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Tisch 3 in Weiz (Foto: Nikola Milatovic)
Tisch 3 in Weiz (Foto: Nikola Milatovic)

Die Weizer Kontraste#

(Notizen zur Konferenzreihe Kulturstrategie 2030)#

Von Martin Krusche#

Mein „kunst ost-memo: 24.05.2022“ bezieht sich auf den Tisch 3 („Bereichs- und ressortübergreifendes Arbeiten“) der Regionalkonferenz zur Kulturstrategie 2030 – Oststeiermark am Dienstag, dem 10.5.2022, im Kunsthaus Weiz.

Zitat: „Bei der Regionalkonferenz werden in Anwesenheit von Kulturlandesrat Christopher Drexler die Arbeits- und Diskussionsergebnisse von fünf Arbeitstischen präsentiert und nächste Schritte diskutiert: von der Schärfung regionaler Profile in internationalen Kontexten zu kooperativ-operativen Modellen sowie bereichs- und ressortübergreifenden Möglichkeiten der Zusammenarbeit, über sparten und generationsübergreifende Innovationen bis hin zu visionären Ausblicken auf gemeinsame künstlerische und kulturelle Formate zwischen den Regionen und über die Steiermark hinaus.“ (die ORGANISATION)

Intrada#

Ich komme aus der Tradition der „Eigenständigen Regionalentwicklung“. Ich habe Titel und Auftrag des 3er Panels völlig anders verstanden, nämlich nicht als einen Sprint Richtung Resolution und Forderungskatalog, sondern als Auftakt, um den Ausgangspunkt für einen zukunftsweisenden Klärungsprozeß zu bereiten, ein Fundament dafür zu schaffen.

Einen Ausgangspunkt für jenen Prozeß, welcher uns die Diversität und die unvermeidliche Differenz verschiedener Kulturformationen in unserer Region erkunden läßt, um zu klären, worin genau das Bereichsübergreifende bestehen dürfte und dank welcher Maßnahmen das Bereichs- wie Ressortübergreifende zu welchen Zielen a) in Gang kommen und b) gelingen mag.

Wer meint, das sei nun schon geklärt, ist mit Zugängen und Agenda befaßt, die sich mir hier noch nicht erschlossen haben. Demnach bin ich also selbst nun schon ein Praxisbeispiel für den konkreten Bedarf zu bereichs- und ressortübergreifender Verständigung.

Wären die erwähnte Diversität und Differenz nicht vorhanden, bräuchte es ja keine Konferenz „Bereichs- und ressortübergreifendes Arbeiten“. Ich bin überrascht, welche Ergebnisse und Absichtserklärungen ich im Protokollentwurf finde und darf daher mit meinem Memo jenen Bereich der Wissens- und Kulturarbeit einbringen, der da auch vertreten sein sollte; vor allem, weil ich eine völlig andere Auffassung von regionaler Wissens- und Kulturarbeit repräsentiere.

Mein Position#

  • Martin Krusche: die Themen & Aspekte
  • Status: Freelancer (EPU), also Privatperson
  • Genres: Kunstpraxis, regionale Wissens- und Kulturarbeit
Ich lege aus dieser Position meinen vorrangigen Klärungsbedarf zum Thema „Bereichs- und Ressortübergreifendes Arbeiten“ dar.
Die Mai-Episode im Gleisdorfer Zeit.Raum
Die Mai-Episode im Gleisdorfer Zeit.Raum

Und zwar vor dem Hintergrund, daß unser Weizer Panel inhaltlich von einem EU-Projekt dominiert war, das sich – umfassend ausgearbeitet - am Start befand und dessen Crew am 10. Mai 2022 einen erheblichen Teil der Weizer Panel-Mitglieder ausgemacht hat. Dieses EU-Projekt wurde am 17. Mai 2022 per Presseaussendung vorgestellt: „LEADER Leuchtturmprojekt: Kunstschule Weiz-Creative Education als Vorbild“.

Ich sehe das als eine Hintergundfolie, vor der meine Position deutlicher sichtbar sein mag. Sie ist auf eine tradierte Auffassung gestützt, womit Philosophie beginnt: Staunen und fragen. Dem müßte eine Erkundung und Erhebung des Ist-Zustandes folgen, wobei in so einer Runde mit erheblichen Kontrasten zu rechnen wäre, stellenweise such mit Dissens.

Was nun eine erste Konferenz zum Thema betrifft, für die wir rund 2,5 Stunden zur Verfügung hatten, wäre es für mich unverzichtbar gewesen, in unserem Blick auf das Jahr 2030 erst einmal zu klären: „Was ist eine gute Frage?“ Dazu möge erörtern werden: „Wo ist die Höhe der Zeit und wie verhält sich unsere Position zu so einer Annahme?“

