Notiz 022: Am Schelchenberg III#
(Schauen, grübeln, debattieren)#
von Martin Krusche(Vorlauf: Blatt II) Es ist ganz naheliegend, daß ich auf Puch-Fahrzeuge geeicht bin. Ich hab inzwischen so viele Stunden, Tage, Jahre mit diesem Thema verbracht. Das zeigt heute seine merkwürdigen Kontraste und Facetten, was beispielsweise dazu führt, daß ich für einen Puch-Experten gehalten werde. Ein Mißverständnis. Ich bin der Erzähler. Ich bin der, der mit den Experten redet.
Das meint, Expertenwissen geht weit tiefer als das, womit ich heute auf diese Dinge blicke. Allerdings mit dem Hintergrund, daß ich seit meinen Kindertagen Puchfahrzeuge bewegt hab. Das war bei einem Aufwachsen in Graz ganz naheliegend. Das zog sich später durch viele Lebensmomente, Abschnitte. Und hier der wesentliche Punkt: Das qualifiziert mich, jederzeit gute Fragen zu stellen, wenn ich Experten treffe. Sehen Sie nun, wie diese Dinge geordnet sind?
Die Organisation am Schelchenberg hat einen nächsten Entwicklungsschub durchlaufen und es ist sehr komfortabel, wenn man auf großflächige Parkplätze eingewiesen wird, statt die Karre irgendwo im Wald an einen Wegesrand zu drücken.
Also führt ein kleiner Spaziergang zum Zentrum des Geschehens. Da kam ich an diesem überaus gepflegten Puch 300 GD vorbei. Ein Stück weiter dann: am Hang das sportliche Gerät, für das sich bei uns eher keine Straßenzulassung erreichen ließe. Wenn man weiß, was ein ganz biederer G-Wagen ab Werk im Gelände leisten kann, dann ahnt man, wie sich mit diesem muskulösen Brocken umackern läßt.
Hinter dem Haupthaus schließlich ein anschauliches Ensemble, gewissermaßen H1 und H2 nebeneinander. Der G-Wagen war ursprünglich werksintern als „Haflinger 2“ notiert worden. Kurios, weil er dem ursprünglichen Offroader nicht einmal annähernd gleicht, wogegen ja der Pinzgauer in wesentlichen Punkten noch den selben Konstruktionsprinzipen gefolgt ist.
Das deutsche Kennzeichen am Hafi war mir nicht sofort aufgefallen. Der Puch G, ansehnlich und um allerhand Details bereichert, wie eine Visitenkarten auf dem Set: GGWC, Grazer Geländewagenclub. Die Leute waren zu einer Plauderei aufgelegt, ich bekam ein paar kalte Drinks und Evelyn Rohde-Barger trug noch das Banner des Pinzgauer-Fünfzigers auf dem Rücken. (Siehe dazu zwei Albumblätter!)
Und dann zwei schöne, alte Jeeps. Seinerzeit schnell rausgehauen, Bantam und Willys waren aber viel zu klein, um den Bedarf zu decken. Also ging der größere Job an Ford. (Sie wissen jetzt schon, daß ich vom Zweiten Weltkrieg rede?) Dann aber, Österreich, Zweite Republik, die B-Gendarmerie und bald das Bundesheer.
Keine Chance auf eine Ausrüstung, um eine Großarmee zu stellen. Wozu auch? Dazu hatte Österreich schon in rund 600 Jahren Haus Habsburg nie deutliche Ambitionen gehabt. Der Steyr-Puch Haflinger rollte einst in eine Situation, da der Willys Jeep in diesem Segment als Maß der Offroad-Dinge galt. (Sogar die ersten Landrover-Prototypen liefen auf Jeep-Chassis.)
Der Zentralrohrrahmen mit den Pendelachsen des Hafi, alles Ledwinka pur, und hier der schöne Kontrast. Ich mag diese Wagen vor allem deshalb, weil sie hochgradig das Prinzip „Form follows Function“ darstellen. Das haben sie mit dem Hafi gemein. Die Form folgt der Funktion.
Und dann noch dieses speziell aufgebrezelte Modell. Sehen Sie sich die Fotos genauer an, die Details. Diverse Aufkleber nennen die Normandie, wo einst die Alliierten gelandet sind, um Nazi-Deutschland geballt anzugreifen. Eine logistische Meisterleistung, die einen unbeschreiblichen Blutzoll gefordert hat.
Es gibt etliche Spielfilme zum „D-Day“ und zu diesen Landemanövern. „Der Soldat James Ryan“ (1998) von Regisseur Steven Spielberg ist meines Wissens von Veteranen dieses Unternehmens als sehr authentisch beurteilt worden. Vielleicht werden sich manche unter Ihnen von daher an Landungs-Abschnitte wie „Omaha Beach“ etc. in Erinnerung sein, wie hier ein Aufkleber sie nennt.
Die Comic-Figur ist in dem Zusammenhang auch wichtig. Im Jahr 1936 tauchte dieses Viecherl bei Popeye dem Seemann auf. „Eugene the Jeep“ ist ein Fabelwesen mit einigen ungewöhnlichen Eigenschaften, wie etwa der Fähigkeit durch Wände zu gehen etc. Seine Laute - „Jeep! Jeep!“ – klingen in einem der Zeichentrickfilme allerdings etwas nach Schluckauf.
Das betrifft eine der Legenden zum ungeklärten Ursprung der Bezeichnung des Offroad-Fahrzeuges. Die andere bezieht sich auf das Kürzel GP, das für „General Purpose“ steht, was im Englischen etwa „Dschie-Pie“ ausgeprochen wird.
Dieser Deutung wiedersprechen manche Experten, weil sie sagen, das Auto sei nie für den „General Purpose“ konstruiert gewesen, den „Allgemeinen Zweck“ der Verwendung, sondern – ganz im Gegenteil – für „Special Purpose“, also spezielle Einsatzzwecke. Und das klingt plausibel.
- Alle Fotos: Martin Krusche
- Vorlauf: Blatt II
- Übersicht: Maschine (Eine laufende Erzählung)