Eine Römersteinsammlung im Wandel der Zeit#
Das Lapidarium im Park und in der Orangerie des Weltkulturerbe-Schlosses Eggenberg zu Graz#
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Die Fotos wurden vom Verfasser in den Jahren 1985, 1986 und 2004 gemacht. Sie sind Teil des Archives „Bilderflut Jontes“
Inhaltsverzeichnis
- Eine Römersteinsammlung im Wandel der Zeit
- Das Lapidarium im Park und in der Orangerie des Weltkulturerbe-Schlosses Eggenberg zu Graz
- Den Besucher begrüßten glückverheißende Zeichen antiker Mythologie
- Die römische Grabkapelle aus Leoben-Donawitz – Einst ein Prunkstück des Eggenberger Lapidariums
- Die höchsten Götter zum Schutz angerufen - Die Inschrift des Altars soll es bewirken
- Eine Familie stellt sich vor - Der stattlichste Römerstein der heutigen Steiermark
- Privilegien für die „freiwillige Feuerwehr“ von Flavia Solva
- Ein römisch-norisches Ehepaar im Tode durch bildnerische Künste wieder vereint
- Ein Schreiber beim Diktat spitzt seit zweitausend Jahren die Ohren
- Ein Mann schon sehr jung gestorben
- Eine kleine Familie ganz symmetrisch geordnet
- Theodora, eine freigelassene griechische Sklavin?
- Der Grazer Schlossberg als Fundstätte von Römersteinen
- Handwerker noch im Tode stolz auf ihren Beruf
- Ein trauernder Genius zeigt den Tod an
- Ein römischer Meilenstein unter dem Kugelstein bei Deutschfeistritz
- Gladiatorenspiele auch in Flavia Solva
- Fast schon ein Engelchen
- In der Antike waren Skulpturen und Reliefs bemalt wie auch dieses steirische Beispiel vor Augen führt
- Heimkehr von der Ernte
- Ein norisches weibliches Brustbild als Fragment eines Grabreliefs
- Ein norisch-römisches Ehepaar im Verband seiner Familie
- Auch ein Statuenfragment zeigt noch Würde
- Das Neue Lapidarium in der ehemaligen Orangerie des Schlosses Eggenberg zu Graz
- Bürokratie und Beamte im alten Römerreich
- Die schöne römische Capitalis quadrata als die klassische römische Schrift für Inschriften
- Die Sehnsucht nach dem Fliegen nimmt im Mythos menschliche Gestalt an
- Der persische Mithras als römischer Sonnengott Sol Invictus
- Ein korinthisches Kapitell
- Fabelwesen einer mythischen Zoologie
- Göttliche Abenteuer mit göttlich schönen Frauen - Zeus der Beischlaferschleicher
- Eine Heilquelle von der Antike bis heute
- Allegorien der Jahreszeiten
- Ihr Blick lässt zu Stein erstarren - Die Medusa mit ihrem schlangenumringelten Haupt
- Söhne des Zeus als Beschützer der Pferde
- Weinbau in Noricum als künstlerischer Reflex der Sehnsucht nach Genuss im Jenseits?
- Griechische Mythologie auf dem Fragment eines mächtig großen Grabdenkmals aus Bad Waltersdorf
- Der Sklave bedient nicht seinen Herrn beim Mahl, sondern begleitet ihn zu einer Opferhandlung
- Eine Dienerin bringt ihrer Herrin Spiegel und „Beautycase“
- Flavia Solva war auch ein „Pensionopolis“ für Offiziere der römischen Legionen
- Trotz fehlender Grabschrift sehr aussagekräftig
- Fabelwesen auf Grabmälern
- Jupiter breitet als Adler seine Schwingen aus
- Ein antiker Grabstein, der durch Jahrhunderte als gewöhnlicher Baustein diente
- Der Grazer Schlossberg als Fundstätte von Römersteinen
- Grabinschrift für einen römischen Legionär, der seine Dienstzeit bereits hinter sich gebracht hatte
- Ein freigelassener Sklave stiftet einen Altar mit Weiheinschrift für den Genius eines Brüderpaars
- Eine einheimische keltische Gottheit in römischer Deutung
- Die von Jupiter verführte Europa gibt einem ganzen Erdteil den Namen
- Literatur
Am Fuße eines Höhenrückens, auf welchem die westliche Stadtgrenze der steirischen Landeshauptstadt Graz verläuft, erhebt sich das seit 2010 mit dem Ehrentitel „Weltkulturerbe“ der UNESCO ausgezeichnete Schloss Eggenberg inmitten eines ausgedehnten Parks. Auf mittelalterlicher Grundlage als Repräsentationsbau der Fürsten von Eggenberg im 17. Jahrhundert errichtet und von da an bis ins 18. Jahrhundert im Inneren künstlerisch ausgestaltet, wurde es 1939 vom Land erworben. Nach den Verwüstungen durch die sowjetische Besatzungsmacht im Jahre 1945 halbwegs wieder hergestellt, wurde das Schloss 1949 im Rahmen einer Jagdausstellung der Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht und gleichzeitig erstmals museal genutzt. Im Südtrakt etablierte sich das Historische Museum der Stadt Graz, im Osten und Westen das Jagdmuseum als Abteilung des Landesmuseums Joanneum. Schlosspark und Schlossgraben dienten auch als Wildgehege. Das Jagdmuseum verblieb hier, bis es nach – allerdings vergeblichen - Protesten eines aufmerksamen Museumspublikums in das weststeirische Schloss Stainz verlegt wurde. Ebenso gab es im Park eine Vogelschutzwarte des Joanneums. Der Planetensaal bot sich den einst existierenden Grazer Sommerspielen als nobler Konzertsaal an, der in seiner Stimmung unerreicht blieb. Auch der Steirische Herbst als das Festival moderner Kunst nistete sich hier in den sechziger Jahren des 20.Jahrhunderts mit der Trigon-Ausstellungswelle ein.
Eine radikale Änderung vollzog sich, als das Joanneum in den Parterreräumlichkeiten die aus dem Museumsgebäude Raubergasse in der Grazer Innenstadt abgesiedelte Abteilung für Vor- und Frühgeschichte und das Münzkabinett hier in einer didaktisch und ausstellungstechnisch bestens gelungenen Aufstellung unter wissenschaftlicher Leitung von Walter Modrijan eröffnete. Er wurde nach der Neuordnung der Verwaltungs- und politischen Strukturen auch zum ersten Direktor des Landesmuseums Joanneum ernannt, eine Funktion, die es zuvor nicht gegeben hatte.
Zugleich wurde die nur mehr provisorisch gelagerte umfangreiche Römersteinsammlung, das Lapidarium des Joanneums nach Eggenberg verlegt und in einem Neubau und an den Wegen im Schlosspark neu gruppiert und den Besuchern durch entsprechende Begleitliteratur wissenschaftlichen Anspruchs erklärt. Die Eröffnung fand 1965 statt.
Im Grunde war die archäologische Erforschung der Steiermark stets ein Stiefkind der steirischen Kulturpolitik geblieben, für die es kaum Geld und Personal gab. Das verbesserte sich erst ein wenig, als eine neue Generation junger Archäologen wie Erich Hudeczek und Diether Kramer in ihr neues Metier hineinwuchsen. Was bisher Modrijan und die Ordinaria des Instituts für Archäologie an der Universität Graz Erna Diez an provinzialrömischer Forschung allein zu bewältigen hatten, fand nun erfolgreiche Hilfe und trat im Generationenwechsel an die Stelle der Elterngeneration der Vorigen.
Den Besucher begrüßten glückverheißende Zeichen antiker Mythologie#
Betrat man nach W. Modrijans Neuaufstellung des Lapidariums den Schlosspark Eggenberg, begrüßte einen gleich am Eingang dieses entzückende Fragment eines auf einem Delphin reitenden geflügelten kindlichen Genius. Sich nach links wendend erreichte man nach einigen Minuten die Säulenhalle, in welcher die Grabtituli, Weiheinschriften und fragileren Reliefs untergebracht waren.
Die römische Grabkapelle aus Leoben-Donawitz – Einst ein Prunkstück des Eggenberger Lapidariums#
Der Totenkult der klassischen Antike setzte den Verstorbenen Denkmäler, die vom einfachen Grabstein bis zu aufwändigen Monumenten in Form von Steinbauten reichten. Anfänglich stand die Verbrennung der Toten als Endpunkt des Leichengepränges (lat. funus) im Vordergrund bis dann nach griechischem Vorbild auch die Ganzkörperbestattung in Sarkophagen die Oberschichten der römischen Gesellschaft erreichte. Erst das Christentum unterband die Leichenverbrennung, weil sie im Gegensatz zum Glaubenssatz der leiblichen Auferstehung stand.
Die Totenasche wurde also anfänglich in einer Urne oder einer Aschenkiste an der Basis des Grabmonuments untergebracht, die in der Folge auch die Überreste weiterer nachfolgender Verstorbenen aufnahm. Die keltisch-norische Grundbevölkerung hatte eine Zeit lang auch noch an der Beisetzung der Urnen in Grabhügeln (lat. tumulus) festgehalten. Die nachhaltige Romanisierung in den nachfolgenden Jahrhunderten hatte diese Form der Beisetzumg dann jedoch verdrängt.
Zwar sind auf dem Gebiete Noricums und Pannoniens etliche Reste von Grabbauten entdeckt worden. Keiner derselben aber ist so anschaulich wie derjenige, der 1858 bei der Ufersanierung des Vordernberger Baches in Donawitz im heutigen Stadtgebiet von Leoben zutage gekommen ist. Damals hatten die Eisengewerken Mayr von Melnhof ihre Werksanlagen, die von Vordernberg hieher verlegt worden waren, groß ausgebaut und dabei auch das Werksgelände begradigt.