Meine Punkte#

  • 1.: Wie sieht das Verhältnis der verschiedenen Institutionsformen in der Region gemäß ihrer Intentionen, Präsenz, Wirkung und ihrem Anspruch auf Kofinanzierung durch öffentliche Gelder aus? Und zwar
    • 1a) staatliche,
    • 1b) staatsnahe und
    • 1c) private/gemeinnützige Kulturformationen sowie
    • 1d) private/geschäftliche Formationen/Firmen.
  • 2.: Sind wir gerüstet, die Genres zu unterscheiden, um Konzepte und kulturpolitische Schwerpunkte zu präzisieren? Und zwar
    • 2a) Gegenwartkunst,
    • 2b) Hobbykunst (Voluntary Arts),
    • 2c) Volkskultur und
    • 2d) alle angewandte Formen jenseits autonomer Kunstformen bzw. Deko?
  • Differenzierung: Unterscheiden wir etwa bei der Volkskultur
    • 2c1) genuine Volkskultur, die bottom up gepflegt wird, ohne sich Diskursen oder Reglements zu unterwerfen,
    • 2c2) bildungsbürgerlich aufbereitete Volkskultur im Sinn eines erklärten „Bewahrungswunsches“ und
    • 2c3) inszenierte Polykultur, die hauptsächlich anderen Zwecken gewidmet ist (Touristik etc.) bzw. als ein Produkt der Unterhaltungsindustrie stattfindet?
  • 3.: Sind wir gerüstet, im Sinn von ernstgenommener Semantik dafür zu sorgen, daß wir unsere Begriffe stets neu auf ihren Gehalt überprüfen,
    • …damit Verständigung über verschiedene Genres und Disziplinen hinweg gelingt?
    • Sind wir folglich auch bereit, in der konkreten Arbeit nicht einfach alles unter dem Begriff Kunst zu subsummieren, obwohl das im Alltagsdiskurs zulässig ist?
    • Sind wir in genau diesem Sinn fähig, gelegentlich vom Multidisziplinären zum Interdisziplinären zu schreiten, auf daß sich Genres mischen können, Akteurinnen und Akteure auch außerhalb ihrer Kernkompetenzen Erfahrungen sammeln dürfen?
    • Hat das überhaupt Platz?
  • 4.: Sind wir gerüstet, Aktion und Reflexion beieinander zu halten, also – vorzugsweise bereichsübergreifend – Theorie und Praxis zu beachten? Können wir das im Sinn von
    • a) Grundlagenarbeit und
    • b) angewandten Formen
…erstens unterscheiden und zweitens in Wechselbeziehung bringen?
    • Dürfen wir prüfen, ob wir uns dabei halbwegs auf der Höhe der Zeit bewegen?
  • 5.: Sind wir gerüstet, um für mehr Rollenklarheit zu sorgen?
    • 5a) Wie sollen sich zugunsten der Zukunftsfähigkeit eines Gemeinwesens Politik und Verwaltung zueinander verhalten?
    • 5b) Wie meint die Politik, sich gemeinsam mit der Verwaltung gegenüber einerseits Betrieben/Wirtschaftstreibenden und andrerseits Privatpersonen sowie gemeinnützigen Vereinen aufstellen zu wollen?
    • Kann in dem Zusammenhang auch in einigen Bereichen für eine Art Planugssicherheit gesorgt werden? Das meint: Kann eine Kommune mit höherem Mitteleinsatz im Kulturbereich auch ihre Themenschwerpunkte und Prioritäten bekanntgeben?
Selbstverständlich haben wir im Raum Gleisdorf inspirierte Menschen, die jenseits von populärer Hobbykunst diverse Positionen der Gegenwartslkunst besetzen. Zum Beispiel hier, von links: Carolina Sales Teixeira, Monika Lafer und Mathias Petermann
Selbstverständlich haben wir im Raum Gleisdorf inspirierte Menschen, die jenseits von populärer Hobbykunst diverse Positionen der Gegenwartslkunst besetzen. Zum Beispiel hier, von links: Carolina Sales Teixeira, Monika Lafer und Mathias Petermann
  • 6.: Welche Schritte sind denkbar, um ein fruchtbares Zusammenspiel von
    • Ehrenamt und
    • Hauptamt innerhalb eines Vorhabens aufzuwerten,
…zu stärken, um so den Spielraum und die Effizienz der Projektleute anzuheben? (Häufige Erfahrung: bekommen einige ein Honorar, schmeißen oft die Ehrenamtlichen hin, statt das als einen Gewinn an Ressourcen zu sehen, der ein Projekt stärken kann.)
  • 7.: Als Feedback zur Konferenz: Unmittelbar nach der Vorstellungsrunde wurde nach den Erwartungen für die rund zwei Stunden gefragt. Kerstin Feirer faßte pointiert zusammen, was diese Session aus ihrer Sicht erbringen soll. Das korrespondiert mit dem Doku-Video, wenn Absenger-Helmli sagt: „Wir möchten ganz konkret aufs Wesentliche eingehen. Und das heißt: Was sind die Forderungen, die es gibt?“

In dieser Runde zu den Erwartungen fragte Absenger-Helmli: „Ist jemand dagegen?“ Ich erwiderte: „Ich bin nicht dagegen, ich bin woanders.“ Als ich das ausführen wollte, wurde mir der Satz abgeschnitten. (Siehe/höre Audio-Mitschnitt der Organisation!)

Ich darf es also hier so zusammenfassen: Meine größte Erwartung wäre für diesen Auftakt gewesen, was nun mit Blick auf 2030 eine gute Frage sei; vor allem, um nicht alte Konzepte und Modi einfach fortzuschreiben. Bevor wir nicht wissen, was zu dieser Aufgabe gute/relevante Fragen sind, kann es aus meiner Sicht keine Lösungsvorschläge geben. Der Hausbau möge mit dem Fundamenten und Keller beginnen!

Postskriptum#

Die Einladung von Landeskulturreferent Christopher Drexler sa soh aus: „Wir starten einen Prozess, um gemeinsam festzulegen, wie wir uns die kulturpolitische Ausrichtung der Steiermark für die Zukunft vorstellen. Mit vielen Gesprächen, Diskussionen und ohne Denkverbote. Ein Prozess, der die Vielfalt der steirischen Kulturlandschaft ganzheitlich betrachtet...“ (Volltext)

Übersicht#