Die ältesten Fresken von Graz#
Der Bischofhof ist das am längsten in derselben Funktion genutzte Palais der Stadt. Hier findet man aber auch die ältesten Fresken von Graz.#
Von Robert Engele mit freundlicher Genehmigung der Kleinen Zeitung
Der schwere Bombenangriff der Alliierten vom 1. November 1944 forderte mindestens 380 Tote und legte große Teile der Grazer Altstadt in Schutt und Asche. Der Bereich zwischen Bischofplatz, Tummelplatz und Hans-Sachs-Gasse wurde besonders arg getroffen. Im Bischofhof wurden Stiegenhaus und Eingangsbereich völlig zerstört, der Putz fiel von den Wänden – und die ältesten Fresken von Graz wurden plötzlich wieder sichtbar.
Da man damals aber Dringenderes zu tun hatte, als sich um diese Wandbilder zu kümmern, kam es nur zu einer Notsicherung. Nach dem Krieg wurden die Fresken restauriert, berichtet Diözesankonservator Heimo Kaindl. Danach verkleidete man sie zum Schutz mit Holzwänden, nur zwei kleine Fenster ermöglichten ausgewählten Besuchern einen Blick auf die alten Fresken. Schreibtische wurden in der Mitte des Raumes aufgestellt und jahrzehntelang wurden hier Büroarbeiten erledigt. Die alten Fresken gerieten dabei fast in Vergessenheit. Erst als 2002 das gesamte Gebäude einer Generalsanierung unterzogen wurde, kamen die wertvollen Wandmalereien wieder zur Geltung. Heute dient der Freskenraum als Besprechungszimmer für kleinste Gruppen, wird aber nur selten benutzt, „weil wir uns bewusst sind, was für wertvolle Darstellungen wir hier haben“, so Kaindl.
Seit 1254 Hof des Bischofs#
Wenn man heute das Bischöfliche Ordinariat mit seiner nach den Bombentreffern erneuerten Fassade betrachtet (unten ganz rechts), würde man nie auf die Idee kommen, dass hier eines der ältesten Häuser von Graz steht. Ja, der Bischofhof ist sogar das am längsten in derselben Funktion genutzte Palais der Stadt. Seit 1254 ist hier der Hof des Bischofs von Seckau nachweisbar. Das Gebäude befand sich zu dieser Zeit noch außerhalb der Stadtmauer und wurde erst 1265/67 darin einbezogen. Kein Wunder, dass sich in diesem Gebäude auch die ältesten Fresken von Graz befinden (erstes Bild links und rechts) und die älteste malerische Darstellung des Bischofwappens. 1274 kaufte Bischof Wernhard von Marsbach weitere Gebäude in der Nachbarschaft. Sein Nachfolger, Bischof Leopold, ließ 1287 die Hauskapelle Johannes dem Täufer weihen.
Die fragmentarisch erhaltenen Bilder des Freskenraumes sind im sogenannten Zackenstil gehalten und weisen auf die Übergangsphase von der Romanik zur Frühgotik. Hier war einst die bischöfliche Tafelstube, ein Repräsentationsraum, der vermutlich vielen Zwecken gedient hat, erläutert Kaindl. „Hier hat der Bischof Adelige und Geistliche empfangen, gearbeitet und auch gegessen.“ Heute noch lassen verschiedene gemalte Gastmahlszenen diese ehemalige Funktion des Raumes erkennen. Die meisten Darstellungen aber beziehen sich auf Szenen des Alten und Neuen Testamentes. Als Figuren sind deutlich Isaias und der mit dem Löwen kämpfende Samson zu erkennen, Lot und seine Töchter ebenso wie Lazarus und zwei Teufelsdarstellungen im alten Türbogen – um das Böse abzuwehren.
Tafelstube gänzlich bemalt#
„Das Niveau dieses Raumes lag ursprünglich etwa 60 Zentimeter tiefer, die Menschen damals waren also nicht so viel kleiner als wir heute“, schmunzelt der Diözesanvikar. Die Tafelstube war zur Gänze bemalt, Stein- und Marmormalereien mit einem klar erkennbaren rot-weiß-roten Band (ein frühes politisches Bekenntnis zu den Babenbergern?) bezeugen, dass der Raum eine besondere Bedeutung hatte.
Umbau zur Hauskapelle#
1450/60 wurde der Raum umgestaltet, um hier die bischöfliche Hauskapelle einzurichten, wobei die Gemälde stark in Mitleidenschaft gezogen wurden. Es entstand ein zweijochiger Kapellenraum, Fenster wurden eingebaut und ein Erker errichtet. 1781/82 wurde dann nach den Plänen des Baumeisters Joseph Stengg eine neue, einheitlich barocke Fassade geschaffen, der Erker wieder entfernt und die Kapelle verlegt. Nun wurde der Raum wahrscheinlich zur Kanzlei umgebaut. Aber nicht zu irgendeiner Schreibstube – immerhin befand sich hier ein Ofen, der im Winter Wärme spendete. Und die gab es nur für höher gestellte Personen. Die Fresken aber wurden verbaut und gerieten in Vergessenheit – bis im Zweiten Weltkrieg die Bomben fielen.
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