen Kada gesehen hab. (Das erste Foto im folgenden Dreier-Set.) Da ist also noch eine deutliche Handwerkskomponente im Spiel, die auf Kleinserien angewandt wird.

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Das andere Kreuz, formal ganz ähnlich gehalten, etwas kleiner, da es ja nicht in die Erde gerammt werden muß, glatt gehobelt, lasiert, ist als Markierung eines speziellen Innenraums gedacht und kommt vermutlich aus maschineller Serienfertigung. Es ist in dieser Größe ein besonderes Statement, nicht für Wohnzimmer gemacht. In privaten Räumen wird es meist ein deutlich kleineres Kruzifix aus der Massenfertigung sein. So eines, dessen Produktionsort ich nicht kenne, ist dabei. Von diesem Serienprodukt weiß ich allerdings, welche prominente Station es durchlaufen hat.

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Es wurde mir aus dem Wallfahrtsort Medjugorje mitgebracht, von wo auch eine der Kerzen im Set stammt. In diesem Gebiet auf dem Territorium der vormals osmanischen Provinz Hercegovina soll es Marienerscheinungen gegeben haben. (Heute ist das ein Teil Bosnien-Herzegowina, nicht weit von Mostar.)

Lichter als Zeichen#

Nun aber Lichter als Zeichen, ein weit älteres Signalsystem. In der Form von Kerzen sind die Lichter in unserer Kultur auf vielfache Art kodifiziert. Häufig im Zusammenhang mit Totengedenken, wenn auch zum Beispiel über den Adventkranz und am Weihnachtsbaum vitalen Erzählungen gewidmet.
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Sie sollen uns Licht und Wärme spenden, sind aber ebenso mit etlichen anderen Inhalten befrachtet. Ein Bogen zwischen dem Symbolischen und dem Praktischen. Es gibt zum Beispiel Anleitungen für Menschen, denen die Mittel zum herkömmlichen Heizen fehlen, wie man aus Teelichtern und Blumentöpfen eine wirksame Wärmequelle baut.

Ich zeige hier ein handgefertigtes Unikat aus Bienenwachs und Docht (Made by Aaron & Finn). Daneben eine windgeschützte Massenware, die zum Kreuz aus Medjugorje in meinen Besitz kam.

Schließlich der etwas absurde Technologiesprung, eine elektrische Kerze, deren Leuchtkörper einer Flamme nachgebildet wurde. Im Kontrast dazu das herkömmliche Teelicht. (Rechts im vorigen Dreier-Set.)

Weiterführend#

Ich habe diese anderen Aspekte teilweise schon in „Koordinaten“ (Eine Landkarte der Bedeutungen) angerissen und nehme diese aktuelle Episode im „Zeit.Raum“ zum Anlaß, dazu ein paar spezielle Punkte herauszuarbeiten. Also: Fortsetzung folgt!
  • Alle Fotos: Martin Krusche

Eine bedeutende Schnittstelle: die Gleisdorfer Poststation an der alten Ungarnstraße (Graz-Ofen) als eine Relaisstation für Kommunikation und Transport, eine Plattform für weiterführende Zeichensysteme.
Eine bedeutende Schnittstelle: die Gleisdorfer Poststation an der alten Ungarnstraße (Graz-Ofen) als eine Relaisstation für Kommunikation und Transport, eine Plattform für weiterführende Zeichensysteme.