Aufenthalt in England#
Begegnung mit einer pflichtbewussten Königin - Abwarten und Tee trinken#
Kurz vor dem Jahreswechsel besuchte er aus Hang zur Information getriebener Höflichkeit Königin Anna Stuart in ihrem Windsor Castle.
Eigentlich ein Akt des Wohlwollens zwischen Britannien und Austria. Tatsächlich war das Ganze ein wertloser Smalltalk. Hauptsache, die britische Regierung unterstützte mit militärischer Macht – und vielleicht mit finanzieller Basis – Karl in seinem Bestreben Spanien zu erlangen. In diesen Tagen ließ er sich auf Wunsch der Königin vom anerkannten aus Deutschland stammenden Hofmaler Sir Godfrey Kneller porträtieren. Als spanischer Kronprätendent kommandiert er die britische Flotte und ergreift die Krone Kastiliens. Fast wie eine Poesie eines Wunschtraumes der eher eine Allegorie der Verderbtheit im Kampf um ein Erbe darstellte. Das Bild besitzt heute die britische Krone und komplettiert die alte Sammlung vornehmer historischer Protagonisten. So sehr sich Karl bemühte durch ein sorgfältig angelegtes Auftreten mit Verhandlungs- und Bündnispartnern seine Ziele zu erreichen, blieben die wahren Interessen der Engländer vom Wirtschaftskurs und der Sucht um Gewinnvermehrung im Vordergrund – im Sinne der britischen Krone.
Karl lernte den klassischen englischen Punsch mitsamt den Kater nach dem Aufstehen kennen. Auf den britischen Inseln war es nun mal nicht so wettermäßig angenehm wie im südlich gelegenen Österreich. Ein britischer Geschäftsmann bot dem jungen Habsburger ein Regiment Offiziere an. Nur hätte es Karl finanziell selber erhalten müssen und lehnte, wohl gut beraten von Liechtenstein, vorsichtig und sehr höflich ab. Der Jahreswechsel fuhr wie der kalte Nordwind einher. Glückwünsche für 1704 wechselten wie die verstaubten Wintermäntel. Minister Wratislaw kontaktierte die britische Regierung, sondierte und gab an den Habsburger irgendwelche Empfehlungen ab. Karl schloss mit ihm während des Englandaufenthaltes ehrliche Freundschaft. Der Minister beschloss wieder nach Wien zurückzukehren und mit dem Erzherzog brieflich in Verbindung zu bleiben.
Stürmische See und endlich Aufbruch nach Portugal bzw. Spanien#
Karl fuhr mit seiner Entourage wieder nach Portsmouth zurück. Bald würden sie wieder in See stechen. Kurz darauf beruhigte sich das Winterwetter etwas. Vor Epiphanie begann die Weiterreise unter dem Geleitschutz der britischen Flotte. Ende Januar wurde das Schiff von einem Meeressturm überrascht und mit Mühe konnte die „Catherine Royal“ in einem Hafen ankern. Admiral Sir George Rooke ersuchte den Habsburger unter Deck zu bleiben. Aber Karl wollte nicht feige sein und mit seiner offiziellen Anwesenheit die Moral der Mannschaft tatkräftig unterstützen. Von Seekrankheit wurde nichts überliefert. Nach weiteren Aufenthalten in diversen Häfen kehrten alle Schiffe wieder nach Portsmouth zurück. Diese Hafenstadt an der Südküste Englands war ein historischer Eckpunkt. Hier startete die Meuterei auf der Bounty und die Eroberung der Normandie 1944 – aber das ist in diesem Thema doch zu weit gegriffen. Karl musste sich weiter in Geduld fassen. Erst im Februar 1704 konnte die Fahrt richtig losgehen.Ankunft in Portugal#
Im März 1704 war die Küste Portugals zu sehen und am 9. März 1704 konnte der Habsburger nach umständlichen Höflichkeitsgebarungen an Land gehen. Zuvor gab er Audienzen für hohe Persönlichkeiten und für den Amirante von Kastilien, Enriquez de Carabrera. Dieser war als Admiral der Oberbefehlshaber zu Lande und zu Wasser von Kastilien. Allerdings kein Freund der Bourbonen.König Pedro II. von Portugal begrüßte Karl mit Schwermut. Der Habsburger erfuhr, dass dessen Tochter, die auserwählte Braut kurz zuvor an den Pocken verstorben sei. Was für ein Beginn! Aber der Lauf der Welt und der Willen des Allmächtigen war sowieso nicht zu hemmen.
Karl nahm die kostbaren Geschenke, die ihm König Pedro II. überreichte, an sich. Dabei waren u. a. ein mit Diamanten besetztes goldenes Lavoir, Degen, Pistolen und einen Kommandostab - auch mit Diamanten verziert -, zwölf Karossen und Tafelgeschirr. Alles Kostbarkeiten. Und was Karl an Gegengeschenken überreichte, wie er das Holland und England getätigt hatte, davon wurde nichts berichtet.
Karl nahm an einem Tedeum teil und ein dreitägiges Fest mit Feuerwerk fand trotzdem statt.
Unverweilt wurden an die spanische Bevölkerung Flugzettel im Namen Karls abgegeben. Wer sie lesen konnte, erfuhr von der großzügigen Haltung des Österreichers, wenn sie ihn akzeptieren und ihm Gehorsam leisten. Sie erfuhren aber auch von der Unduldsamkeit bei Nichtakzeptanz. Karl würde seine Gegner völlig missachten und entsprechend behandeln. Gab ihnen dreißig Tage Zeit. Philipp V. hieß er einen Tyrannen und Thronräuber. Auch die Religion wurde zum Instrument der Propaganda. Spanien war ein Land mit erzkatholischer Bevölkerung. Karl kam mit protestantischen Verbündeten – damals störte das den katholischen Habsburgerhof nicht. Philipp V. spornte sein Volk an, die Feinde zu bekämpfen, welche gekommen seien, die katholische Religion zu untergraben. Die kalkulierte Rechnung der Hetzstrategie war offenbar aufgegangen. Der Anjouaner würde Spanien niemals aufgeben. Die ganze europäische Welt sah auf die Iberische Halbinsel, um das weitere Vorgehen der gegeneinander gestimmten Protagonisten weiter zu beobachten.