Wir freuen uns über jede Rückmeldung. Ihre Botschaft geht vollkommen anonym nur an das Administrator Team. Danke fürs Mitmachen, das zur Verbesserung des Systems oder der Inhalte beitragen kann. ACHTUNG: Wir können an Sie nur eine Antwort senden, wenn Sie ihre Mail Adresse mitschicken, die wir sonst nicht kennen!
unbekannter Gast

Außerhabsburgisch-österreichische Kalamitäten#

Ärger mit Russland#

Peter der Große
Peter der Große. Öl auf Leinwand, Jean-Marc Nattier, 1717. Eremitage, St. Petersburg - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Die Mitgestaltung Peter des Großen an der europäischen Politik war Karl VI. nicht entgangen. Nebenher erwartete sich Peter der Große von seinem Sohn Alexei von Russland nicht allzu viel, speziell an geforderten staatsmännischen Qualitäten, die der junge Thronfolger, wie dieser selbst flehentlich inständig beteuerte, aufbringen konnte. Zwischen Vater und Sohn herrschten Differenzen: Peter der Große war Europa und der Aufklärung zugetan. Alexei war, beeinflusst von seiner Mutter und der orthodoxen Kirche, gegen eine Öffnung gegen Westen. Er war von 1711 bis 1715 mit Charlotte, Tochter Herzog Ludwig Rudolfs von Braunschweig-Wolfenbüttel, vermählt gewesen und stand somit im schwägerlichen Verhältnis zu Karl VI.

a) Der Zarewitsch im Reich Habsburg#

Alexei Petrowitsch, Zarewitsch von Russland, vor 1715/29 (?)
Alexei Petrowitsch, Zarewitsch von Russland; Porträt von Christoph Bernhard Francke, vor 1715/29 (?); Standort unbekannt - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Alexei, dem staatsfeindliche Aktivitäten vorgeworfen wurden, ergriff eine günstige Gelegenheit mit seiner als Pagen verkleideten Geliebten Afrosinia nach Wien zu flüchten. Spätabend im November 1716 stand der Zarensohn vor der Hofburg. Vizekanzler Schönborn stand nun einem fragilen Problem gegenüber. Aufgrund des Hofzeremoniells wollte der Kaiser nicht einmal den Sohn eines der führendsten Herrscherhäuser Europa, Romanow, empfangen. Der Kaiser ließ sich – lieber – verleugnen, als diplomatische Verwicklungen in Kauf zu nehmen. Die Empfehlung zurückzukehren, akzeptierte der junge Romanow keinesfalls und begab sich nacheinander mehr oder weniger freiwillig in Schlössern in Niederösterreich, Tirol und Neapel. Karl VI. dachte in seiner gewohnten Verlegenheit an eine Versöhnung zwischen Vater und Sohn Romanow. Offenbar spielten da Gedanken über eine Prestigeverbesserung gegenüber St. Petersburg eine gewisse unleugbare Rolle. Vor Weihnachten 1716 verlangte Peter die Zurücksendung des Zarewitschs. Der Habsburger gab sich sichtlich verblüfft. Mit österreichischer Gelassenheit erklärte der Kaiser dem Gesandten, er sei über die Anwesenheit Alexeis auf dem Boden der Monarchia Austriaca nicht orientiert. Karl VI. informierte in dieser Angelegenheit sogar Prinz Eugen und erbat sich Entscheidungshilfe. Doch der war mit der Vorbereitung zum Türkenkrieg beschäftigt. Bis dahin hatten russische Spione den Aufenthaltsort des Zarensohnes ausgekundschaftet. Jedenfalls war der Kaiser nicht imstande selbstständig aus dieser Angelegenheit zukunftsweisendes politisches Kapital zu schlagen. Karl VI. mangelte in diesen Tagen an Kreativität und an klugen Beratern. Und das in der Ära eines Prinzen Eugen! Nebenbei wusste jeder, wie unberechenbar der Romanow-Zar reagierte. Zwei interessante Möglichkeiten standen offen: Erstens: Alexei würde einmal Zar sein und dazu noch ein idealer Bündnispartner Österreichs in Europa. Zweitens: Die Auslieferung des Zarewitschs zu verweigern, was einer versteckten Geiselnahme gleichkam – eine Erpressung, um Peter dem Großen zu einer angenehmeren Haltung gegenüber dem Kaiserreich, Europa und Habsburg-Österreich zu bewegen. Aber nichts dergleichen nutzte Karl VI. und der aggressive Zar Peter reagierte schneller, gereizt und überzeugender, und zwar gebärdete er sich dermaßen, dass Österreichs Führung – Prinz Eugen maß dieser Affäre kaum Bedeutung bei – in einem Akt außenpolitischer Unfähigkeit versank. Und mit ihr resignierte Karl VI., der in seinem gepolsterten Thronstuhl zurücksank.

