Wiedersehen mit Werner#
von Karin KlugDein Lachen und deine liebevolle Umarmung im Tanz. Du warst so voller Musik und Lebensfreude. Trotz chronischer Krankheit. Mit quietschbunten Hemden. Den handgefertigten Tangoschuhen. Die weißen Haare zum Zopf zurückgebunden. Immer aufmerksam, immer freundlich. Höflich und respektvoll. Mit dir habe ich Tango tanzen gelernt. Wie viele Stunden haben wir gemeinsam verbracht? Lachend. Tanzend. Plaudernd. Du hast mir aus deinem Leben erzählt. Von deiner Freundin, die du vor nicht allzu langer Zeit beim Tanzen kennen- und lieben gelernt hattest. Ich habe dir von mir erzählt, von meinen Wichtigkeiten. Ich mochte dich sehr. Und doch: irgendwann trennten sich unsere Wege. Ich ging in einen anderen Tanzclub. Du bliebst. Dort & da noch eine kurze Begegnung. Ein einzelner Tanz. Du hattest deinen Kreis gefunden. Warst ein beliebter, begehrter Tanzpartner. Wir haben uns aus den Augen verloren.
Und dann nach vielen Jahren ohne Kontakt kürzlich im Oktober knapp vor einem Konzert deine Stimme: „Sie erkennt mich nicht!“ Du warst schon gezeichnet von deiner Krankheit. Schwer gezeichnet. Ich habe dich augenblicklich erkannt. Und es hat mir das Herz zerrissen. Nach dem Konzert neben der Bar noch auf ein Brötchen, ein Getränk. Du hast dem Leben abgetrotzt, was ging. Obwohl: „Es geht schnell“, hast du gesagt. Und ich habe nicht gewusst, was ich darauf erwidern soll. Kein Platz für das Unfassbare. Wir sind nebeneinandergestanden, nach diesem Konzert, noch einmal kurz. Haben geplaudert. Ich habe dir nicht die Hand zum Abschied gereicht. Weil ich diesen Abschied nicht ertragen hätte. Es brauchte die wahnwitzige Hoffnung, es könnte nicht das letzte Mal gewesen sein. Beim nächsten Konzert vielleicht…
Und dann bist du gegangen. Schneller als erwartet. Dorthin, wo wir alle hingehen. Möge der Tanz dich begleiten. Die Musik. Ich hoffe, es gibt ein Wiedersehen dort.
