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Auf den Spuren der Neandertaler #

In der Repolusthöhle bei Peggau wurden mehr als 1700 bearbeitete Stein- und Knochenobjekte gefunden – die Spuren der alten Neandertaler. Jetzt sind sie im Archäologiemuseum in Schloss Eggenberg zu sehen.#


Von Robert Engele mit freundlicher Genehmigung der Kleinen Zeitung


Repolusthöhle bei Peggau
Repolusthöhle bei Peggau.
Foto: © UMJ/MODL

Als im Jahr 1910 ein Bergmann namens Repolust die später nach ihm benannte Höhle an der Nordseite des Badlgrabens bei Peggau entdeckte, ahnte er nicht, dass er den Fundplatz der bislang ältesten Spuren menschlicher Existenz in Österreich gefunden hatte.

Beinahe aber wären die Funde aus dieser Höhle nie bekannt geworden, denn wegen der schwierigen Wirtschaftslage nach dem Ersten Weltkrieg überlegte man ernsthaft, die teils mächtigen Phosphatablagerungen in der Höhle als Dünger zu benutzen. Dafür wurden schon zehn Jahre später erste Probegrabungen unternommen, wobei man aber auf uralte Steinwerkzeuge stieß. Jetzt war von Düngerabbau keine Rede mehr.

Repolusthöhle bei Peggau
Einer der vielen Horizontalgänge in der Repolusthöhle bei Peggau.
Foto: © UMJ/MODL

Doch erst als die Archäologin Maria Mottl 1947 im Auftrag des Bundesdenkmalamtes eine Feststellungsgrabung durchführte und auf altsteinzeitliche Steinartefakte stieß, entschloss sich das Joanneum, die Repolusthöhle näher zu untersuchen. Zwischen September 1948 und Jänner 1949 sowie im August 1950 führte Mottl systematische Ausgrabungen in der Repolusthöhle durch. Dabei mussten die Sedimentablagerungen, die den Höhlengang bis zur Decke fast vollständig versperrten, erst einmal mühsam abgetragen werden.

Tausende Tierknochen#

Funde und Rekonstruktion
Funde und Rekonstruktion der Neandertaler.
Foto: © APA

Das Ergebnis war überwältigend: Maria Mottl fand neben Tausenden Tierknochen und ehemaligen Feuerstellen in Form von Holzkohleanhäufungen auch fast 1700 Steingeräte und – eine Sensation ersten Ranges – zwei durchbohrte Artefakte aus Knochen bzw. Zahn – eindeutig die Produkte menschlichen Handwerks. Vor allem der bearbeitete Wolfszahn ist bemerkenswert, denn er gilt als einer der frühesten Belege für den Gebrauch von „Schmuck“ in Mitteleuropa. Er wurde an seiner Wurzel von beiden Seiten durchbohrt. Dass er längere Zeit an einer Schnur getragen wurde, beweisen die einseitigen Abnützungsspuren im Bohrloch und die Politur auf der gekrümmten Seite. Die Glätte stammt vom Scheuern auf der Haut oder auf der Fellbekleidung. Dieser Fund ist auch deshalb so beachtlich, da der Neandertaler nur in Ausnahmefällen Knochen oder Geweih verarbeitet hat. „Wir sind hier am Anfang der Religion und am Anfang der Kunst“, erläutert Peter Pakesch, Joanneum- Intendant und Ausstellungskurator. „Das ist eine starke symbolische Handlung, wenn sich jemand die Waffe eines besiegten Tieres aneignet und als Trophäe um den Hals trägt.“

Mittlere Altsteinzeit#

Vom Neandertaler selbst ist in der Steiermark nichts erhalten geblieben, lediglich die zwei genannten „Kunstwerke“ und Werkzeuge aus harten, gut spaltbaren Gesteinen, die den jahrtausendlangen Witterungseinflüssen standgehalten haben. Welches Material aber hat der Steinzeitmensch verwendet? Als Rohmaterial für die Steingeräte dienten ganz normale „Murnockerln“, also rundliches Quarzgeschiebe, und knollenförmige Hornsteine. Während der Quarz von den Schotterbänken der nahen Mur aufgesammelt wurde, musste der Hornstein aus der mehrere Kilometer entfernten einzigen steirischen Lagerstätte beim heutigen Stift Rein geholt werden.

Archäologiemuseum in Eggenberg
Im Museum: Karl Peitler, Peter Pakesch, Wolfgang Muchitsch, Daniel Modl.
Foto: © APA

Die gefundenen Steingeräte können grob an das Ende der Mittleren Altsteinzeit datiert werden, also in die Zeit vor 85.000 bis 40.000 Jahren.

Und warum lebten die Neandertaler gerade hier bei uns? Ganz einfach: Mit über 4100 registrierten Höhlen ist die Steiermark das höhlenreichste Bundesland Österreichs. Allein im mittleren Murtal zwischen Bruck und Graz wurden mehr als 500 Höhlen auf beiden Seiten der Mur entdeckt. Und vor allem – hier gab es in der Würm-Eiszeit (vor 115.000 bis 10.000 Jahren) keine Gletscher mehr, die endeten damals im Paltental und im Aichfeld bei Judenburg. Neben der Repolusthöhle am bekanntesten sind die ihr im Badlgraben direkt gegenüberliegende Große Badlhöhle, die Tunnelhöhle am Kugelstein, die Drachenhöhle und die Lurgrotte.

Raubgrabungen#

Archäologiemuseum in Eggenberg
Archäologiemuseum in Eggenberg: Funde aus der Repolusthöhle.
Foto: © J.J.KUCEK

In der Repolusthöhle kam es in der Folge zu mehreren wissenschaftlichen Nachgrabungen, die weitere Funde ergaben und für internationales Aufsehen sorgten – aber dennoch wurde es still um sie. Dies änderte sich erst wieder 1980, als der Schacht der Höhle nach mehreren illegalen Raubgrabungen plötzlich zugeschüttet war. Nun verschloss man die Repolusthöhle mit einem Eisengitter. Und neueste Grabungsergebnisse zeigen, wie wichtig dieser Schutz auch heute noch ist.

ARCHÄOLOGIEMUSEUM #

Im Schloss Eggenberg: Öffnungszeiten April bis Oktober Di-So 10–18 Uhr. Im Mittelpunkt der ersten Sonderausstellung des neuen Archäologiemuseums steht „Zeitanfang. Die altsteinzeitlichen Funde aus der Repolusthöhle“.

Mit einer Videoinstallation der Medienkünstlerin Sharon Lockhart, die 930 Fundstücke in einer Vitrine nach archäologischen Kriterien angeordnet hat.



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© "Damals in Graz", Dr. Robert Engele



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