Der Kaiser und die Freimaurer#
Geheimgesellschaften und ihre Ziele#
Die Freimaurer hatten als Gesinnung die herrschenden gesellschaftlichen Zerwürfnisse zu mildern und Brüderlichkeit im Sinn des Bauens einer neuen Welt. Wenn Karl VI. über seinen künftigen Schwiegersohn gewisse Kontakte gebraucht hatte – dürfte diese ideologische Einstellung doch eher seinem verstaubten Weltbild widersprochen haben.Es hat immer schon geheime Gesellschaften gegeben. Aber das System der Freimaurer war unerhört neu. Jeder wusste, dass es sie gab. Aber niemand wusste wer Mitglied war. Mittels Gewährsleuten in führenden Positionen waren schnell die wichtigsten Exponenten wenn auch diskret in Erfahrung gebracht. In London wurde aus vier Logen die erste Großloge der Welt am 24. Juni 1717 institutionalisiert. Einige Jahre später warben sie für ihre Tätigkeit. Das kosmopolitische Weltbild warf die Basis für Gedanken der späteren Aufklärung. Kaiser Karl VI. musste davon wohl später Kenntnis erfahren haben und dachte daran, ob nicht politisch einflussreiche Logenmitglieder ihn unterstützen würden in der Frage der Akzeptanz der Pragmatischen Sanktion und Wirtschaftsinteressen Österreichs.
Kavalierstour zu Winkelmaß und Zirkel #
Seinen künftigen Schwiegersohn Franz Stephan von Lothringen sandte er auf eine Kavalierstour an die Adelshöfe europäischer Staaten. Prominente Staatsverantwortliche und welche die es werden wollten oder mussten, traten oft geheim in Freimaurerbünde bei. Zumeist Zweckbeitritte um internationale Vereinbarungen politischer oder wirtschaftlicher Natur mit einflussreichen Logenbrüdern arrangieren zu können. In Den Haag trat Franz Stephan am 14. Mai 1731 in einem Freimaurerbund ein.Das Ziel eine neue Welt im Sinne des Schöpfers zu bauen, trat leider auch zu oft in den Hintergrund – und nicht wenig zum Ärger der Untertanen. Das kaum beste Beispiel war König Friedrich der Große, der als intelligenter Schöngeist (!) mit seinem exzessiv, gesellschaftspolitisch angewandten Militarismus auch die Geschichte Europas bis ins zwanzigste Jahrhundert tiefgreifend beeinflusst hatte. Beinahe eine Revolution inmitten eines erstarrten Europas. Als Kronprinz trat er um den Mariä Himmelfahrtstag 1738 der Freimaurerei bei. Heute haben Freimaurer – seit dem 19. Jahrhundert – zumindest eine erneuerte, gesündere Gesinnung längst entwickelt.
Der Vatikan gegen die Freimaurer#
Der Zorn der Verdammnis des Heiligen Stuhles hatten die Freimaurer längst ereilt: Papst Clemens XII. veröffentlichte am 28. April 1738 die Anti-Freimaurer-Bulle "In Eminenti". Der Papst sah in ihnen wegen ihrer tiefen Toleranz zu verschiedenen Religionsgemeinschaften innerhalb der geheimen Zusammenkünfte eine zerstörerische Gefahr für die katholische Religion.Erst 1741 wird in Wien eine erste Freimaurerloge gegründet werden. Während der Rückreise nahm Franz Stephan an den Verlobungsfeierlichkeiten (März 1732) zwischen Prinz Friedrich von Preußen und Prinzessin Elisabeth Christine von Braunschweig-Lüneburg-Bevern am Berliner Königshof teil. Karl VI. teilte am 28. Februar 1732 Franz Stephan mit, in Preußen seien viele Soldaten, große Manöver und andere Hofsitten: "Dorten werden E[uer]. L[iebden]. vill soldathen vndt grossen granadir spill gehabt haben und sonst ein ganz anderen difernten hof werdten angetroffen haben." Damals bereitete dieser das Treffen Karls und des Preußenkönigs in Prag für den Sommer 1732 vor. Nach der Funktion als Sonderbotschafter wurde dem Lothringer noch ein weiterer Vertrauensbeweis zuteil: Der Kaiser übergab ihm im März 1732 die Statthalterschaft über das Königreich Ungarn. Hierbei musste er – ab Juni – am Pressburger Schlossberg Quartier nehmen – wieder weit entfernt von der geliebten Erzherzogin. Solange Maria Theresia unverheiratet war, galt sie als wertvollstes Heiratsgut in Europa. Deswegen war ihr Vater Karl VI. auf die Bewahrung ihrer Ehre erpicht. Seit 1. Januar 1734 stand es für die bald 17-jährige Maria Theresia unumstößlich fest, Franz Stephan zu heiraten. Karls VI. langmütige Geduld versagte angesichts solcher weiblichen Standfestigkeit.
Konflikt zwischen Vater und Tochter Das Verhältnis zwischen Kaiser Karl VI. und seiner Tochter Erzherzogin Maria Theresia war in der Mitte der 1730er Jahren ziemlich beeinträchtig, wenn nicht ordentlich beschädigt erschienen. Das Ganze war ein Kampf zwischen einen Herrscher und einer sprunghaften, pubertierenden Göre. Die erwähnte Heiratspolitik des Hauses Habsburg – angerissen durch Prinz Eugen und energisch betrieben von Karl VI. – betrachtete sie mit einer gehörigen Portion an Argwohn. Sie liebte den Lothringer. Auch das konnte der Kaiser sehen. Ebenso sah das ganz Europa. Das Leben am Hofe Karls VI. wurde nicht nur von Gott beobachtet, sondern auch von übereifrigen Agenten. Ein britischer Gesandter namens Sir Thomas 1st Baron Grantham Robinson war irgendwie Zeuge dieses gespannte Verhältnis gewesen. Im Sommer 1735 kritisierte die über Achtzehnjährige ihren tugendhaften Vater als Verwalter der Länder, die sie dereinst mal erben könnte. Robinson berichtete an die britische Regierung am 5. Juli 1735: " Sie bewundert die Tugenden des Kaisers, aber sie tadelt sein Benehmen und sieht ihn fast als Verwalter ihrer Länder an, welche sie dereinst besitzen wird. " Die höchste Alterserwartung damals lag auch in den Herrscherhäusern sowieso gegen 40 bis 50 Jahre. Karl VI. stand im fünfzigsten Lebensjahr – Leopold I., welcher 65 Jahre wurde, war die große Ausnahme in der Familie Habsburg. Was auch die innere Ursache dieser Vater-Tochter-Krise sein mochte, das bleibt dahingestellt – aber die außenpolitischen Pläne schienen ihr nie und nimmer behagt zu haben. Maria Theresia hatte ihre Mutter Kaiserin Elisabeth Christine stets geachtet – aber nach dem Tod Karls VI. ließ sie das Schloss Hetzendorf ehest zum Witwensitz herrichten – anders betrachtet hatte Maria Theresia aus machtpolitischen Interessen die Kaiserin abgeschoben …