Die 3,5 m hohe und 2,18 breite Grabkapelle besteht aus einer Hinterwand, einem Kranzgesims, zwei tordierten Säulen und einer Kassettendecke mit Blütenmotiven in sechseckigen Kassetten. Die Balkenauflage tragen als Zierde Palmettenmotive und reliefierte Medusenköpfe. Die Säulen haben eine Rundbasis und ein Blattkapitell. Sie sind schräg kanneliert. Ausnehmungen auf dem Dach zeigen an, dass sich hier einst ein plastischer Dachschmuck (griech. Akroter) befunden haben muss. Trotz Nachgrabungen nach Auffindung blieb die zweite Säule verschollen und auch Hinweise auf den oder die Bestatteten in Form von Inschrifttafel, Porträtrelief, Statue, Urne oder Sarkophag traten nicht zutage. Für die Aufstellung wurde eine Kopie als zweite Säule hergestellt.
1914 wurde die Römersteinsammlung in Graz im Gebäude des Landesmuseums Joanneum in der Kalchberggasse neu aufgestellt. Man ergänzte die fehlenden Bauteile zu einem kompletten Gebäude, aber erst 1950 wurde dieses im noch existierenden Park zwischen den beiden Museumsgebäude Raubergasse und Neutorgasse aufgerichtet. An der Rückwand wurde innen auch ein Grabstein für den Lucius Memmius Andria angebracht, der aber mit der Kapelle keinen inhaltlichen Zusammenhang hat.
Im Zuge der Übersiedlung der Abteilung für Vor- und Frühgeschichte des Landesmuseums Joanneum von der Raubergasse in Schloss und Schlosspark von Eggenberg in der ersten Hälfte der sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts wurde der Donawitzer Grabtempel an eine markante und gut ausgewählte Stelle im Südteil des Parks übertragen. Hier stand er und wurde von allen gesehen, die durch diesen Park im englischen Naturstil spazierten oder auf dem Weg zum Säulenbau mit seiner Römersteinsammlung unterwegs waren. Dadurch wurde er zu einem der bekanntesten Objekte. Leider wurde er im Zuge der Neugestaltung des Museums der Stadt Leoben, die der Verfassers dieses Essays nicht mehr zu verantworten hatte, auf politische Intervention hin von Eggenberg nach Leoben in das nur wenig besuchte – wie es jetzt heißt – MuseumsCenter verfrachtet und dort im zweiten Obergeschoß (!) aufgestellt.
Die Aufstellung im Schlosspark Eggenberg
Die höchsten Götter zum Schutz angerufen - Die Inschrift des Altars soll es bewirken#
Weiheinschrift auf einem dem Jupiter als Beschützer (lat. Iuppiter praestes) gewidmeten Opferaltar. Als der Stifter wahrscheinlich 196 n. Chr. auf einen Feldzug zur Niederwerfung eines Aufstands zog, ließ er diesen errichten. Warum sein Name in der zweiten Zeile ausradiert wurde (lat. damnatio memoriae), muß wohl offenbleiben. Der Stein stammt aus Pettau/Poetovio. Er stand in W. Modrijans Aufstellung unweit der Säulenhalle im Park.
Eine Familie stellt sich vor - Der stattlichste Römerstein der heutigen Steiermark#
Dort befand sich auch der größte, detailreichste und künstlerisch höchstwertige antike Grabstein, der nun das Prunkstück in der Neuaufstellung in der Orangerie bildet. Es ist dies der Grabstein des Lucius Cantius Secundus und seiner Familie, der 1818 an der Pfarrkirche St. Leonhard in Graz entdeckt und unverzüglich dem Joanneum überantwortet worden war. Der Ort der Auffindung wird wohl damit zusammenhängen, dass sich in der Nähe ein antiker Gutshof der besagten Familie befand. Größe, Aussagekraft und künstlerische Dimension des Reliefs deuten wohl auf einen sehr wohlhabenden und sozial hochstehenden Familienverband. Dieser scheint des Namens der Cantii wegen aus Aquileia gekommen zu sein und möglicherweise waren es Leute, die als freigelassene Sklaven zu Wohlstand und Ehren gekommen waren. Die Namen Bonia und Boniata könnten vorrömisches Sprachgut anzeigen.
Bildliche und inschriftliche Aussage lassen darauf schließen, dass der Stein um das Jahr 100 n. Chr. in Auftrag gegeben wurde. Die hier gezeigte Bilderfolge setzt sich aus Aufnahmen von 1986 und 2004 zusammen.
Der Gestalter des Neuen Lapidariums in der Orangerie Eggenberg Erich Hudeczek (1939-2007) bei der Einweihung desselben 2004. Rechts neben ihm ist der mächtige Cantius-Grabstein sichtbar.
Im Giebel zeigt sich ein von Schlangen umringeltes Medusenhaupt als Dämonen abwehrender Schmuck, darüber zwei glückverheißende Delphine als die Boten zwischen Ober- und Unterwelt. Geringe Farbspuren unter schattenden Kanten lassen den Schluss zu, dass der Grabstein, wie in der Antike üblich, auch bemalt gewesen war.
Die Grabschrift sagt in Übersetzung das Folgende aus: Lucius Cantius Secundus ließ den Stein schon zu Lebzeiten für sich und seine Gemahlin Cantia Bona, Tochter des Junius, und für Cantia Boniata, Tochter des Lucius machen.
Die Inschrift in exakt eingehauenen Kapitallettern erfuhr nach weiteren Todesfällen eine etwas kleiner gehaltene Ergänzung durch einen nicht sehr versierten Steinmetzen, dem nicht einmal eine gerade Zeilenführung gelang.
Das Ehepaar erscheint nebeneinander in schöner Umrahmung aus Kränzen und Rosetten. Die Frau ist noch keltisch-norisch gekleidet, trägt eine dafür typische Modius-Haube und Fibeln, die das Gewand an den Schultern zusammenhalten. Um den Hals hat sie als Schmuck die typische halbmondförmige Lunula. Ob vom Steinmetzen Porträtähnlichkeit erzielt werden sollte, ist nicht ganz klar. Da der Auftrag zur Herstellung noch zu Lebzeiten des Pater familias erteilt wurde, kann man diese Möglichkeit aber auch nicht ganz ausschließen.
Der Gatte zeigt sich nach Toga und Frisur schon ganz römisch
Die darunter dargestellte schon etwas reifere Tochter hat die norische Haube in etwas anderer Form als die der Mutter. Über sie ist wie dort ein auch nach den Seiten fallender Schleier gelegt. Auch hier sind Fibeln und Halsschmuck gut erkennbar.
Bei den beiden ganzfigurigen Kindergestalten dürfte es sich nicht um kindliche Nachkommen handeln. Das offensichtlich als Mädchen gezeigte Kind hält eine Frucht in der Hand, der Knabe auf der anderen Seite einen Vogel in den Armen, gängige Motive bei Kinderdarstellungen.
Privilegien für die „freiwillige Feuerwehr“ von Flavia Solva#
Das alte Eggenberger Lapidarium barg zur Zeit seines Bestehens das längste und bedeutendste epigraphische Denkmal, das bisher in Österreich gefunden worden war. Es handelt sich um ein Reskript, also eine inschriftliche Kopie eines Privilegs, das die beiden römischen Kaiser Septimius Severus und Caracalla der freiwilligen Feuerwehr von Flavia Solva für ihre wertvollen Dienste für die Öffentlichkeit verliehen hatten. Es handelte sich dabei um das sogenannte Collegium centonariorum, das ursprünglich eine Art Zunft der Hersteller von, wie wir heute sagen würden, Fleckerlteppichen, war, die man wassergetränkt zum Ersticken von Bränden verwenden konnte. Später öffnete sich diese Handwerkervereinigung auch für andere. 93 Namen nennen sogar die Mitglieder. Da es in dieser norischen Provinzstadt kaum so viele Deckenerzeuger gegeben haben dürfte, deutet dies auf eine solche Öffnung hin.
Zur Kenntnis der ethnischen Zusammensetzung der Bewohnerschaft dieser Siedlung ist die Namensliste sehr dienlich, denn 16 der Mitglieder oder deren Väter tragen noch keltische Namen. Da man die Inschrift wegen der Nennung verschiedener Ehrentitel der Kaiser und anderer Angaben sehr genau auf den 14. Oktober 205 n. Chr. datiert findet, kann darauf geschlossen werden, dass der vollständige Romanisierungsprozess auch mehr als 200 Jahre nach der Eingliederung Noricums und damit auch Flavia Solvas in das Imperium noch keineswegs abgeschlossen war.
Ein römisch-norisches Ehepaar im Tode durch bildnerische Künste wieder vereint#
Eine tiefe Nische und die fast vollplastisch gearbeiteten Köpfe des Paares verleihen diesem Relief zweier Halbfiguren einen sehr sprechenden Ausdruck. Unter einer profilierten Schräge umgibt ein vollrunder Lorbeerkranz dieses norische Ehepaar. Während der vollbärtige und barhäuptige Mann schon römisch „klassisch“ mit Tunika und Toga angetan ist, trägt die Frau noch die norische, die Stirn freilassende Haube und einen Umhang über einem gefältelten Kleid. Halsring mit Lunula, eine Brosche und zwei Fibeln bilden die Ausstattung an Schmuck. Das Medaillon stammt aus der ersten Hälfte des 2. Jahrhunderts n. Chr. In dieser Zeit trugen Männer, wenn sie bärtig waren, nicht einen wallenden Vollbart, sondern einen, den man am ehesten mit einem der heutigen Dreitagebärte vergleichen könnte.
