Die letzten Patriarchen#
(Official Bootleg)#
von Martin KruscheEs gibt Zuschreibungen, die in mir keinerlei Widerstand auslösen. Falls mich zum Beispiel jemand Boomer nennt, ist das für mich okay. Man kann mich auch als alten weißen Mann ansprechen, denn das bin ich. Ab da zählt Kontext!
Es geht ebenso in Ordnung, mich einen Patriarchen zu nennen. Als Mann bin ich unausweichlich ein Repräsentant des Patriarchats, in vielen Belangen sein Nutznießer. Ich wurde in diesem Sinn sozialisiert und es wäre Mumpitz, diese nach wie vor tragenden Anteile meines Selbstverständnisses zu maskieren oder gar rausreißen zu wollen.
Es stellt sich allerdings die Frage, inwiefern ich als eine Agent des Patriarchats denke und handle. Das liegt in meiner ganz eigenen Zuständigkeit. Darüber verfüge ich. Das kann ich gestalten.
Ich bin derzeit (Juni 2024) gemeinsam mit Maler Heinz Payer Teil des von Autorin Eva Surma kuratierten Projektes „Amselsturm“. Eine feministische Ausstellung. Wir haben also gute Gründe, unsere Positionen aktuell zu klären.
Payer reagiert auf meine Überlegungen oft mit einer Zeichnung. Diesmal setze er uns auf einen Thron und deklarierte uns als „Die letzten Patriarchen“. Das ist in unserem alltäglichen Sprachgebrauch doppeldeutig. Es könnte uns als die letzten einer Art ausweisen, aber auch als „Das Letzte“ innerhalb einer Art.
Sie ahnen vielleicht, ohne Selbstironie ist in dieser Sache von innern heraus nicht voranzukommen. Ich habe uns via Social Media als Gründer einer Selbsthilfegruppe anonymer Patriarchen ausgewiesen.
Prompt frage Psychologin Karin Klug an: „Nehmt ihr noch Mitglieder auf?“ Eine interessante Option. Außerdem meinte Berater Martin Hochegger: „Der Männernotruf wäre eine gute Adresse...“ Das will noch präzisiert werden, denn ich meine mich mit Payer einig: Wir zwei sind ja nicht in Not.
Aber wer weiß, vielleicht ist diese Selbsteinschätzung ein Trick des Patriarchats. Es könnte ja auch auf einen patriarchalen Kameradschaftsbund hinauslaufen. Jedenfalls stiegen wir vom Thron herunter und setzten uns mit Hochegger an einen Tisch; vorerst rein graphisch.
Karin Klug als Kerl honoris causa, das ist auch eine interessante Option. Aber das will nun alles erst einmal überlegt und sortiert werden.
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