b) Affäre Alexei und Konsequenzen#

Mit der innersten russischen Gelassenheit ärgerte sich Zar Peter der Große über den deutschen Kaiser, weil dieser unbedingt in innerste Romanow'sche Angelegenheiten mischen musste. St. Petersburg gab nicht nach.
Ein unzuverlässiger Beamter der Wiener Hofkanzlei gab gegen großzügige Geldzuweisungen das Versteck des Zarensohnes preis. Um einen Skandal zu vermeiden, ordnete der Monarch an, Alexei in das Königreich Neapel, das vom Grafen Daun als Vizekönig verwaltet wurde, in das Kastell Sant' Elmo bei Neapel schaffen zu lassen. Peter der Große brachte auch diesen neuen Aufenthaltsort in Erfahrung. Peter der Große verständigte im Juli 1717 brieflich den Habsburger. Karl VI. musste sich maßregeln lassen, wurde beschuldigt, er hielte seine schützende Hand über Alexei. Der Zar verbat sich jegliche Einmischung, berief sich auf das Naturrecht und deutete eine Androhung gewisser Konsequenzen an. Karl VI., geschockt über diese Belehrungen und versteckten Drohungen Peters des Großen, tat so als ob er den Inhalt kaum verstünde und versicherte den Gesandten, er werde nach einer Phase des Überlegens entsprechend antworten. In einer Geheimkonferenz stellten alle Minister eindeutig fest, der Zarewitsch war nun ein unbequemer Gast geworden. Karl VI. fragte sich, was mit den Konsequenzen gemeint war. Was beabsichtigte der russische Bär? Vielleicht einen Einmarsch russischer Truppen aus Polen nach Schlesien und Böhmen? Dort würde die slawische Bevölkerung jedenfalls die Russen mit offenen Armen empfangen. Seit Peter der Große zwischen August dem Starken und Vertretern des polnischen Adels vermittelte, und für sich das Recht der politischen Einmischung in innere Angelegenheiten Polens vorbehielt, war der Zar ein unberechenbarer Faktor in Europa geworden. Karl VI. wusste das ganz genau und musste folglich diplomatisch vorgehen ... Noch nie stand der Habsburger vor so einem weiteren schwerwiegenden Problem. Auf der einen Seite der Krieg gegen die Osmanen und auf der anderen Seite womöglich ein feindlich gesinntes Russland. Jedenfalls verschlechterten sich inoffiziell die diplomatischen Beziehungen zwischen Österreich und Russland. Karl VI. war wirklich nicht der Mensch, der skrupellos jemanden aus Gründen der Staatsraison leichtfertig opfern würde. Dennoch musste er eine Lösung finden ... Den beiden russischen Gesandten Tolstoi und Rumjanzow wurde nach fruchtlosen Diskussionen zumindest gestattet Alexei aufzusuchen. Karl VI. befürchtete einen Mordanschlag. Tolstoi gelang Alexei zur Rückkehr ins Zarenreich zu überreden. Während Karl VI. sich über die glücklich verlaufene Schlacht bei Belgrad und die Friedensverhandlungen, welche in den Friedensschluss von Passarowitz mündeten, befriedigt zeigte, starb Alexei Petrowitsch an den Folgewirkungen der – vom Peter dem Großen gebilligten – erlittenen Folterungen im Juni 1718. Botschafter wurden zwar ausgetauscht, aber das außenpolitische Auskommen zwischen Österreich und Russland blieb unterkühlt. Dass sich der Zar 1721 zum Kaiser aller Russen ernannte, dürfte den römisch-deutschen Kaiser Karl VI. auch nicht sonderlich behagt haben – zumal das seine eigene Kaiserfunktion dementsprechend beschädigte und der Expansionsdrang der russischen Großmacht ungehemmt wucherte.