Ein Schreiber beim Diktat spitzt seit zweitausend Jahren die Ohren#
Unter einem flachen Dreiecksgiebel, den glückverheißende Delphine zieren, blickt uns aus einem schön gerundeten Kranz der wache Blick eines Schreibers (lat. scriba oder librarius) an. Genauer gesagt schaut er auf jemanden, der ihm etwas diktiert und das er nun mit einem metallenen Griffel (lat. stilus), auf ein mit Wachs überzogenes sechsteiliges Täfelchen (griech. hexaptychon) ritzt, um es später in Reinschrift mit der Rohrfeder auf Papyrus oder Pergament zu übertragen. Der Griffel ist vorne spitz und damit zum Ritzen geeignet, während das hintere Ende wie man sieht, flach ausgebildet ist. Damit konnte man das Geschriebene wieder „ausradieren“. Vielfach waren solche Schreiber gebildete Sklaven. Da bei diesem Beispiel die Grabinschrift fehlt, ist eine Zuordnung schwer möglich. Vielleicht war es ein Schreiber im Dienste der Armee (lat. librarius consularis), der sich in Flavia Solva niedergelassen hatte und wo der Grabstein auch 1915 gefunden worden war.
Thematisch verwandt ist ein Relief, das einen kurzgewandeten Sklaven als Schreiber zeigt, der gerade eine Schriftrolle vorweist. Neben ihm steht ein geflochtener Behälter, in welchem ober herausragende Schriftrollen verwahrt werden. Hier begleitet der Schreiber seinen Herrn als Diener für das Jenseits. Diese Grabinschrift stammt aus Voitsberg und ist dem ehemaligen Prätorianersoldaten Caius Atucius Albanus, seiner Gattin Aelia Sabina, der Tochter Atucia Aventina und dem Sohn Exuperius gewidmet. Letzterer war Angehöriger der Legio II Italica, die seit dem Ende des 2. Jahrhunderts n. Chr. in Lauriacum/Lorch stationiert war.
Ein Mann schon sehr jung gestorben#
Wieder ein Porträtgrabstein, dem die Inschrift abhanden gekommen ist. Auch der Fundort irgendwo in der Steiermark ist unbekannt, jedoch lassen Ähnlichkeiten in der Darstellung auf eine Werkstätte im Bereich von Flavia Solva schließen und die Zeit auf ungefähr 100 n. Chr. eingrenzen. Abgebildet ist die Brustfigur eines Jünglings in einem quadratischen Rahmen. Der junge Mann ist bartlos und barhäuptig und legt seine Schwurfinger auf eine Schriftrolle, die er in der Linken hält. Der Mantel (lat. sagum) wird an der rechten Schulter nicht durch eine Fibel, sondern durch einen großen Knopf zusammengehalten. Seine Tunika hat lange Ärmel. Als einzeln Dargestellter scheint er unverheiratet gewesen zu sein. Näheres hätte uns wahrscheinlich aber nur die nicht erhalten gebliebene Inschrift sagen können.
Eine kleine Familie ganz symmetrisch geordnet#
In der Gemeinde Hasendorf jenseits der Landschabrücke über die Mur im Bezirk Leibnitz wurde 1869 dieser Familiengrabstein gefunden und dem Joanneum übergeben. Auch er wird wohl um das Jahr 100 n. Chr. in einer Werkstätte von Flavia Solva entstanden sein. Die verloren gegangene Inschrift verhindert eine nähere Einsicht in familiäre Zusammenhänge. Wieder liegen auf einer sehr flachen Dreiecksgiebelschräge Delphine als Glücksboten. Die Darstellung ist sehr symmetrisch gehalten und zeigt einen Knaben zwischen einem Paar, das wohl seine Eltern verkörpert. Er hält wie oft bei Kinderdarstellungen einen Gegenstand in der Hand, der wegen der Bestoßungen nicht mehr zu erkennen ist. Es könnte ein Vögelchen oder eine Frucht gewesen sein. Das ist auch bei dem Mann zu beobachten, der ein ziemlich feistes Gesicht hat, mit der einen Hand etwas hält und mit der anderen nach seinem mit Fransen besetzten Umhang greift. Die Frau hat diesmal keine Kopfbedeckung, dafür eine sorgfältig gelegte Frisur. Sie trägt ein Kleid ohne Fibelschmuck, eine aus Perlen zusammengesetzte Halskette, dazu rechts auch einen Armreifen. Mit dieser Hand berührt sie zart und liebevoll den rechten Oberarm des Kindes. Es scheint sich um eine schon vollständig romanisierte Familie gehandelt zu haben.
Theodora, eine freigelassene griechische Sklavin?#
Feldkirchen bei Graz lieferte den Überrest einer Grabstele für eine mit dreißig Jahren verstorbene Frau, der die Eltern dieses Grabdenkmal im 2. Jahrhundert n. Chr. gesetzt hatten. Sie ist mit Tunika und Umhang nach damaliger Mode gekleidet und schön frisiert. Als Schmuck trägt sie zwei Halsketten, die eine mit großen, die andere mit kleinen Perlen. Sie streichelt liebvoll einen Vogel. Solche waren als tierische Hausgespielen häufig.
Unter dem Brustbild der Toten befindet sich in quadratischem Rahmen eine Inschrift mit großen Buchstaben, die Namen und weitere Umstände der Setzung nennt. Sie lautet nach Auflösung der üblichen Kürzungen: Pompeia / Theodora / annorum XXX / parentes fecerunt. Demnach handelt es sich also eine Pompeia Theodora.
Eine andere wissenschaftliche Meinung ist, dass das par- der Inschrift abgekürzt nicht für parentes „Eltern“, sondern für patronus steht. Und derselbe wäre demnach der Besitzer einer dem Namen nach griechischen Sklavin gewesen. Solche Patrone waren oft ihren Sklaven sehr zugetan, betrachteten sie als liebe Familienmitglieder und setzten ihnen, wie vielleicht auch in diesem Fall, sogar einen Grabstein, wenn sie gestorben waren.
Der Grazer Schlossberg als Fundstätte von Römersteinen#
Dieser Grabstein eines Ehepaares kam 1577 in die Grazer Burg und wurde dort gut sichtbar eingemauert, nachdem er bei den Arbeiten zur Umgestaltungen im Rahmen der Erweiterung der Schlossbergfestung in der Türkenabwehr dort gefunden worden war. Obwohl seine künstlerische Qualität nicht überwältigend ist und er den üblichen Formeln folgt, kann er viel erzählen.
Er berichtet in seiner Inschrift vom Sklaven Candidus des Quintus Morsius Potens Titianus, der den Stein für sich und seine allerbeste Gattin Surilla setzen ließ, die im Alter von 2? Jahren gestorben war. Eine Beschädigung des Steines verhindert die genaue Altersangabe der Frau, die also zwischen 21 und 29 Jahre alt gewesen sein muss. Der Besitzer der beiden hat zwei Gentilnamen, er war ein Polyonymus. Der Stein beweist, dass dieser Sklave sogar die Freiheit hatte, mit eigenem Geld einen gewiss nicht billig bewertetes Grabdenkmal für sich und seine Frau zu setzen. Auch dies wirft ein bezeichnendes Licht auf die tatsächlichen pragmatischen Verhältnisse zwischen Sklaven (lat. servus bzw. serva) und deren Besitzer (lat. patronus).
Der Aufbau des Steines ist der übliche. In einem rechteckigen Rahmen ist das Paar im Brustbild, die Gattin zur Rechten des Gatten zu sehen. Die Frau hat ihre linke Hand in vertraulicher Geste auf die Schulter des Mannes gelegt und hält in der Linken eine Frucht, wahrscheinlich einen Apfel. Sie trägt die norische Haube und einen Umhang. Der Mann hat als Sklave keine Toga, sondern nur eine Tunika mit Umhang. Seine Schwurfinger liegen auf einer Schriftrolle in der Linken.
Handwerker noch im Tode stolz auf ihren Beruf#
Bei Nammonius Mussa kennen wir aus seiner Grabinschrift nicht nur seinen und seiner Gattin Namen. Er setzt uns im Bilde auch über seinen Handwerksberuf in Kenntnis. Er tut dies, indem er in seinen Händen einen Hammer und eine Zange hält, womit er sich als Schmied oder Schlosser ausgibt. Wenn sich Soldaten in ihrer Rüstung und ihren Waffen präsentieren und Bürger sich mit Schriftrollen, die vielleicht das eben verliehene Bürgerrecht enthalten, zeigen, so ist es hier der Stolz eines Handwerkers, der es aber immerhin zu einem solchen Wohlstand gebracht hat, dass er sich einen so aufwändigen Grabstein leisten konnte.
Der Stein wurde 1850 in Kalsdorf südlich von Graz gekauft und dem Joanneum überantwortet. Er ist ein wichtiges Zeugnis zur Handwerkskultur aus der Zeit der 1. Hälfte des 2. Jahrhunderts n. Chr. Die Steiermark kennt noch einen zweiten mit einem Handwerker mit Zange. Er wird nach dem Nammonius-Stein Würdigung finden.
Die Grabinschrift ist ein wenig missverständlich abgefasst, denn zu Lebzeiten wurde das Denkmal von der Frau Kalandina und einem gewissen Saturninus noch zu Lebzeiten in Auftrag gegeben. Ob der Ehegatte Nammonius noch am Leben war, lässt sich nicht ganz klar ausmachen. Dieser „Familienname“ (lat. nomen gentile) ist keltisch, bei Mussa ist dies nicht so deutlich. Die Gattin Kalandina ist keltisch gekleidet, trägt die norische Haube, hat eine Halskette um und hält spielerisch einen Granatapfel in der Hand. Zwei Fibeln halten ihr Gewand an den Schultern. Beim Mann plädiere ich wegen des eher grazilen Hammers eher für einen Schlosser als für einen Schmied.
