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Die Baby Brownie von Kodak.
Die Baby Brownie von Kodak.

Massive Verschiebungen#

(Mechanik, Elektronik, Digitales)#

von Martin Krusche

Mein aktuelles Mobiltelefon hat dazu geführt, daß ich meine Kompaktkamera nicht mehr mit mir herumtrage. Das Telefon liefert für meine Zwecke eine völlig hinreichende Fotoqualität. Die Betonung liegt auf „meine Zwecke“, da ich rein dokumentarisch arbeite und vor allem für das Medium Internet.

Aus meine Zusammenarbeit mit Richard Mayr ist mir deutlich vor Augen, was den Unterschied ausmacht, wegen dem ich ihn als Fotograf bezeichne, mich selbst nicht. Neben den ästhetischen Qualitäten handelt das von tauglicher Ausrüstung, versiertem Handwerk und den nötigen Kompetenzen bei der Bildbearbeitung nach dem Fotografieren.

Das ist ein anders Feld als meines. Dort spielt mechanische Physik noch eine erhebliche Rolle, wie Mayrs Objektive deutlich machen. Was für ein Unterschied. Ich bin übrigens staunend ratlos, wie es sich fügt, daß ein Winzlingsobjektiv in meinem Mobiltelefon die verfügbare Bildqualität produziert.

So viel muß klar sein, das kleine Objektiv reicht dazu nicht. Bildsensor (Fotochip) und Software haben die Situation verändert. Wir sollten derlei Details nicht übersehen: Was verschiebt sich alles zunehmen zwischen Mechanik, Elektronik und Digitalem? Darin verändern sich unsere Lebenswelten derzeit radikal.

Ich hab im Intro das Prinzip der Lochkamera von einst schon skizziert. Die dunkle Kammer. In einer Wand ein Loch, der Lichteintritt, folglich auf der Wand gegenüber ein Abbild, voilà! Camera obscura. Pure Physik.

Sie sehen oben in meiner Hand eine „Baby Brownie“ von Kodak im Design Walter Dorwin Teague. Eine simple Klappsucher-Kamera aus den 1930er Jahren, von der Bauweise her noch ganz nahe an der Camera obscura. Winziges Optik, simpler Verschluß, Rollfilm.

Die komplexe Kompetenzmischung macht den Fotografen: Richard Mayr.
Die komplexe Kompetenzmischung macht den Fotografen: Richard Mayr.

Daran gemessen kommt mein Mobiltelefon als Fotogerät gewissermaßen von einem anderen Stern. Was mit solchen Devices im Ausmaß von Fluten fotografiert wird und etwa über die Social Media daher brandet, hat mit Fotografie, wie Mayr sie praktiziert, nur wenig gemeinsam. Er geht dabei immer noch sehr physisch vor, doch was er handhabt, hat einen starken digitalen Anteil.

Was ich dann bei Mathias Petermann finde, ist wiederum ein völlig anderes Genre. Er experimentiert mit den technischen Möglichkeiten, um für sich ein visuelles Universum zu erschließen, das es nicht gibt; im Sin von: ohne seine Arbeit nicht gibt.

Ich sehe bei ihm Fotos, in denen die realen Objekte der Aufnahmesituation völlig verschwunden, man könnte sagen: untergegangen sind. Peterman nutzt sie offenbar als „Reizstoffe“, an denen er mit seiner Kamera etwas beginnt, das freilich nicht essenziell nachbearbeitet wird. Das meint: im Moment der Aufnahme entsteht das Werk.

Oder er läßt die Kamera völlig beiseite und nutzt Software, die er per „Prompting“ ein Bild generieren läßt. Das führt mitunter zu so kauzigen Momenten wie diesem: „Ich hab gerade die KI ein Bild von sich selbst erstellen lassen.“ (Darauf werde ich später noch näher eingehen.)

Wir haben in der Befassung mit diesem Genre ein Augenmerk auf jenen wuchtigen Prozeß, in dem sich schon seit geraumer Zeit die Mechanik, die Elektronik und das Digitale gegeneinander verschieben. Das betrifft unser Alltagsleben und die Kunst gleichermaßen.

Die Feedbackschleife#

Mathias Petermann hat die KI beauftragt, sich selbst zu portraitieren:

Bild 'petermann002c'