Ärger mit Preußen#

Friedrich Wilhelm I., König in Preußen, 'Soldatenkönig'
Friedrich Wilhelm I., König in Preußen, "Soldatenkönig". Öl auf Leinwand, Umkreis von Antoine Pesne, um 1730. Standort: Unbekannt - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei

Karl VI. wagte es sich seit der Affäre "Alexei" kaum mehr in außerfamiliären Angelegenheiten als Pacificator zu intervenieren. Vielleicht versuchte er dennoch in dem Familiendrama Friedrich Wilhelm I. mit seinem Sohn Friedrich (II., der Große) eine gütliche Lösung zu finden. Der Preußenkönig ließ vor den Augen des Sohnes dessen intimsten Freund, den preußischen Offizier Hans Hermann von Katte hinrichten. Eingeweihte wussten, dass der Hohenzollern lediglich eine alte Rechnung mit der Adelsfamilie derer von Katte beglichen hatte. Nur so konnte Friedrich Wilhelm mit einer alteingesessene aufmüpfigen Adelshaus, das in Magdeburg und Umgebung Aufstände anzettelte, fertig werden.

Kattes Hinrichtung vor den Augen Friedrichs (II.)
Kattes Hinrichtung vor den Augen Friedrichs (II.). kolorierter Kupferstich, 1730 - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei

a) Preußens Weg in die Moderne#

Prinz Eugen beobachtete – mithilfe seiner Informanten = Spione = Agenten = Diplomaten – sorgenerfüllt wie der König in Preußen Friedrich Wilhelm I., Sohn Friedrichs I., durch vorausschauende Aktivitäten bzw. Entscheidungen eine künftige [europäische] Großmacht Preußen erfolgreich vorbereitete. Prinz Eugen erkannte längst, dass in Preußen Modernismen - im Sinne der Aufklärung - eingeführt wurden und das in Habsburg-Österreich unbedingt nötig gewesen wäre. Ein mangelhaftes Lösungsmodell waren die hochadeligen Verbindungen mittels Heirat. Sie waren lediglich nur eine Notlösung und schindeten nur Zeit heraus.
Es mag aus heutiger Sicht wirklich verwundern, wieso ein Kaiser Karl VI. nicht daran dachte sein Reich Habsburg genauso abzusichern und auszubauen. Starke Finanzkraft und ein gut vorbereitetes schlagkräftiges Heer. Dazu eine leicht überschaubare Monarchie ohne zu weit entfernte Teilstaaten (Niederlande u. a.), die bei erpresserischen gegnerischen Raubzügen sowieso verloren gehen könnten. Es ist wirklich verwunderlich – auch ein Prinz Eugen ordnete sich den Wünschen des Kaisers – bzw. Oberhaupt des Hauses Habsburg unter.
Staaten oder Monarchien, die sich dafür hielten, wenn sie sich nicht wie das effizient entwickelnde Preußen ausformten, drohten im Wettbewerb zwischen Wirtschaft, Außenpolitik und Militärstärke unterzugehen.

b) Heiratspolitik und weitere Entscheidungen#

Auch Prinz Eugen fand sogar eine ideale Gelegenheit Preußen(-Hohenzollern) an Österreich(-Habsburg) zu binden, indem er eine Ehe zwischen Friedrich und Prinzessin Elisabeth Christine von Braunschweig-Lüneburg-Bevern, eine Nichte der Kaiserin, vorschlug und einfädelte. (Allerdings wurde diese Verbindung wegen kaum glücklich …)
Prinz Eugen, Karl VI. und andere hatten in diesem preußischen Vater-Sohn-Drama interveniert. Seit damals widerfuhr dem preußischen Königssohn ein stetiger Geldmangel und fühlte sich gezwungen vom kaiserlich-österreichischen Gesandten in Berlin (nämlich) Friedrich Heinrich Reichsgraf (von) Seckendorff, Geld anzunehmen. Das konnte nur mit Billigung Karls VI. geschehen. Seckendorff stand seit 1726 in diplomatischen Diensten des Kaisers in Berlin, wo er ausgezeichnet es verstand mit Friedrich Wilhelm von Grumbkow, ein preußischer Feldmarschall, den Preußenkönig zu beeinflussen. Vor allem betraf dies die Expansionsbestrebungen Preußens nach Westen, besonders Jülich und Berg. Alles in allen also eine von Frankreich und Großbritannien-Hannover abgekehrte Außenpolitik, die in die Verträge von Wusterhausen am 12. Oktober 1726 und Berlin am 23. Dezember 1728 gipfelten. Die österreichischen Aktivitäten des Kaisers in preußische Belange erstreckten sich auch auf die Heiratspläne des Königs für seinen Sohn. Dank der unermüdlichen Arbeit Karls VI. und vorwiegend seiner Ehefrau Elisabeth Christines Einfluss wurde der junge Hohenzollerner am 11. Juni 1733 mit ihrer gleichnamigen Nichte aus der Linie Braunschweig-Lüneburg-Bevern unversehens vermählt. Somit war eine "Versöhnung" im Hause Hohenzollern durch Österreich herbeigeführt. Hinter allem verbarg sich der Plan des Kaisers eine übereinstimmende Ausgeglichenheit in Fragen der Politik zwischen Wien und Berlin zu erreichen. Aber nichts dergleichen geschah …
Friedrich II. der Große. Gemälde, 1736
Friedrich II. der Große. Gemälde von Antoine Pesne, 1736; Burg Hohenzollern, Baden-Württemberg - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei

Elisabeth Christine von Braunschweig-Wolfenbüttel-Bevern, Königin von Preußen
Elisabeth Christine von Braunschweig-Wolfenbüttel-Bevern, Königin von Preußen. Gemälde von Antoine Pesne, um 1740 (?) - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei

c) Kongressabhaltungen als Möglichkeiten der Konfliktverhinderung#

Der Kaiser, der längst begriffen hatte, dass es besser sei – wohl auch billiger sei – Gespräche über internationale Probleme und Konfliktstoffe zu unterhalten als blutige Kriege zu führen, berief bereits 1713 den "Braunschweigischen Kongress" ein, welcher bis 1721 betrieben wurde und als generelles Ziel die Beendigung der Wirren in Nordosteuropa gesetzt hatte. Außerdem hatte der Kaiser ebenso erkannt, dass Kongresse die beste Form von Konfliktlösungen darstellten. Wenigstens wurde bei solchen Zusammenkünften ein bestehendes Problem zerredet oder vom Tisch ersatzlos weggewischt. Andernfalls diskutierten die teilnehmenden Gesandten zu anstehenden Lösungsmöglichkeiten und setzten die generellen Bedingungen für zwischenstaatliche Verträge. Die Tradition der Kongressabhaltungen wurde zur immerwährenden Tradition in Österreich.
Die Ideen von Friedenskongressen gingen wegen des dürftigen Erfolges und unbefriedigender dauerhafter Lösungen – geografischer und wirtschaftlicher Natur – danach, das galt für die 1730er Jahre, verloren.
Lediglich das Ziel Kongresse zur Verhinderung von Kriegen zu installieren, das wurde auch in der Epoche Karls VI. nicht erreicht.

d) Außenpolitische Ereignisse und was sie für den Kaiser bedeutenden#

Was der Kaiser auch immer tat, stets guckten über seine erhabenen Schultern – sie hatte die Monarchie als Gewicht zu tragen – die gesamte europäische Diplomatie oder zumindest die Topagenten der missgestimmten Anrainermonarchien.
Inzwischen war am 1. September 1715 König Ludwig XIV. in Versailles gestorben. Als Sechsjähriger hatte er den Thron bestiegen. Der "Roi-Soleil" war mit seinen 72 Jahren das längste regierende Oberhaupt in der europäischen Geschichte. Mit dem Ableben König Ludwigs XIV. gab es das Königreich Frankreich als Bedrohung für das Habsburgerreich nicht mehr. Hoch verschuldet … Das Frankreich, das er hinterließ, so glaubte Kaiser Karl VI. und das glaubten auch die zeitgenössischen Machthaber war nun wegen seiner wirtschaftlichen und militärischen Zerrüttetsein ein ungefährlicher Staat geworden. Aber das war ein Irrtum, wie die folgenden Ereignisse zeigen.