Familiengrabsteine mit zwei oder drei dargestellten Personen sind relativ häufig, solche mit vier oder mehr dagegen schon seltener. Ein solcher aus dem 2. Jahrhundert n. Chr. aus dem Umfeld von Flavia Solva fand in Eggenberg ebenfalls Aufstellung. Über den Fundort ist nichts bekannt.
Diesmal handelt es sich um die Brustbilder zweier Ehepaare nebeneinander, von denen das links angesiedelte einen Handwerker mit Zange und seiner Frau zeigt. Alle sind norisch gekleidet, die Frauen mit der üblichen Haube, mit Lunula-Anhänger, Brosche und Gewandfibeln ausgestattet. Die bestoßenen Gesichter zeigen wenig Individuelles, aber die Gesten mit denen die Paare einander begegnen, sind liebreich und vertraulich. So legt die linke Dame ihren Arm um die Schulter ihres Gatten, während das andere Paar einander die Hände verschlungen umfasst hält (lat. coniunctio dextrorum – „Vereinigung der rechten Hände“). Beide Gesten kommen in der Grabmalkunst häufig vor. .
Eine Inschrift fehlt, sodass über das Verhältnis der beiden Paare zueinander nichts ausgesagt werden kann. Wenn man an den Gesichtern einen Altersunterschied zu erkennen meint, dann könnte man annehmen, dass es sich ein Elternpaar und Sohn bzw. Tochter samt Schwiegertochter bzw. Schwiegersohn handeln könnte.
Ein trauernder Genius zeigt den Tod an#
Der Glaube der klassischen römischen Antike maß jedem Menschen ein geistiges Wesen zu, das man Genius nannte. Diesen stellte man sich als einen unsichtbaren Schutzgeist vor, der von der Geburt an als Begleiter da war und erst im Tode von einem wich. In der römischen Kaiserzeit spielte er dann auch bei der Vergöttlichung des noch lebenden Herrschers eine Rolle. Man brachte ihm auch jeweils am Geburtstag besondere Opfer dar. Auch Orte und ganze Landschaften konnten einen Genius haben, weshalb man noch heute als besondere Hervorhebung von einem Genius loci spricht.
Hier begleitet ein solcher, als Ausschnitt des Restes eines Grabreliefs gesehen, die Brustfigur einer Frau in norischer einheimischer Tracht der üblichen Ausstattung. Der Genius wird als nackter junger Mann mit Flügeln dargestellt, der sich gesenkten Hauptes auf eine erlöschende, nach unten gekehrte Fackel als Symbol des Todes stützt. Diese Porträtnische eines Grabmonuments stammt aus Flavia Solva und entstand im 2. Jahrhundert n. Chr.
Ein römischer Meilenstein unter dem Kugelstein bei Deutschfeistritz#
Meilensteine geben an Römerstraßen nicht nur Entfernungen von und zu Orten an. Sie sind gleichzeitig Zeugen, wie in der römischen Antike das Straßensystem als wichtigste Klammer für die Einheit und den Zusammenhalt des Imperiums, das in seinen besten Zeiten von Britannien bis nach Mesopotamien reichte, gepflegt und unter Aufsicht gehalten wurde. Diese Straßen waren nicht schon seit Jahrtausenden ausgetrampelte Pfade, sondern bewusst dem Gelände angepasste Wege mit festem Untergrund, einer Bombierung und mit einem Straßengraben. Auf vielen Strecken gab es sogar Pflasterung, die bei steileren Stücken sogar mit vorgegebenen Spurweiten versehene Wegstücke bildeten. Die Straßen dienten vor allem dazu, rasche Verschiebungen marschierender Truppen zu ermöglichen und dem Handel und Kurierverkehr beste Möglichkeiten zu gewähren. An ihnen gab es Raststationen, Pferdewechselpunkte und eine eigene Truppe, die der Benefiziarier, sorgte für Sicherheit und Ordnung.
Dieser Meilenstein wurde 1906 beim Bau des E-Werkkanals unter dem Kugelstein in der Gemeinde Deutschfeistritz, Bezirk Umgebung Graz, gefunden und dem Joanneum überantwortet. Solche Wegmarken tragen meist die Namen des Kaisers, unter welchem sie gesetzt worden waren. In diesem Falle ermöglicht die Interpretation sogar eine sehr genaue Datierung: Es war die erste Hälfte des Jahres 218 n. Chr. Die Herrschernennung bezieht sich auf keine prominente Gestalt. Es handelt sich um den Kaiser Marcus Opellius Macrinus, welcher aus den afrikanischen Provinzen Roms stammte. Diese und den Orient hat er während seiner Regierungszeit vom 11. April 217 bis zum 8. Juni 218 niemals verlassen und war, was ja oft geschah, von Soldaten umgebracht worden, weil er sich bei den Legionen unbeliebt gemacht hatte. Aber die Ehrentitel waren infolge der offiziellen Löschung aus dem Gedächtnis (lat. damnatio memoriae) herausgemeißelt worden, nicht aber die Namen, sodass wir über den Veranlasser der Aufstellung Bescheid wissen.
Gladiatorenspiele auch in Flavia Solva#
So unbedeutend im Gesamtreich Flavia Solva auch gewesen sein mag, eine Arena für Gladiatorenspiele zur Belustigung des Pöbels aller Stände gab es trotzdem. Eine natürliche Geländesenke im Süden des bebauten Gebietes hatte man ausgenutzt, durch Abgrabungen in eine halbwegs ovale Form gebracht, mit hölzernen Tribünen ausgestattet – und die Spiele um Leben und Tod konnten beginnen. Außer dieser noch heute im Gelände mitten unter landwirtschaftlichen Flächen deutlich sichtbaren Realie hat sich aber auch ein einzigartiges dazu passendes Weiherelief erhalten. Ein winziger Buchstabenrest einer einst umfangreicheren Inschrift, der als EAE NEMESI zu lesen ist, erklärt jedoch die Funktion des Reliefs: Es ist der Göttin Nemesis geweiht und wurde ebenfalls auf dem Gelände der Solvenser Arena gefunden. Das Relief zeigt, wie die Göttin einen Gladiator bekränzt. Nemesis wurde von den Römern aus der griechischen Mythologie übernommen. Sie ist die Göttin des gerechten Zorns oder auch der ausgleichenden Gerechtigkeit. Als Tochter der Nyx (griech. Nacht) ist auch sie einer der vielen Nachkömmlinge des Zeus. Bei den Römern wurde sie zur typischen Beschützerin der Gladiatoren, deren blutige Kämpfe den Griechen vorerst unbekannt gewesen waren. Man meint heute, dass diese ein etruskisches Erbe gewesen sein könnten.
Auf dem Relief trägt die Göttin ein bodenlanges Gewand (griech. Peplon). Ihre rechte Brust ist nackt. Über den linken Arm ist ein Mantel gelegt, der Palmzweig in der linken Hand ist als Siegessymbol zu verstehen. Ihre Darstellung weicht ein wenig von der üblichen ab. Man scheint sie der Siegesgöttin Victoria (griech. Nike) angeglichen zu haben.
Der barhäuptige und vollbärtige Mann trägt eine bis zu den Knien reichende Tunika. Seine linke Körperhälfte deckt er mit einem ovalen gewölbten Schild mit Schildbuckel. In der Rechten hat er eine Fackel und eine Peitsche. Auf einem Sockel stehen ein Helm und ein Dreizack. Bekanntlich war eine besondere Art von Gladiatoren mit Dreizack und Netz bewaffnet. Diese versuchten mit List und Geschick den Gegner einzufangen und dann den Wehrlosen zu töten.
Das Tier zu Füßen der beiden wird als der Höllenhund Kerberos, latinisiert Cerberus der griechischen Mythologie gedeutet. Dieser bewacht den Eingang zur Unterwelt, sodass kein Lebender sie betreten und kein Toter sie verlassen kann.
Unter Umständen wurde das Weiherelief von einem Unternehmer gestiftet, der eine Gladiatorenschule unterhielt und seine Mannschaft an Leute vermietete, welche die Spiele ausrichteten (lat. editor muneris).
Fast schon ein Engelchen#
Aufzeichnungen fehlen, die den steirischen Fundort dieses Grabreliefs preisgeben. Man kann nur annehmen, dass es sich um ein Werk des 2. Jahrhunderts n. Chr. handelt. Mit einer Höhe von 75 cm muss das Werk ein ziemlich großes Grabdenkmal geschmückt haben, das über der Sockelzone seitlich solche begleitenden Elemente gehabt haben muss. Was auffällt ist, dass es sich um eine jugendliche geflügelte weibliche Gestalt handelt, weil sonst fast ausschließlich männliche gezeigt werden. Als einziges Bekleidungsstück bemerkt man nur ein Tuch, das über den linken Arm geschlungen ist. Die in den Händen gehaltenen Attribute sind schwer zu deuten. Was befindet sich in dem flachen Behälter, das das Engelchen in der rechten Hand hält? Und ist das Etwas am Stiel in der Linken ein doppelter Mohnkopf, der die schlafbringenden Mohnkörner enthält. Zur Thematik eines Grabes würde dies passen. Aber rätselhaft in vielerlei Hinsicht bleibt dieses Relief von guter bildhauerischer Qualität trotzdem.
