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Krusche by Mayr: tragbare Propaganda.
Krusche by Mayr: tragbare Propaganda.

Oststeirisches: Nationalkitsch#

(Heimat als Konsumartikel)#

von Martin Krusche

Wo es Menschen zu mühsam ist, sich Wissen über unsere Geschichte und Kultur zu erarbeiten, werden sie sich eventuell mit Klischees einrichten, mit Stereotypen ihr Auslangen finden. Von da ist es dann nicht weit zu Propaganda, die mit simplen Bildern arbeiten muß, um auf eben dieser Ebene der Vereinfachung anschlußfähig zu sein.

Propaganda, das bedeutet auch: verdeckte Intention. Ein Gift, das jede Art der Beziehung beschädigt, mitunter zerstört. Solche inhaltlichen Schlampereien lassen sich gut bewirtschaften und ergeben ein plattes Identitätsangebot, an dem – so bald man genauer hinschaut – eigentlich nichts stimmt.

So zeigt sich oft auch jener Teil von „Volkskultur“, welcher von der Unterhaltungsindustrie kommt. Klischees lassen sich offenkundig gut vermarkten. Ich hab ein Beispiel für solchen Ramsch zum Round Table mitgebracht. Gehen wir die Behauptungen auf diesem T-Shirt kurz der Reihe nach durch.

Österreicher durch Geburt#

Das ist nicht möglich, bloß weil ich vom Leib meiner Mutter entbunden werde. Eine Geburt kann - als biologischer Vorgang – politisch nur wenig bewirken. Ich bin bloß dann „Österreicher durch Geburt“, wenn meine Mutter die österreichische Staatsbürgerschaft hat. Das nennt man Erwerb durch Abstammung.

Es geht um die Abstammung von einem österreichischen Elternteil. Genauer: Mindestens ein Elternteil muß zum Zeitpunkt der Geburt die österreichische Staatsbürgerschaft haben. Hat da nur der Vater die österreichische Staatsbürgerschaft, gilt eine Frist von bis zu acht Wochen nach der Geburt für eine formelle Anerkenntnis der Vaterschaft. Sie sehen, gebürtig zu sein ist erst einmal bloß ein biologisches Ereignis. Österreicher zu sein braucht separat etwas Formales.

Steirer durch Gottes Gnade#

Da stellen sich ähnliche Fragen. Da es keine „amtliche Steirerschaft“ gibt, müßte man mir erst einmal erklären, was genau das sein soll, ein Steirer, eine „echte“ Steirerin. Damit sind wir dann bei Fragen nach Ethnie. Identität und Selbstverständnis. Das sind soziale und kulturelle Angelegenheiten, die in keinem Reisepaß stehen. Damit hat Gott nichts zu tun.
Das Gleisdorfer Kreuz am Rennfeld als Erinnerung an niedergeschlagene Bauern.
Das Gleisdorfer Kreuz am Rennfeld als Erinnerung an niedergeschlagene Bauern.

Ergo ist das „Steirertum“ eine Art Containerbegriff, der - anlaßbezogen - jederzeit mit ziemlich beliebigen Inhalten befüllt werden kann. Das zeigen uns zum Beispiel die wiederkehrenden Wahlkämpfe zum Landtag sehr deutlich. Da wird gerne so getan, als wäre völlig klar, was Steirerinnen und Steirer sind, auch wenn das – je nach Fraktion – meist recht unterschiedliche Eigenschaften meint.

Dazu kommt die erlesene Blödheit, das Gottesgnadentum aus dem Mittelalter heraufzuzerren. Wir mußten bis 1919 hinnehmen, daß Aristokraten sich damit selbst legitimiert haben, um auf Kosten ihrer Untertanen über enorme Ressourcen zu verfügen. Nicht bloß dank bewaffneter Verbände, sondern auch durch die Behauptung, das sei Gottes Wille und durch seine Gnade so geordnet.

Genau das, wenn es wieder einmal zu weit getrieben wurde, führte gelegentlich zu Hungerrevolten, zu Bauernaufständen. Die kamen bloß aus höchster Not, denn die agrarische Bevölkerung hatte bei Konfrontationen mit den Heerscharen der Fürsten ganz schlechte Karten und die Strafen für überlebende Rädelsführer waren entsetzlich.

Ich erwähne das, weil Gleisdorfs Wappen einen Hinweis auf so einen Bauernaufstand enthält, der entbrannt war, da es ein Aristokrat im Zustand seines „Gottesgnadentums“ mit dem Schinden seiner Untertanen viel zu weit getrieben hatte.

Ich zitiere Historiker Robert F. Hausmann: „Im Jahr 1515 kam es in Krain zu einem Aufstand der Bauern, der mit Waffengewalt den Missständen Einhalt gebieten wollte. Zur Niederschlagung dieses Aufstandes wurde Georg Graf von Herberstein als Feldhauptmann mit einem Trupp Soldaten nach Krain beordert. Auf dem Weg dorthin rotteten sich oststeirische Bauern um Gleisdorf zusammen, sodass Graf Herberstein umkehren musste, um den Aufstand auf dem sogenannten Rennfeld (im Süden Gleisdorfs) niederzuschlagen. Dabei soll auch das Gleisdorfer Wappen, ein weißes Kreuz auf rotem Feld, entstanden sein. Das Kreuz soll sich von dem noch heute in der Mühlgasse stehenden Rennfeldkreuz herleiten.“