Ärger mit Spanien und Frankreich#

Probleme wechselten wie die Botschafter bei Hofe einander ab. Die militärische Situation des römisch-deutschen Reiches im Kampf gegen die Hohe Pforte wurde von Spanien ausgenutzt, um eigene innen- und vor allem außenpolitische Entscheidungen voran zu treiben. Der spanische König Philipp V. hatte wie alle Epigonen großer Adelshäuser gewisse Defizite. Er litt unter Stimmungsschwankungen und war zu weitreichende Entscheidungen offenbar nicht fähig genug gewesen. Aber seine Ehefrau, Königin Elisabeth Farnese hatte große Pläne für ihre Nachkommen und Spanien. Ihr Günstling Kardinal Giulio Alberoni – Geistliche waren zu allen Zeiten hoch gebildet und wenn es das Umfeld abverlangte auch geniale Machtmenschen ohne auf die theologische Welt zu vergessen – war völlig in ihrer politischen Linie.

a) Taktische Spielereien#

Derweil rüstete Spanien unter dem – seit 1715 regierungsverantwortlichen – Minister Kardinal Giulio Alberoni wirtschaftlich wie militärisch auf. Freilich begründete er das damit, dass er gegen das Osmanische Reich Vorbereitungen träfe. In Wirklichkeit gedachte er dem Kaiser eine Schmach zukommen zu lassen. Er versuchte die Vertragsbedingungen von Utrecht und Rastatt zugunsten Philipps V. von Spanien zu revidieren. Alberoni gab Befehl im August 1717 Sardinien und im folgenden Jahr das savoyische [österreichische] Sizilien [Sizilien und Neapel?] mit spanischen Truppen zu besetzen.
Der Kaiser sah ganz genau beider Zielsetzungen: Die Rückgewinnung der verlorenen italienischen Nebenländer Sizilien und Neapel. Nun der Friede innerhalb Europas war wieder gefährdet gewesen. Es gab nur eine Möglichkeit Spanien in Schach zu halten – mit einer Allianz. Und die bestand aus Frankreich, Großbritannien, Holland und Kaiser Karl VI. In London am 2. August 1718 wurde sie Realität. Die damaligen Historiker nannten sie – voreilig – schon "Quadrupelallianz" die allerdings mit dem Ausscheiden der Generalstaaten zur "Tripelallianz" zusammenschrumpfte. Die Republik Holland fühlte sich durch den Barriere-Abkommen vom 15. November 1715 beeinträchtigt und die Intrigen des spanischen Ambassadeur Marquis de Beretti Landis taten ihr übriges. Aber das tat dem Ganzen in außenpolitischer wie militärischer Hinsicht keinen wirklichen Abbruch. Im November 1718 nahm an dieser Allianz auch der Herzog von Savoyen teil. König Philipp V. setzte 1720 Kardinal Alberoni ab und verwies ihm des Landes. Im Haager Frieden musste der Escorial den österreichischen Besitzstand in Italien offiziell anerkennen, und Karl VI. erlangte obendrein einen vorteilhaften Tausch von Savoyen die Insel Sizilien für Sardinien.
Zwischen Vertretern des Kaisers, von Großbritannien, Holland, Frankreich kam es in London zu Gesprächen, die im Juli und August 1718 in eine "Quadrupelallianz" mündeten – allerdings schied Holland aus. Der Zweck dieses Dreierbündnisses war die Sicherung des Utrechter Friedens, gerichtet gegen Spaniens Italienpolitik und Expansionsdrang. Noch vor der Augustmitte kam es nächst Cap Passaro zwischen Großbritannien und Spanien zu einer Seeschlacht, die von den Briten gewonnen wurde. Der Kaiser entschied nachgiebig zu sein und unterschrieb am 16. September 1718 – gemeinsam mit Kanzler Johann Georg von Buol – eine Renunziation auf die spanische Monarchie. (Erst drei Jahre später werden Frankreich und Großbritannien – am 27. September 1721 – Garantie leisten über diesen Verzicht Karls VI.) Es war bloß eine schriftliche Wortklauberei um Zeit zu gewinnen. Aber wirklich hatte er nicht verzichtet. Damals war seine Tochter Maria Theresia an die eineinhalb Jahre alt und die Idee einer späteren Verheiratung mit einem spanischen Prinzen geriet in den Bereich der Machbarkeit.