In der Antike waren Skulpturen und Reliefs bemalt wie auch dieses steirische Beispiel vor Augen führt#
Nicht sehr proportioniert erscheint die Gestalt dieses nackten Mannes. Besonders die ungeschickte Beinstellung fällt auf, die einem Daherschreiten nicht sehr gerecht wird. Auf der linken Schulter trägt er einen Behälter, wahrscheinlich einen Korb und in der rechten Hand eine Art Schlauch, wie er für den Transport von Wasser oder Wein verwendet wurde. Die Darstellung stammt mit Sicherheit vom Seitenpilaster eines Grabmals, sitzt in einem profilierten Rahmen und wird von oben durch Voluten geschlossen, wie sie für den norischen und pannonischen Raum charakteristisch sind. Unter Kopf und Armen sind noch deutlich die Spuren einer antiken Bemalung in Rot zu erkennen. Die Herkunft des Reliefs aus einer weststeirischen Werkstätte ist nicht bekannt.
Heimkehr von der Ernte#
Ein ebenfalls im 19. Jahrhundert entdecktes und 1888 beschriebenes Relief ist der Seitenpilaster eines Grabmals, das dem vorhergehenden in vielerlei Hinsicht, auch in seiner minderen bildhauerischen Qualität gleicht. Der nackte Mann trägt wie vorhin einen Korb auf der linken Schulter. In der rechten Hand hält er aber ein nach oben gekehrtes langes und krummes Messer, das möglicherweise eine Sichel darstellen soll. Die Beinstellung wirkt im Schreiten unbeholfen, die Körperproportionen bezeugen ebenfalls einer ehe zweitrangige Fertigungsstätte.
Ein norisches weibliches Brustbild als Fragment eines Grabreliefs#
Das Marmorfragment mit dem Relief einer norisch gekleideten Frau stammt von einem Grabmal der Zeit um 100 n. Chr. und ist unbekannter Herkunft. Die künstlerische Qualität dieser Steinmetzarbeit ist als nicht sonderlich hoch einzuschätzen, die Details an Kleidung und Schmuck sprechen aber für sich: Eine flache norische Haube, zwei Halsringe, von denen einer die halbmondförmige Lunula zeigt, und ein Umhang über dem von Fibeln gehaltenen Gewand.
Ein norisch-römisches Ehepaar im Verband seiner Familie#
Von diesem Grabrelief sind sowohl die Inschrift als auch die abgebildeten Personen nur mehr teilweise erhalten. Und dennoch sind auch diese Reste aussagekräftig. Das Werk stammt aus Seggauberg bei Leibnitz und wird ins 1. Jahrhundert n. Chr. datiert. Eine ganze Familie spricht zu uns, nämlich das Ehepaar Lucco, Sohn des Surus, seine Frau Dubna, sowie sein Sohn und dessen Gattin. Das Gattenpaar zeigt, wie die Frau ihren linken Arm vertraulich auf die rechte Schulter ihres Gatten legt. Der Mann berührt sie mit seinen Schwurfingern und hält in der Rechten anscheinend eine Schriftrolle. Die Köpfe des Reliefs sind leider weggebrochen, aber Kleidung und Schmuck sind deutlich auszunehmen und sehr sorgfältig in den Stein gehauen. Es handelt sich bei allen Personen, wie auch ihre Namen, sagen, um Peregrine, das heißt Kelten, die noch nicht das römische Bürgerrecht erlangt hatten.
Es handelt sich also um Lucco, Sohn des Surus. Seine Frau heißt Dubna, ihr Vatersname ist verlorengegangen, ebenso die Namen des Sohnes und der Schwiegertochter, von deren Vatersnamen nur mehr die Endsilbe –anus zu lesen ist. Das Ehepaar scheint schon relativ betagt gewesen zu sein, denn sein Sohn war bei seinem Tod bereits vierzig Jahre alt gewesen. Die Namen Lucco, Surus und Dubna sind keltisch.
Auch ein Statuenfragment zeigt noch Würde#
Ein Torso, also der Rest einer Statue ohne Kopf und Gliedmaßen wie dieser, kann noch Ebenmaß und Eindruck vermitteln. Dies ist auch der Fall bei der etwa 120 cm hohen Gewandstatue, die einen Togatus, also einen in das klassische römische Männergewand des freien römischen Bürgers, die Toga, gehüllten Mann zeigt. Würde man die Statue ergänzen, käme man auf eine lebensgroße Figur. Das Werk aus Marmor stammt aus Schwanberg im Bezirk Deutschlandberg und wurde 1881 aufgefunden und dem Joanneum überantwortet.
Das Neue Lapidarium in der ehemaligen Orangerie des Schlosses Eggenberg zu Graz#
Die Römersteinsammlung des Landesmuseums Joanneum, das jetzt den Allerweltsnamen Universal-Museum führt, ist in ihrer Neuaufstellung bereits der dritte Versuch in einem Jahrhundert, diese antiken Schätze in sinnvollen Zusammenhängen und wissenschaftlich auf den letzten wissenschaftlichen Stand gebracht, der Öffentlichkeit zu präsentieren.
Barocke Schlossbesitzer waren besonders im 18. Jahrhundert darauf aus, sich für unsere Breiten auch Exotisches nachhause zu holen. Dazu zählten außer Bäumen, Sträuchern und Blumen für den Park auch mediterranes Obst wie Feigen, Pomerantschen und Limonen, wie man Orangen und Zitronen einst nannte. Die Fruchtträger waren jedoch nicht winterfest und so brachte man sie in langgestreckten Gebäuden unter, deren Südseiten große und ungemein teure Glasfenster hatten, welche Sonnenwärme einfangen sollten. Und diese wegen ihrer Funktion Orangerie genannten Bauwerke, die oft in den Fundamenten einen Weinkeller bargen, waren auch beheizbar, sodass man die kostbaren Bäumchen auch über den Winter brachte.
Eine solche wenngleich nie richtig vollendete Anlage als Sichtziegelbau besaß seit dem 18. Jahrhundert auch das Schloss der Fürsten von Eggenberg und später der ihnen nach dem Aussterben der Manneslinie nachfolgenden Grafen von Herberstein. Und in diesem Bauwerk wurde nun das Neue Lapidarium und das Museum für Archäologie unter der Planung durch die Architektengruppe Purpur untergebracht und am 17. April 2004 eröffnet.
In sehr klaren Zusammenhängen wurden bei der Neuaufstellung der zahlreichen Objekte nicht nur der Fundus des alten Lapidariums im Schlosspark, sondern auch solche aus Depots des Landesmuseums Joanneums und dazu Leihgaben kommentiert und durch einen Führer erschlossen, der dem Besucher einen guten Überblick über Wesen, Funktion, Ikonographie und künstlerische Dimensionen steirischer Römersteine als Relief, Skulptur und Schriftträger gewährt. Das Neue Lapidarium ist das letzte Werk des ehemaligen Leiters der entsprechenden Abteilung des Joanneums Erich Hudeczek, der sich auch besondere Verdienste als Ausgräber weiterer Bereiche, besonders des Handwerkerviertels von Flavia Solva erworben hatte. Er starb 2007.
Bürokratie und Beamte im alten Römerreich#
Unter den besonders interessanten Stücken des neuen Lapidariums findet sich auch das Fragment eines Reliefs mit einem „Beamtenthron“, einer Sella curulis, mit drei begleitenden männlichen Gestalten. Das aussagekräftige Stück war ursprünglich in der Bischofsburg Seggauberg bei Leibnitz eingemauert, gelangte dann aber ins Joanneum nach Graz. Römischen Beamten stand ab einem gewissen Rang ein solcher zusammenklappbarer nobler Sessel zu. Da Amtsgeschäfte wie Gerichtsverhandlungen oft im Herumreisen im Amtsbezirk durchgeführt wurden und eine solche Sitzung dann beginnen konnte, wenn der hohe Beamte Platz genommen hatte, wurden solche zusammenlegbaren Sitze von Dienern mitgeführt und wenn nötig nach Adaption aufgestellt. Zu den Begleitern der Amtsträger zählten die Liktoren, die auch hier zu sehen sind. Als Kennzeichen ihrer Amtswürde tragen sie ein Rutenbündel, in welches mit Schnüren (lat. fasces) ein Beil eingebunden ist. Benito Mussolini, der in seinem imperialen Wahn das Römische Reich wieder auferstehen lassen wollte, nannte seine Ideologie nach diesen fasces Fascismo, zu deutsch Faschismus, heute ein Allerweltsbegriff für alles, was nicht dem Marxismus in seinen Spielarten zu folgen gewillt ist.
Die schöne römische Capitalis quadrata als die klassische römische Schrift für Inschriften#
In Schloss Hart in Thal bei Graz fand man 1859 diese in einen schön profilierten Rahmen eingeschlossene Grabinschrift. Ein Iunius, Sohn des Vercaius, hat das dazugehörige, aber nicht mehr erhaltene Grabmal zu Lebzeiten für sich und seine Gattin Bugia, Tochter des Secundus machen lassen. Da beim genannten Auftraggeber nur der Vor und der Vatersname vorkommt, handelt es sich um einen Peregrinus, also einen einheimischen Mann keltischer Herkunft. Reichsbürger trugen die typisch römischen Tria nomina („drei Namen“) mit Vornamen, Nomen gentile („Namen des Familienverbandes“) und Nachnamen wie man es am Beispiel des Caius Julius Caesar am deutlichsten vor Augen hat. Die Attraktivität römischer Kultur für die keltische Grundbevölkerung wird auch daran deutlich, dass man sich zum Teil schon klassischer lateinischer Namen bedient. Bugia und Vercaius sind aber noch keltisch. Die Gattin ist bereits in ihrem dreißigsten Lebensjahr verstorben.
Die Inschrift ist in der klassischen römisch-antiken Quadratschrift in den Stein gehauen. Diese wird auf lateinisch Capitalis quadrata oder auch Capitalis elegans genannt und bringt den gesamten Text in Großbuchstaben. In Stein gemeißelt wird sie zur Capitalis monumentalis. Sie wurde von den Römern in einem etwas anderen Ductus auch als Buchschrift verwendet und im Frühmittelalter zur Majuskelschrift für Urkunden und andere Texte.
