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REDOUTENSÄLE#

Hofburg
Redoutensaal

Derzeit werden die Redoutensäle als Sitzungssaal des Nationalrates missbraucht. Gleichzeitig darf man bei jeder Übertragung im Fernsehen die „herrlichen Wandmalereien“ darin bewundern.

Das Wort Redoute hat eine merkwürdige Herkunft und die Bezeichnung ist nur noch in Österreich üblich. Es bedeutete als ruductus, ridotto oder reduite zunächst eine viereckige Schanze, dann übertragen einen Ort der Zurückgezogenheit, aber vor allem einen Ballsaal, der mit einem Theater in Verbindung stand und auch für Konzerte Verwendung fand, für Maskenbälle ganz besonders, der dort abgehalten werden konnte. Daran sollte man sich erinnern wenn man die Geschichte unserer Redoutensäle verfolgt, die architektonisch und kulturhistorisch das schönste Beispiel dieser Vergnügungsstätten bilden dürften.

Die Wiener Redoutensäle, nach 1918 fallweise für Schauspiel und Oper benützt, sind innerhalb der Hofburg aus Theaterräumen entstanden. Kaiser Josef I., hatte dort zu Beginn des 18. Jahrhunderts ein neues Hoftheater mit zwei Sälen erbauen und von den Bibienas schmücken lassen: den größeren für Festopern, den kleineren für italienisches Schauspiel, Pantomimen u.dgl. Bis 1744 wurde hier gespielt. Im Jahr 1748 ließ Maria Theresia von dem Franzosen Jadot, dem Erbauer der „Aula“ (Akademie der Wissenschaften), zunächst den große Saal umgestalten. Der Pächter des Kärntnertor Theaters hatte indessen das Hofballhaus am Michaelerplatz ins Theater nächst der Burg verwandelt. Zwischen diesen Baulichkeiten lag die Wiener Reitschule Fischer von Erlachs.

Nach dem ersten Maskenball, der in den neuen Redoutensälen veranstaltet wurde, erhielten sie 1749 durch die schwarze Adlerstiege die nötige Verbindung mit den kaiserlichen Wohnräumen. 1752 wurde die Dekoration erneuert und 1767 erhielt der Trakt die bestehende Fassade gegen den heutigen Josefsplatz. 1816 und 1840 wurde der Schmuck der beiden Redoutensäle nochmals verändert.

In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts hatte Wien nur bei der „Mehlgrube“ am Neuen Markt Bälle für die vornehme Welt . Die Maskenbälle der Redoute gewannen nun große Beliebtheit, weil nunmehr dort allein das Tragen von Gesichtsmasken und Kostümen erlaubt war. Zuerst galten sie als exklusiv, ja man musste sich angeblich ohne Maske nur einem Kommissär zeigen, um Zutritt zu bekommen. Der Hof samt Kaiser und Kaiserin, besonders Franz II., und seine Gemahlin Maria Theresia, nahmen maskiert an den Bällen teil. Aber schon um 1800 wurde das Publikum gemischt, die Kostüme nur mehr angedeutet; um 1810 war die Redoute so korrumpiert, dass niemand mehr tanzte noch auf die Musik achtete, und um 1820 erschienen nur noch einzelne Damen in Masken. Während in ihrer Blüte die Redoute vom 7. Jänner bis zum Faschingsdienstag ein bis zweimal wöchentlich abgehalten wurde, der Besuch auch eine Wiederholung Der am Ostermontag erforderte , zählten schon 1825 nur mehr drei Redouten 3000 bis 5000 Gäste: die am dritten Sonntag des Karnevals, am sogenannten fetten Donnerstag, vor dem Faschingssonntag und die letzte, wo um Mitternacht die Musik verstummen musste. Der Eintritt betrug 1837 zum Beispiel 2 Gulden C. M. Um 9 Uhr wurden die Säle geöffnet. Die beiden Orchester spielten bis 6 Uhr morgens. In den Nebenräumen, verbunden durch die „Seufzerallee“, einem halbdunklen Korridor, wurde serviert. Die Säle konnten auch mit besonderer Erlaubnis gemietet werden, zu Reunion, Bällen oder Tafeln, und einzelne Vereine durften dort regelmäßig ihre Bälle im Herbst und Konzerte vor Neujahr abhalten. Der kleine Saal war zu Anfang des 19. Jahrhunderts für Proben der Ballette in Verwendung, aber bis etwa 1830 auch als Konzertraum für angesehene Virtuosen aus der Fremde.

Hofburg
Maskenball

Auch die offiziellen Hofbälle und Bälle bei Hof, die später im Rittersaal stattfanden, sowie die Redoutes parées wurden ursprünglich in den Redoutensälen abgehalten. Die wichtigsten künstlerischen Ereignisse dieser Säle aber werden im folgenden zum ersten Mal zusammen gestellt.