Philipp V. gab erniedrigt nach, vorher entließ er Alberoni und verwies ihn des Landes, und trat im Februar 1720 zu Den Haag der Tripelallianz bei; dadurch anerkannte er die Utrechter und Rastatter Verträge; einen Monat später trat Herzog Viktor Amadeus I. von Savoyen zur obigen Allianz bei. Anfang April kam es zu einem Waffenstillstand auf hoher See zwischen den Vertretern des Kaisers, Frankreichs, Großbritanniens, Savoyens und Spaniens. Anfang Mai kam es vor Palermo zu einem Treffen der Generäle des Kaisers, des britischen Königs und spanischen Königs. Sie trafen Übereinkünfte wegen der Räumung Siziliens und Sardiniens. Am 22. Juni 1720 verzichtete Philipp V. zu San Lorenzo auf die an Kaiser Karl VI. abgetretenen Nebenländer. Im Juli erhielt der Herzog von Savoyen im Tauschweg als Entschädigung Sardinien mitsamt Königstitel. Seitdem hieß er "König Amadeus II. von Sardinien".
Andere europäische Sachprobleme überschatteten Österreich und das Kaiserreich. Insbesondere wenn sie sich mit dem "Nordischen Krieg" überschnitten, in dem Schweden seine Großmachtstellung verlor und Preußen und Russland in den Ostseeraum vorstießen. Der Kaiser trat in Wien am 5. Januar 1719 einem Bündnis mit König August II. der Starke (Friedrich August I.) von Polen Kurfürst von Sachsen – und König Georg I. von Großbritannien – Kurfürst von Braunschweig-Lüneburg-Hannover – bei. Es war eine Verteidigungsallianz, gewandt gegen Preußen und dem Zarenreich Russland.
Am meisten schien sich Karl VI. über den Staatsbankrott Frankreichs gefreut zu haben. Aber in Anbetracht seiner eigenen Finanzlage sah er keinen triftigen Grund dazu. Während in Frankreich der minderjährige König Ludwig XV. in seiner kindlichen Naivität mit ansehen durfte wie der pfiffige Schotte John Law mittels unglückseliger Papiergeldinflation, verursacht durch seine Gegner, in der Weltwirtschafts- und Geldgeschichte verursachte, mühte sich inzwischen Philipp V. resignierend mit gänzlich andersgearteten Problemstellungen, getrieben von einerseits familiären und andererseits außenpolitischen Sachzwängen. Außerdem präsentierte er sich als schwacher und depressiver Monarch, der von seiner zweiten Gemahlin Elisabeth Farnese gepresst wurde. Zudem bekam vom Volk er den Beinamen "El Animoso", das als Wortspielerei einerseits sogar "der Beseelte, Starke" oder andererseits "der Traurige" bedeuten konnte. Gewiss mit Recht, das gesamte Spanische Weltreichs alten Stils konnte er genauso wenig wie sein österreichischer Widersacher erreichen. Aber das war ihm zu diesem Zeitpunkt sowieso uninteressant erschienen. Zu Jahresbeginn 1724 übergab Philipp V. seinem ältesten, siebzehnjährigen Sohn aus erster Ehe mit Königin Marie Luise Gabriele, Ludwig (I.) die Regentschaft über das Königreich Spanien. Doch starb der Jüngling Ende August an einer heimtückischen Krankheit. So blieb dem unglücklichen Vater nichts anderes über als nochmals die Königskrone Spaniens zu übernehmen.
Seine zweite Ehefrau, die ungemein ehrgeizige Königin Elisabeth Farnese – Tochter Herzog Odoardos II. von Parma – besaß keine anderen Sorgen, als dass sie ihre eigenen Söhne Karl (III. / VII.) – "Don Carlos" – und Philipp – der spätere Herzog von Parma und Begründer der Habsburgernebenlinie – versorgt wissen wollte. Nun drohte das in einen Konflikt mit Kriegsgefahr um die Erbfolge in Parma und in der Toskana zu eskalieren. Die Großmächte entschieden Anfang 1724 im französischen Cambrai einen Kongress abzuhalten. Die britischen und französischen Vermittlungsversuche zur Bereinigung aller noch ausstehenden und ungeklärten Sachprobleme zwischen Spanien und dem Kaiser brachten die kaiserlich-österreichischen Diplomaten in die Bredouille. In den Gesprächen mit Österreich forderten Holland und Großbritannien längst die Aufhebung der Ostindischen Handelskompagnie – und das ohne Erfolg. Nicht desto weniger ihre spanischen Kollegen, die eine schnelle Verlegung