Die Sehnsucht nach dem Fliegen nimmt im Mythos menschliche Gestalt an#
Grabmäler tragen oft auch Darstellungen mit religiösen Bezügen, die sich aus der griechisch-römischen Mythologie ableiten lassen. Dazu gehören auch die Bilder von Kulturheroen wie Ikarus, dem es als Menschen gelang, es den Göttern gleichzutun und zu fliegen. Das Neue Lapidarium stellt einige dieser Darstellungen nebeneinander. Obwohl das folgende Beispiel stark beschädigt ist, zeigt es, dass die Flügel des Ikarus Menschenwerk durch Erfindungsgeist sind und der Mann sie durch Griffe mit ganzer Muskelkraft der Arme bewegen konnte.
Diese etwa einen halben Meter hohe Statuette wurde 1842 in einem Grabhügel in Wagna bei Leibnitz gefunden, der laut Inschrift eine Urne mit der Asche eines mit fünf Jahren verstorbenen Kindes enthielt. Das deckt sich auch mit dem Mythos des Ikarus, der mit seinem Vater Dädalus mit Hilfe künstlicher Flügel durch die Lüfte aus Kreta geflohen war, jedoch ins Meer stürzte, weil er der Sonne zu nahe gekommen war, und dort den Tod fand. Jugendliches Alter und Tod hätten hier, wenn beabsichtigt, bei dem tragisch frühen Tod des Kindes eine sinnvolle Verbindung eingegangen.
Der persische Mithras als römischer Sonnengott Sol Invictus#
Der Jenseitsglaube der Griechen und Römer hatte für die Hoffnung des Individuums auf eine Art Erlösung nach den Plagen und Leiden des irdischen Lebens einen nur geringen Spielraum. Über Unterweltsflüsse geführt, verlor man die Erinnerungen an das Vorher und wandelte als friedloser Geist durch eine freudlose Unterwelt. Eine Vergeltungsgerechtigkeit für Bösewichter schien es genauso wenig zu geben wie eine Belohnung für die Guten. Die Moral hatte auch kaum Gesetze, die über das Naturgesetz hinausgingen und die Götter waren so menschenähnlich, dass selbst ihr Vater als Zeus oder Jupiter kaum eine ethisch-moralische Vorbildwirkung entfalten konnte.
Dass nun Kulte von außen schon in den Endphasen der Republik mehr versprachen und in der Lage waren, Trost zu spenden, kann man schön bei der ägyptischen Isis ablesen, die als mütterliches Prinzip Eingang auch in die Götterwelt der Römer fand. Nach der Zeitenwende traten dann zwei Kulte auf, die in fast überreichem Maße ein paradiesisches Jenseits versprachen, wenn man ihren moralischen Ansprüchen genügte. Die eine derselben war das Christentum, das aus dem Judentum entsprungen war. Und die andere, die aus der Kontaktzone mit dem Mittleren Osten, aus Persien kam, war der Kult des Mithras, der im Sinne einer teilweisen Interpretatio Romana mit der unbesiegbaren Sonne, dem Sol Invictus gleichgesetzt wurde. Der Name dieser altiranischen Gottheit bedeutet „Vertrag“ oder „Freund“.
Christentum und Mithraismus waren Erlösungsreligionen. Während das Christentum durch alle Schichten hindurch Verbreitung fand, war die Verehrung des Mithras eine Religion exklusiv für Männer. Bei den Christen gab meist die Mütter den Kindern den Glauben weiter. Bei den Mithrasanhänger war man von Mission abhängig. Durch die starke Mobilität der römischen Legionen verbreitete er sich besonders seit dem 2. Jahrhundert n. Chr. durch das ganze Reich. Es handelte sich dabei um eine Mysterienreligion mit geheimnisvollen Einweihungsstufen und Opfern in unterirdischen Kulträumen, den Mithräen, von denen es in der alten Steiermark auch etliche gab.
Das stark verschliffene Relief aus Maria Rast zeigt den typischen Aufbau des Kultbildes. Man sieht, wie Mithras einen Stier tötet. Er wird von zwei Fackelträgern namens Cautes und Cautopates begleitet. Außerdem sind gewöhnlich an Tieren, ein Hund, ein Rabe, eine Schlange und ein Skorpion zu sehen.
Ein korinthisches Kapitell#
Antike Kapitelle korinthischer Ordnung kann man eigentlich wegen der plastischen Darstellung von pflanzlichen Elementen auch zu den Skulpturen zählen. Von einem größeren vollständig verschwundenen Bau muss dieses Exemplar aus Greith bei St. Georgen stammen.
Fabelwesen einer mythischen Zoologie#
Fabelwesen, die in der Hauptsache tierisch erscheinen, jedoch in ihrem Aufbau Körperteile verschiedener Species aufweisen, sind in der antiken Kunst häufig und haben wie hier bei diesem Relief aus Feldkirchen bei Graz als Teil einer Grabanlage gedient. Obwohl stark beschädigt, erkennt man, dass das geflügelte Phantasiegeschöpf einen menschlichen Arm, eine Pranke von einem Raubtier, aber auch eine weibliche Brust und Zitzen eines Tieres aufweist
Göttliche Abenteuer mit göttlich schönen Frauen - Zeus der Beischlaferschleicher#
Zu den bekanntesten sexuellen Abenteuern des Göttervaters Zeus zählt seine Begegnung mit Leda, der Mutter der Dioskuren, der er sich in Gestalt eines Schwanes genähert hatte. Die Szene, wie Leda letztendlich vergeblich versucht, der Überwältigung durch den lüsternen göttlichen Wüstling zu entrinnen, wird hier in diesem Grabrelief aus Stubenberg in der Oststeiermark nahe der Grenze zu Pannonien eindrücklich gezeigt. Leda versucht, ihre Blößen zu verdecken. Ihr Kleid ist schon fast vom Knie abwärts zu Boden geglitten. Sie versucht, es noch krampfhaft festzuhalten.
Eine Heilquelle von der Antike bis heute#
In Grubegg-Heilbrunn bei Bad Mitterndorf wurde dieses Fragment eines Reliefs gefunden, das einen Votanten beim Opfer an einem Altar und die Gestalten von drei Nymphen zeigt. Diese Schutzgöttinnen von heilenden Wässern werden nackt gezeigt, denn man badete ja auch als Mensch nackt. Sie halten als Attribute Muscheln vor ihr Geschlecht, denn diese dienten ja zum Wasserschöpfen. Besonders im griechischen Raum des Nahen Ostens gab es prächtige, den Nymphen geweihte Bauten, die dem Kult dienten.
Allegorien der Jahreszeiten#
Aus Gröbming im Ennstal stammt dieses Fragment eines Zyklus mit den Darstellungen der Jahreszeiten. Ein fest eingehüllter Mann steht für den Winter, während der Mond mit einem Pferdegespann über den Himmel zieht.
Ihr Blick lässt zu Stein erstarren - Die Medusa mit ihrem schlangenumringelten Haupt#
Zu den Schreckgestalten der antiken Mythologie zählt das Ungeheuer Gorgo oder Medusa mit seinem von Schlangen umringelten Kopf. Ihr wurde durch den bekannten Helden Perseus der Garaus gemacht und diese Szene ist auf diesem Relief aus dem weststeirischen Oswaldgraben dargestellt. Der bis auf einen nach hinten flatternden Chlamys, einem antiken Umhang, nackte Heroe versucht, dem Ungeheuer, dessen Blick jeden versteinern lässt, mit abgewandtem Gesicht den Kopf abzuschlagen. Rechts steht die Göttin Athena als Beschützerin des Perseus und hält ebenfalls mit abgewandtem Kopf einen Spiegel, sodass der Held ohne Gefährdung sein Werk vollenden kann. Das Relief für eine Grabanlage wurde im 2. Jahrhundert n. Chr nach einer wahrscheinlich allgemein bekannten Vorlage geschaffen.
Söhne des Zeus als Beschützer der Pferde#
Zu den unter Verkleidungen vom Göttervater Zeus gezeugten Sprösslingen zählt auch mindestens einer der beiden Dioskuren Kastor und Pollux. Schon der Name weist auf diesen Ursprung her: Altgriechisch Dios kuroi „Söhne Iupiters/des Zeus“. Bei einem, den die Griechen Polydeukes, die Römer Pollux nannten, ist es sicher. Zeus hatte die Leda in Gestalt eines Schwanes verführt. Beim anderen könnte es auch der gehörnte Gatte der Leda Tyndareos gewesen sein, der den Vater abgab. Sie sollen auch die Brüder der Helena gewesen sein. Jedenfalls haben wir ein Götterpaar vor uns, das wie auch die Darstellungen zeigen, als Beschützer der Pferde Verehrung fand und das als abenteuerlustige Gesellen auch den Iason und seine Argonauten auf der Suche nach dem Goldenen Vlies begleiteten.
Von einem Grabrelief, das 1913 in Dobl bei Graz gefunden worden war, ist nur einer der beiden Dioskuren erhalten geblieben. Dieser hält ein Ross am Zaum, ist bis auf einen Chlamys-Umhang nackt, trägt einen aufwändigen Helm und ist mit einem Speer bewaffnet.
Weinbau in Noricum als künstlerischer Reflex der Sehnsucht nach Genuss im Jenseits?#
Dieses Marmorrelief aus Wundschuh südwestlich von Graz stammt aus dem 2. Jahrhundert n. Chr. und kam 1913 von der dortigen Pfarrkirche ans Joanneum nach Graz. Damals muss der Weinbau durch die Römer in Noricum bereits existiert haben, wenngleich – wie Amphorenfunde beweisen – die besseren Weinqualitäten und Luxusweine aus dem Süden importiert worden sind. Die beiden mythologischen Gestalten, die auf dem Relief als Eroten zu sehen sind, muss man mit dem Auge suchen. Sie sind an der Basis der Darstellung zu sehen, wie sie von Trauben naschen, die an einem reich beblätterten Weinstock hängen, welcher aus einem Standgefäß wächst. Das eine erotische Engelchen isst im Sitzen, das andere steht und pflückt die Beeren von der Traube. Auch eine Schlange, die sich um dieses Gefäß windet, tut sich an den Früchten gütlich.