Um 1775 wurden Kunstausstellungen dort veranstaltet. 1790 und 1791 wurden zusammen 67 Menuette und Deutsche Tänze von Mozart im kleinen Saal aufgeführt, die er als Hofkapellmeister für die Bälle geschrieben hat. Im Jahr darauf erhielt die neue Pensionsgesellschaft bildender Künstler das Privilegium, jeden 25. November einen „maskierten Ball“ abzuhalten, die sogenannte Katharinen Redoute im großen Saal. Für die erste schrieb Haydn 1792 je zwölf Menuette und Deutsche, die 1793 im kleinen Saal wieder gespielt wurden. Um diese Zeit führte er im großen Redoutensaal seine sechs Londoner Symphonien auf. 1795 gab es zu Katharina im kleinen Saal wieder je zwölf Menuette und Deutsche von Beethoven, die 1797 wiederholt wurden. Dazwischen war 1796 als erste die patriotische Kantate „Der Retter in der Not“ von Süssmayer zweimal gegeben werden. Von 1796 bis 1800 wurden Akademien für den Hoftheatral Armenfonds veranstaltet. 1799 führte Salieri seine Kantate „Der Tiroler Landsturm“ auf. 1801 dirigierte Haydn „Die Schöpfung“ für den Bürgerspitalfonds, der dann jährlich am ersten Weihnachtstag seine Akademie abhielt. 1805 wurde für die Wohltätigkeitsanstalten am Ostersonntag Stadlers Kantate „Athalia“ gesungen; am Montag darauf war Redoute. 1807 hatte das medizinische Doktorenkollegium am 4. November seinen Maskenball. Der Ostersonntag 1809 brachte in einer Akademie Collins „Landwehrlieder“.

Komponist
Franz Liszt
Gründer
Otto Nicolai

Da der große Redoutensaal für die nun folgenden Monsterkonzerte unter der Leitung Mosels räumlich nicht ausreichte, wählte man zuerst für die Aufführung des „Timotheus“ von Händel die Wiener Reitschule, deren Verbindung mit dem Redoutensaal dann 1814 bei den großen Gesellschaften des Wiener Kongresses nützlich wurde. In diesem Konzert, veranstaltet von der adeligen Frauengesellschaft, zählte man 5000 Kerzen und ebenso viele Zuhörer, die je 5 Gulden W.W., im Parterre und – nach damaliger Sitte – 6 Gulden auf der Galerie gezahlt hatten. Ähnliche Musikfeste mit etwa 1000 mitwirkenden Dilettanten fanden bis 1816 mehrmals statt, dann erst wieder zwischen 1835 und 1847, obzwar die Gesellschaft der Musikfreunde ihre normalen Konzerte viermal jährlich immer hier abhielt.

Der Herbst 1814 bringt der Wiener Hofburg viele Gäste: im Oktober ist Hofredoute bei 8000 Kerzen für 12.000 Besucher und Bal paré für 4000, im November Karussell- und Maskenball für 3500 Personen: alles in der Winter Reitschule und in den Redoutensälen, die gemeinsam benützt werden.

Sängerin
Angelica Catalani

1818 gibt es die ersten Star Konzerte in Wien: die Catalani singt. Ihr erstes und ihr fünftes Konzert im großen Saal kostet je 12 Gulden W. W., auf der Galerie. Der Erfolg veranlasst die Catalani, 1820/21 vier Konzerte dort zu geben. 1820 werden Haydns Redoutentänze im kleinen Saal wieder verwendet. 1822 erscheint Weber hier in einem eigenen Konzert, 1824 dirigiert Beethoven zum letzten Mal; die neunte Symphonie. Henriette Sontag und Karoline Unger, die dabei mitwirken, verabschieden sich 1825 in zwei Konzerten, jene im großen, diese im kleinen Saal. 1828 kommt Paganini und hält acht ausverkaufte Konzerte ab, der Galeriesitz zu 10 Gulden W. W.

Franz Lachner, der seit 1831 abwechselnd mit Konradin Kreutzer Akademien im kleinen Saal gab, veranstaltet 1833 vier Abende mit den Orchester- und Chormitgliedern der Hofoper, also eine Art philharmonische Konzerte. Im selben Jahr produziert sich der 13 jährige Geiger Vieuxtemps in drei Konzerten. Zwischen 1836 und 1847 hält die Gesellschaft der Musikfreunde eigene Bälle ab, für die Lanner und Strauß Vater eine Walzerreihe oder eine Quadrille beisteuern.

1838 hält Liszt sein zweites Wiener Konzert ab, eine Akademie für die Blinden; 1839 sein Abschiedskonzert Rossinis „Stabat mater“ wird von Sängern der italienischen Oper unter Donizettis Leitung 1842 aufgeführt. Am 27. November dieses Jahres, um die Mittagsstunde, ist das erste philharmonische Konzert unter Nicolai. 1843 bringt der neue Chorregentenverein Händels „Herkules“. Am 1. Mai 1845 gibt der Wiener Männergesangverein sein erstes großes Konzert. 1846 tritt Berlioz an seinem fünften und sechsten Wiener Abend auf. Liszt spielt 1851 zum ersten Mal in Wien seine Bearbeitung der Wanderer-Fantasie. Im Jahr 1856 dirigiert er das Mozart Festkonzert der Gemeinde Wien und 1858 seine Graner Festmesse. 1859 bringt der neue Singverein der Gesellschaft der Musikfreunde Schumanns „Manfred“. Joachim gibt sein sechstes Wiener Konzert 1861. Die Singakademie stellt sich 1862 mit der vollständigen Matthäus Passion ein. 1864 dirigiert Wagner u. a., die Meistersinger Ouvertüre in Taussigs Konzert. Und 1865 veranstaltet die Wiener Universität zu ihrem 500jährigen Bestand ein Festkonzert im großen Redoutensaal.

Das neue Musikvereinsgebäude machte die Redoutensäle seit 1870 entbehrlich. Und da man Ende der Sechziger Jahre öffentliche Maskenbälle einführte, in Schwenders Florasaal und anderen Ortes, hören 1870 auch die Redouten in den Redoutensälen auf.

Quelle: Radio Wien, 4. Jänner 1924, S 2, Maskenball Bild, ANNO Österreichische Nationalbibliothek, Bildmaterial: I.Ch.Graupp

https://austria-forum.org/af/User/Graupp Ingrid-Charlotte/REDOUTENSÄLE


Siehe auch

-- Lanz Ernst, Dienstag, 14. September 2021, 18:58