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Lothringen gegen Toskana#

Franz Stephan nimmt widerwillig die Toskana an sich#

Angesichts des Vorfriedens von Wien am 3. Oktober 1735 zwischen Österreich und Frankreich, das seither auf Lothringen verzichtete, und jenes nun an Stanislaus Leszczyñski fiel, machte sich in Karls VI. ein großes unbehagliches Gefühl breit. Franz Stephan protestierte aus wirtschaftlichen Erwägungen gegen den Tausch Lothringen gegen die abgewirtschaftete Toskana. Karl VI. mutmaßte wohl, dass Franz Stephan in Geldangelegenheiten eine sichere Hand barg. Karl VI. wusste wie stark der Verlust Lothringen für Franz Stephan erschienen sein mochte. Der Habsburger bewog ihm wohl – 1735 – zu verzichten und empfahl ihn offensichtlich den Verzicht urkundlich zu bestätigen. Franz Stephan wollte das gute Auslangen mit dem Kaiser nicht zerstören und ihm schon gar nicht vor dem Kopf stoßen, und schon gar nicht die österreichischen – und ausländischen – Staatsmänner als Feinde haben und gab nach. Er vertraute dem Kaiser, und der hoffte – illusorisch – für Franz Stephan irgendwann Lothringen wiederzuerlangen. Weil sich die Einsetzung in das Großherzogtum Toskana verzögerte, beschloss der Kaiser seinen Schwiegersohn mit 4. Mai 1736 das Generalgouvernement der Österreichischen Niederlande zuzusichern. Am 24. Januar 1737 wurde dieser mit der Toskana vom Kaiser belehnt. Erst mit dem Tod des letzten Großherzoges aus dem Haus Medici, Gian Gastone de Medici am 9. Juli [1737] konnte Franz Stephan die Herrschaft als großherzoglicher Gebieter über die schönste Landschaft Italiens – wenn auch (nur) formell – antreten.

Militärische Karriere des Schwiegersohns#

Kontrollgebietend förderte der Kaiser – beinahe schon als Schwiegerübervater – die militärische Karriere Franz Stephans. Am 10. Juni 1737 trat er während des Türkenkrieges als Volontär fern jeglicher ernsthafter Kampfdramatik in den Offiziersdienst ein. Nach uninteressanten Erfolgen als höherer Offizier ohne großartige Befehlsgewalt – er galt als vor- und umsichtig, und alles andere als verwegen – betraute ihn Karl VI. mit dem Amt des Generallieutnants. Auch in dieser Funktion brachte der Schwiegersohn keinesfalls gegen die Osmanen glänzende Erfolge zustande. Franz Stephan fungierte auf Wunsch des Kaisers als hochamtlicher Beschwichtiger bei Unstimmigkeiten innerhalb der hysterischen Militärhierarchie – erfolglos. Am 10. Juli nahm er erstmals bei Verhandlungen innerhalb des Kriegsrates teil und wurde im Dezember in den "Geheimen Rat" entsandt. Karl VI. zog seinen Schwiegersohn bei und nach den Besprechungen insgeheim zu Rat um seine Meinung zu hören. Immerhin alles Indizien, dass Karl VI. seinen Schwiegersohn gezielt als Nachfolger ausbildete. 1738 nahm Franz Stephan im Türkenkrieg militärische Misserfolge hin Karl VI. spürte wie von seitens des eigenen Hofes ständig versucht wurde zwischen ihm und dem Lothringer und Maria Theresia zu intrigieren. Karl VI. dachte immer, während der Auswahl des Schwiegersohnes an die Gegnerschaft des wittelsbachischen Konkurrenten Karl Albrecht von Bayern. So musste Franz Stephan nach außen hin krampfhalber zu einem Kaisernachfolger wider Willen herangezüchtet werden.