Bekanntlich ist die ursprüngliche Heimat der Weinrebe, die die Botanik Vitis vinifera nennt, das Gebiet, das großräumig im Grenzgebiet zwischen dem Iran und Afghanistan liegt. Schon dort muss man die Idee gehabt haben, aus den saftigen Beeren der Trauben ein alkoholisches Getränk zu bereiten, dessen Name von Volk zu Volk weitergegeben wurde, und über griechisch oinos, lateinisch vinum, zu alt- und mittelhochdeutsch wîn zu unserem Wort Wein wurde, das also mit der Sache über das Klosterlatein im Frühmittelalter übernommen worden war. Wahrscheinlich kommt es aus einer noch nicht identifizierten mittelalsiatischen Sprache.
Griechische Mythologie auf dem Fragment eines mächtig großen Grabdenkmals aus Bad Waltersdorf#
Der heutige oststeirische Kurort Bad Waltersdorf liegt in einem Gebiet, das in der Antike sehr fruchtbar, deswegen dicht besiedelt und kulturell sehr aufgeschlossen gewesen sein muss. Das lässt sich auch daran ablesen, dass in diesem Ort sehr viele Römersteine gefunden wurden, unter denen sich eines der bedeutendsten römerzeitlichen Grabbaufragmente des ganzen Landes befindet. Es handelt sich dabei um einen mehr als zwei Meter hohen Wandpfeiler aus Marmor, der 1904 über kirchliche Vermittlung in das Landesmuseum Joanneum kam.
Bei dem Relief muss es sich um den Seitenteil eines sehr großen Grabmonuments gehandelt haben, wie es sich nur eine sehr wohlhabende und gesellschaftlich einflussreiche Familie hatte leisten können. Man kann annehmen, dass es sich um die Besitzer eines großen römischen Gutshofes (lat. curtis) gedreht hat. Ein prominentes oststeirisches Vergleichsbeispiel wäre da die Gutsanlage von Löffelbach bei Hartberg.
Obwohl dieses große, aus einem Stück gearbeitete Relief in seiner Oberfläche durch Verwitterung ziemlich verunklart ist, zeigt doch eine Analyse der Darstellungen, welch eminent geistiger Hintergrund bei der inhaltlichen Bestellung der Auftraggeber und der Bildhauerwerkstatt hier geherrscht hat, als es kurz nach 150 n. Chr. entstanden ist. Im Mittelfeld sind drei Szenen übereinander angeordnet, von denen eine der hellenischen Theaterwelt um Medea entspringt. Die Heldin flieht aus Korinth, schwingt auf einem Wagen ein Schwert und lässt mit der Linken ein Kind nach unten stürzen. Sowohl der Grieche Euripides als auch der Römer Seneca haben diesen Stoff dramatisiert auf die Bühne gestellt, von wo er wiederum als Motiv die Bildende Kunst erreichte.
Die beiden unteren Szenen haben mit dem Medea-Stoff nichts zu tun. Man erkennt eine unter einem Baum sitzende männliche Gestalt, zu welcher ein Hund aufblickt. Eine zweite Gestalt wendet sich dem Betrachter zu und spielt anscheinend auf einer Rohrflöte (griech. syrinx). Am Ende des Reliefs darunter sind ein Bär und einige Rinder zu sehen. Man könnte annehmen, dass es sich um den Sänger Orpheus handle. Dem ist aber nicht so. Vielmehr sieht man Paris in exotischem Gewand mit Hund und Rinderherde auf dem Berg Ida.
Die Seitenfelder sind mit pflanzlichen Motiven, kleinen Eroten, Delphinen geschmückt und rahmen das zentrale Feld mit den mythologischen Szenen ein.
Der Sklave bedient nicht seinen Herrn beim Mahl, sondern begleitet ihn zu einer Opferhandlung#
Solche Szenen sind auf aufwändigeren Grabmälern häufig. In Nischen werden Menschen gezeigt, die ihre Herrschaft zu einem Opferritual begleiten und die dazu notwendigen Requisiten mittragen. Ein Seitenteil aus Marmor zeigt einen Mann, welcher der Beinstellung nach im Schreiten begriffen ist. Er trägt ein knielanges Gewand mit langen Ärmeln und hält in der rechten Hand eine Kanne, in der linken hingegen ein Schale, die anscheinend gefüllt ist, weil sie an einem Henkel wagrecht gehalten wird. Übergießungen von Altären gehörten auch zu solchen Ritualen. Über die Herkunft des Reliefs kann nichts ausgesagt werden. Dem Stil nach stammt es aus dem 2. Jahrhundert n. Chr.
Eine Dienerin bringt ihrer Herrin Spiegel und „Beautycase“#
In Rein bei Gratwein wurden Reste eines Grabmals aus dem 2. Jahrhundert n. Chr. gefunden, bei denen dieses Reliefs von einem Seitenteil auffällt, weil es eine weibliche Dienergestalt trägt. Diesmal ist es kein Gang zu einem Opfer, sondern eher der in das Boudoir einer römischen Dame wohlhabenden bis sehr reichen Standes. Wie schon bei den Ägyptern waren für die weiblichen Oberschichten der Gesellschaft des Imperium Romanum neben der Kleidung Schönheitspflege, Kosmetik, Schminke, Frisur von großer Bedeutung für die Repräsentation und natürlich für „das ewig Weibliche“. Der mit der linken Hand wagrecht gehaltenen Spiegel war in dieser Zeit noch kein gläserner. Man muss sich ihn als eine hochpolierte Bronzeplatte mit Griff vorstellen.
Auch die Dienerin selber ist phantasiereich gekleidet und das Gewand beschränkt sich nicht auf einen bloßen Kittel. Über einem gefältelten Unterkleid sitzt ein ärmelloses Gewand mit vielen Falten mit einem runden Dékolleté. Ein Umhängetuch fällt in Falten vom Gürtel herab, der unter der Brust ansetzt.
Flavia Solva war auch ein „Pensionopolis“ für Offiziere der römischen Legionen#
Markig richtet dieser Centurio seinen prüfenden Blick nicht auf den Betrachter, sondern er vermittelt den Eindruck, als stünde er vor seiner Truppe, einer Centurie als Kompanie von etwa hundert Mann, und wolle Befehle erteilen. Das Rundmedaillon ist Teil eines Grabmals aus Flavia Solva, das in Seggauberg bei Leibnitz gefunden worden war. Es stammt aus der Zeit um 130 n. Chr. Das Fehlen des Teiles mit der Grabschrift enthält uns den Namen des Offiziers, vielleicht auch seiner Truppe vor.
Das vollbärtige Gesicht könnte sogar eine gewisse Porträtähnlichkeit aufweisen, da verallgemeinernde Stilisierung eigentlich nicht zu erkennen ist. Die Halbfigur trägt Rüstung und Bewaffnung, wie sie einem Offizier dieser Rangklasse zustanden. Als Centurio hält er in der Rechten einen Rebstock (lat. vitis) als Kommandostab, wie er heute noch etwa in der britischen Armee weiterlebt. Er diente zum Erteilen von nonverbalen Kommandos, aber auch zur Züchtigung unbotmäßiger Soldaten. Seinen Oberkörper deckt ein aus Riemen zusammengesetzter Panzer als Rüstung (lat. lorica). Auf der Brust droht ein aus Metall getriebenes Gorgonenhaupt. Darunter spannt sich die Offiziersbinde (lat. balteus) um den Leib. Auf der linken Schulter sieht man einen Teil des Offiziersmantels (lat. sagum), dessen Ende er über dem linken Unterarm gelegt hat. Sein Kurzschwert (lat. gladius) mit Adlerknauf hält er mit der rechten Hand umklammert an den Körper gedrückt. Rechts sieht man hinter ihm die Innenseite eines ovalen Schildes mit Schildbuckel und Griff, was insoferne eigenartig ist, als Centuriones als Offiziere keinen Schild trugen.
Trotz fehlender Grabschrift sehr aussagekräftig#
Aus Seggauberg stammt dieser Rest eines Grabdenkmals für ein Ehepaar aus dem 2. Jahrhundert n. Chr. Der Typus des für Noricum so typischen Rundmedaillons ist hier zu einer ovalen Form abgeändert, die nach außen durch zwei Füllhörner (lat. cornu copiae) begrenzt wird. Der Giebel darüber ist nicht vollständig, sondern bildet nur eine Schräge. Obenauf sitzen zwei Seegreifen als Fabelwesen. Der Mann gibt sich schon als Römer, trägt Tunika und Toga und hält in der Hand eine Schriftrolle, vielleicht das Dokument mit dem ihm verliehen Bürgerrecht. Seine Gattin ist noch ganz norische Keltin. Sie hat ein Gewand mit Umhang, auf dem Haupt die charakteristische norische Haube. An Schmuck erkennt man eine Halskette, eine Brustzier und zwei Fibeln.
Fabelwesen auf Grabmälern#
Die Sockelzonen von Grabmälern, in denen auch die Behälter für die Totenasche eingeschlossen waren, ruhen oft auf Balken, die mit symbolträchtigen Reliefs geschmückt sind. Hier steht in der Mitte ein mit Henkeln versehenes Kantharos-Gefäß, das von zwei Greifen begleitet wird. Diese beliebten Fabeltiere als Mischung aus Adler und Löwe haben apotropäischen, also dämonenabwehrenden Charakter. Dieses Relief stammt aus dem Oswaldgraben bei Kainach b. Voitsberg, von wo zu Römerzeiten ein sehr qualitätsvoller weißer Marmor für die Bildhauerwerkstätten gewonnen wurde.