spanischer Truppen auf dem Seeweg und als Infanten Karl/Don Carlos in die Toskana verlangten. Sie reagierten über die britisch-französischen Unterhändler unglücklich bis gereizt. Eine skurrile Situation war entstanden. Österreich-Habsburg und Spanien-Anjou-Bourbon standen im völligen Gegensatz zu den Seemächten. Als Elisabeth Farnese sah, dass in dieser Angelegenheit nichts mehr vonstattenging, entschloss sie sich spontan mit dem Kaiser direkten Kontakt aufzunehmen. Mit einem Mal waren Karl VI. und Philipp V. freundschaftlich gewogen – zum Ärger der Seemächte. Das leidige Problem zeigte sich im Fehlen eines formellen Friedens mit Karl VI., der zur Überraschung der europäischen Großmächte dank der spanischen Königin, erst nach mühseligen Verhandlungen in Wien am 30. April 1725, verknüpft mit einem Defensivbündnis (Friedens- und Freundschaftsvertrag), und am 1. Mai mit einem Handels- und Schifffahrtsabkommen gelöst wurde. Aber wie war das im Detail abgelaufen? Als Hauptbedingung wurde ausgehandelt: Karl VI. gab als Gegenleistung, die ihm unsagbar gequält haben mochte, den endgültigen Verzicht auf das Königreich Spanien bekannt, bestätigte somit die Anerkennung des Bourbonen Philipp von Anjou als König von Spanien! Weiteres versprach der Kaiser, er werde dessen Sohn Karl/Don Carlos bei Freiwerden der Reichslehen Parma, Piacenza und Toskana (Florenz), damit umgehend belehnen. Als besondere Abgeltung versicherte Philipp V. die Anerkennung der Pragmatischen Sanktion. Bayern, Köln, die Pfalz und vorerst Frankreich schlossen sich dem Vertrag an. Im Mai ratifizierte Philipp V. und im Juni ratifizierte Karl VI. diese Friedens- und Handelsverträge. Ein formelles Ende des Spanischen Erbfolgekrieges kam am 7. Juni 1725 mit dem Frieden zwischen Reich und dem Königreich Spanien zustande.
Durch das Zusammengehen Österreichs und Spaniens wurden Großbritannien und Preußen zutiefst beunruhigt. Als verspätete Gegenmaßnahme wurde am 3. September [1725] das "Bündnis von Herrenhausen" zwischen Großbritannien, Frankreich und Preußen geschlossen. Der reelle Zweck dieses Abkommens war, wegen der interstaatlichen Räson nur Unruhe, wenn nötig zu stiften, um den ausbalancierten Frieden in Europa zu gewährleisten. Den Kaiser beeindruckte das nicht sonderlich. Ganz im Gegenteil: Er genoss es, wieder in Europa an Achtung zu gewinnen. Aber eine Frage drängt sich doch auf: Brauchte er dieses Renommee wirklich? Spanien entschwand doch aus seiner Reichweite.
Am 5. November 1725 wurde das Bündnis zwischen Spanien und Österreich bekräftigt. Karl VI. und Philipp V. verpflichteten sich zu direkter gegenseitiger Hilfe in einem Krieg gegen Ludwig XV.
Jedenfalls hatte Karl VI. für sich das Elsass sowie die Bistümer Metz, Toul und Verdun beansprucht. Sein einstiger Gegner Philipp V. gedachte die Grafschaft Roussillon zu erobern. Weiteres stand im Raum, die Idee, dass zwei Töchter Karls VI., Erzherzogin Maria Theresia und Erzherzogin Maria Anna die Söhne Philipps V. ehelichen konnten. Das hieße eine Vereinigung zweier mächtiger Dynastien und brachte Großbritannien, Frankreich und Preußen auf den Plan, die miteinander die Herrenhausener Allianz zustande brachten. Eine weitere Verschärfung der Gesamtlage brachte Russland mit seinem Bündnis vom 6. August 1726 mit Österreich und Spanien zustande. Dazu folgten noch Sachsen-Polen und Bayern.
Großbritannien, Frankreich und Preußen entschieden den Weg in die Gewalt. Jedenfalls brach ein militärischer Konflikt aus und der von der Geschichtsforschung irgendwie vergessen wurde.
Zwischen Großbritannien und Spanien herrschte faktisch Kriegszustand. Es war kein Krieg, der die wirtschaftlichen Interessen aller Beteiligten gefährdete. Philipp V. versuchte vom 11. Februar 1727 bis zum 12. Juni 1727 vergeblich Gibraltar aus den Fängen der Briten zu entreißen.