Statt einen Enkelsohn eine Enkeltochter ...#

Im Februar 1737 wurde der Kaiser Großvater einer Enkelin namens Maria Elisabeth. Das Kaiserpaar und die Königin Maria Anna von Portugal fungierten als Taufpaten. Karl VI. ließ Festivitäten und Musikereignisse zelebrieren. Um abzulenken: Seine privat-öffentliche Tragödie begann sich scheinbar fortzusetzen. Noch immer kein Habsburger. Zu seinen Lebzeiten nicht einmal ein habsburgisch-lothringischer Nachfolger …
Am 6. Oktober 1738 erblickte eine zweite Enkelin das Licht der Welt: Maria Anna. Diesmal verzichtete der Kaiser auf eine Taufpatenschaft. Das war bereits ein Ausdruck einer – wohl voreiligen – Resignation. In seinem Auftrag wurden hundert weiße Täubchen freigelassen. Sie trugen kleine Spruchbänder mit einem naiven Gedicht: "… Es wird daher ein Mann / Als drittes und nach Wunsch begraben, / Jetzt konnt’s nicht sein. Warum? / Gut Ding will Weile haben." Und das war ein Ausdruck einer erwünschten Verwirklichung einer Hoffnung.

Reise nach Florenz und ein kaputtes Bett#

Der Kaiser kam auf die Idee das junge Elternpaar auf einem dreimonatigen Aufenthalt nach Florenz, in die Hauptstadt des Großherzogtums Toskana zu entsenden. Anlässlich des feierlichen Einzuges des neuen Großherzogs Franz Stephan von Lothringen wurde vom großherzoglichen Hofarchitekten Jean-Nicolas Jadot ein Triumphbogen in Florenz errichtet.

Schloss Porcia, Spittal an der Drau, Kärnten. Kupferstich, Andreas Trost, 1688, nach Valvasor. Eines der bedeutendsten Renaissancebauwerke außerhalb Italiens
Schloss Porcia, Spittal an der Drau, Kärnten. Kupferstich, Andreas Trost, 1688, nach Valvasor. Eines der bedeutendsten Renaissancebauwerke außerhalb Italiens
Vor Weihnachten 1738 krachte im Kärntner Spittal an der Drau bei einem Liebesspiel – im Schloss Porcia – das uralte Renaissance-Bett zusammen.
Fürstenzimmer mit Bett im Schloss Porcia. Ob es dieses Bett war, das damals beim Besuch Maria Theresias und Franz Stephans zusammenkrachte, bleibt dahingestellt
Fürstenzimmer mit Bett im Schloss Porcia. Ob es dieses Bett war, das damals beim Besuch Maria Theresia und Franz Stephan zusammenkrachte, bleibt dahingestellt - Foto: Mefusbren69, Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Karl VI. meinte, als er davon erfuhr, angesichts des unersättlichen erotischen Appetits seiner Tochter, es hätte vielleicht zur Zeugung eines Knaben geführt: Karl VI. schrieb am 27. Dezember 1738: "... wünschte, daß nie ein größeres Unglück geschehe, um so mehr, als dieser Bruch, wohl etwan zu einer neuen Ganzmachung (welches Gott gebe) wird vielleicht geholfen haben. Denn in der Eng von ein Bett werden wohl artliche casus vorbeigegangen sein; nur moderato und das Übrige segne Gott." Der Kaiser irrte sich, denn Maria Theresia war erst wieder im April in freudiger Erwartung. Die dritte Enkelin, Marie Karoline, kam im Januar 1740 zur Welt. Nach ihrer Geburt und Gesundheit schien – wie bei den vorigen Enkelinnen – Karl VI. erfreut zu haben und der Tod der ersten Enkelin Maria Elisabeth am 7. Juni 1740 dürfte ihn und das junge Elternpaar nicht minder erschüttert haben. Was die Erbfolge in männlicher Linie anlangte, da hatte der Monarch zu diesem Zeitpunkt längst resigniert und räsonierte nicht mehr. Wenn ihm das Schicksal nicht einen Strich durch die Rechnung gemacht hätte, so wäre er sicherlich bei der Kenntnisnahme der Geburt des Erzherzog Josephs – nachmals Kaiser Joseph I. – am 13. März 1741 höchsterfreut gewesen.