Auch dieses Grabrelief verfolgt ähnliche Zwecke und soll wohl zeigen, wie böse Kräfte in Gestalt von Jagdhunden Hasen jagen und fassen, die den gefährdeten Menschen versinnbildlichen. Es stammt aus Seggauberg.
Jupiter breitet als Adler seine Schwingen aus#
Von selten gutem Erhaltenszustand ist dieser komplett erhaltene Grabstein aus Landscha in der Gemeinde Gabersdorf bei Leibnitz. Er wurde 1876 für das Joanneum erworben. Längere Zeit war er wohl wegen seiner Qualität, obwohl er nicht im Fundzusammenhang steht, in der Donawitzer römischen Grabkapelle des Lapidariums angebracht. Zu oberst halten links und rechts je ein Löwe einen Widderschädel in den Pranken. Darunter ist, getrennt durch einen Zierfries, im Giebeldreieck ein Adler zu sehen, der seine Flügel ausspannt und den Göttervater Jupiter symbolisieren soll, der alles beschützt.
Die Grabschrift spricht von Lucius Memmius Andria, der ein freigelassener Sklave des Lucius gewesen und im hohen Alter von 90 Jahren gestorben war. Ebenso ist von seiner Gattin Acauco und dem Lucius Memmius Scorpus die Rede, der mit 60 Jahren und dessen Gattin Musa, welche mit 55 Jahren aus dem Leben geschieden waren. Den Grabstein hatte ein gewisser Cosmus aufstellen lassen.
Das Bild am Sockel zeigt einen stehenden Mann, der eine nur knielange Tunika trägt, die ihn als Sklaven charakterisiert. In der rechten Hand trägt er einen gesenkten Stab, über der Schulter ein Tuch oder ein zusammengelegtes Gewand. Vielleicht war Lucius der Kammerdiener seines Herrn gewesen.
Ein antiker Grabstein, der durch Jahrhunderte als gewöhnlicher Baustein diente#
1833 wurde dieses Fragment einer Grabstele in Leibnitz als Spolie aus einem Wohnhaus geborgen und nach Seggauberg gebracht. Das Werk stammt aus der Zeit um 100 n. Chr. Auch hier kauert ein Adler mit ausgebreiteten Schwingen, wird aber links und rechts von Delphinen als Mittler zwischen Diesseits und Jenseits umspielt. Die Grabinschrift spricht von einem Kelten Bonio, Sohn des Attus, und seiner Gattin Baebia Suadulla, die der Namensform nach bereits das römische Bürgerrecht besaß. Suadulla als Cognomen ist aber trotzdem der Sprache nach keltisch-norisch. Bonio war im für einst hohen Alter von 75 Jahren gestorben.
Der Grazer Schlossberg als Fundstätte von Römersteinen#
Bei der Neuanlage der Grazer Schlossbergfestung zur stärksten Wehranlage im Bereich der Militärgrenze gegen den Expansionsdrang der Türken im 16. Jahrhundert wurden auch Römersteine gefunden und zum Teil auch in der Grazer Burg eingemauert. Bei der Diskussion über die Herkunft des Namens der steirischen Landeshauptstadt wird auch ins Treffen geführt, dass die in der Zeit der Völkerwanderung langsam einsickernden alpenslawischen Karantaner römische Reste auf dem Schlossberg vorgefunden haben könnten, die namenbildend dann die Bezeichnung Graz ergeben haben könnten. Das ist ein Spiel mit dem Wort grad, welches „Burg“ bedeutet.
Am Schlossberg gefundene Römersteine noch in situ an der Außenmauer des spätgotischen doppelläufigen Treppentraktes aus der Zeit Kaiser Maximilians I.
Hier hat man es mit der Bekrönung eines großen Grabmals aus dem 2. Jahrhundert n. Chr. zu tun. Über einer Fußleiste sieht man einen Behälter aus Stab- und Flechtwerk, der von zwei nach außen blickenden liegenden Löwen begleitet wird, welche je einen Widderkopf in den Pranken halten.
Grabinschrift für einen römischen Legionär, der seine Dienstzeit bereits hinter sich gebracht hatte#
Diese Grabinschriftstafel wurde 1891 im untersteirischen Unterhaidin, dem heutigen slowenischen Spodnja Hajdina gefunden und dem Joanneum überantwortet.
Die Inschrift in sorgfältig eingehauener Capitalis-Schrift lautet mit aufgelösten Abkürzungen:
C(aius) Cassius
C(ai) f(ilius) Celer
Anie(n)sis Cre(mona)
vet (eranus) leg(ionis) VIII
Aug(ustae) an(norum) XL.
h(ic)s(itus) e(st)
h(eres) et Tuce l(iberta)
posuerunt.
Die Übersetzung lautet: „C. Cassius Celer, Sohn des Caius aus Cremona, Veteran der VIII. Legion Augusta, gestorben im Alter von 40 Jahren ist hier begraben. Der Erbe und die freigelassene Sklavin Tuce setzten den Stein“. Interessant ist die Namensform der Frau. Es ist der klassische griechische Name Tyche, der hier als Tuce bereits mittelgriechisch ausgesprochen und geschrieben wird.
Ein freigelassener Sklave stiftet einen Altar mit Weiheinschrift für den Genius eines Brüderpaars#
Wollte der Stifter Marcellus sich bei den beiden Brüdern Marcianus und Vitellianus, beide mit dem Cognomen Attius, einschmeicheln und dafür viel Geld ausgeben? Beide waren nämlich Verwandte des Titus Attius Tutor, der in Flavia Solva das hohe Amt eines Decurio bekleidet hatte. Dieser Stein trägt auf der Rückseite die gleichlautende Inschrift. Er dürfte deshalb an einer markanten Stelle in der Stadt frei aufgestellt worden sein. Gefunden wurde er bei den Grabungen während des Ersten Weltkriegs in Zweitverwendung unter einem Mosaikboden. Bekanntlich war Flavia Solva bei den verheerenden germanischen Einbrüchen im späten 2. Jahrhundert n. Chr. zerstört worden. Beim Wiederaufbau hatte man die brauchbaren Trümmer geborgen und oft wie hier als Verstärkung der neuen Bausubstanz verwendet.
Eine einheimische keltische Gottheit in römischer Deutung#
Die Römer vernichteten die Kultstätten der Götter von Völkern, die sie bezwungen und ihrem Imperium einverleibt hatten, keineswegs. Sie deuteten sie vielmehr nur um und glichen sie Formen von höheren Wesen der eigenen religiösen Traditionen an. Ein solches Beispiel zeigt sich auch an einem Altar mit Weiheinschrift, der 1937 auf dem Königsberg in Brunn, Gemeinde Johnsdorf im oststeirischen Bezirk Feldbach gefunden worden war, wo durch weiteres Grabungen auch festgestellt werden konnte, dass sich dort im 3. Jahrhundert n. Chr. ein keltisch-römisches Höhenheiligtum befunden hatte.
Der Stein ist eine höchst mittelmäßige lokale Steinmetzarbeit aus Basalttuff, der es für sich schon durch seine grobe Struktur eine Inschrift mit klaren Linien einzuhauen. Immerhin ist die Weiheinschrift gut lesbar und sagt aus, dass sie ein gewisser Aurelius Celsinus zugunsten seines Sohnes Marcus Aurelius Celsinus, eines Soldaten der XIV. Legion mit dem Beinamen Gemina Martia Victrix unter Erfüllung eines Gelöbnisses an den Iupiter Uxlemitanus gestiftet habe.
Bei der Gottheit handelt es sich um einen einheimischen keltischen Blitz- und Gewittergott, der auf Höhen Verehrung fand und den man nach der üblichen Interpretatio romana mit Iupiter, dem höchsten Reichsgott gleichgesetzt hatte. Höhengottheiten trugen auf lateinisch auch den Namen Culminalis (lat. culmen „Anhöhe, Berg“), der auf keltisch neben der Namensform Uxlemitanus auch Varianten wie Uxellimus trägt.
Der Vater war also um seinen Sohn besorgt und wollte ihn durch diese Weihung von einer Gottheit schützen lassen. Die genannte Truppe bildete seit dem Anfang des 2. Jahrhunderts n. Chr. die Besatzung von Carnuntum, der Römerstadt an der Donau.
Die von Jupiter verführte Europa gibt einem ganzen Erdteil den Namen#
Schon in W. Modrijans Säulenhalle im Eggenberger Schlosspark war dieser Teil eines Mosaiks mit Europa auf dem Stier angebracht gewesen. Jetzt ziert es eine Wand in E. Hudeczeks Neuem Lapidarium. Es kam in Pettau/Ptuj/Poetovio zutage.
Zuvor noch an der Außenseite der Säulenhalle im Park
Literatur#
- Walter Modrijan – Ekkehard Weber, Die Römersteinsammlung im Eggenberger Schlosspark. 1. Teil: Verwaltungsbezirk von Flavia Solva. Graz 1965: Steiermärkisches Landesmuseum Joanneum
- Ekkehard Weber, Die römerzeitlichen Inschriften der Steiermark. Graz 1969: Historische Landeskommission(Veröffentlichungen der Historischen Landeskommission für Steiermark. Arbeiten zur Quellenkunde 35)
- Erich Hudeczek, Die Römersteinsammlung des Landesmuseums Joanneum. Ein Führer durch das Lapidarium. Graz 2004: Landesmuseum Joanneum