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Eine neue Situation#

Kaiser Joseph I. verstirbt#

Kaiser Joseph I. Kolorierter Kupferstich, um 1700
Kaiser Joseph I. Kolorierter Kupferstich, um 1700 - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Am 17. April 1711 verstarb der junge Kaiser Joseph I. 33-jährig unter mysteriösen Umständen an den Pocken. Seit Jahresanfang grassierte in Ostösterreich eine nicht unübersehbare Pockenepidemie. Joseph I. brach während der Jagd zusammen – er war der Einzige der daran erkrankte. Er hinterließ eine Ehefrau und zwei Töchter. Erst vierzehn Tage später – es war der 1. Mai 1711 (Hl. Joseph!) – erfuhr Karl vom Tod seines Bruders. Der damalige Leiter des italienischen Postwesens, Roffano hatte das Schreiben persönlich übergeben. Diese Nachricht war zwar eine traurige, aber sie hatte eine überpolitische Dimension: Karl von Österreich war nicht nur König von Katalonien, sondern seit zwei Wochen römisch-deutscher Kaiser. Noch nicht offiziell aber bald, und das war aber sicher.
Aus dem im April von Wratislaw verfassten Schreiben ging hervor, dass der Kaiser erkrankte und eine Besserung seines Zustandes nicht mehr zu erhoffen war. Nach seinem Abgang in die Ewigkeit begann in Wien eine Zeit der Unregierbarkeit. Nun eine schreckliche herrscherlose Zeit wie einst im Hochmittelalter war das nun nicht. Aber es existierte ein Schweigen habsburgischer Dominanz, die von den fähigsten und engagiertesten Ministern sowie der Kaiserinmutter ausgeglichen wurde. Damals stand der Sultan mit Wien in diplomatischen Kontakt wegen Friedensgespräche. Der Sultan entschied kurzzeitig wegen der Vakanz der Kaiserkrone die Gespräche hintanzustellen. Der Großwesir Baltacı Mehmed Pascha hatte damals Seyfullah Agha in außerordentlicher Mission nach Wien geschickt, um Klarheit zu schaffen. Wratislaw war darüber erleichtert, aber er traute trotzdem der Hohen Pforte nicht. Auch die Rebellen in Ungarn zögerten taktisch Verhandlungen hinaus.

Erste "kaiserliche" Order und Taktik des Zögerns#

Die Rangfolge sah vor, dass der nächste der Söhne Leopolds I. das Amt zu übernehmen hatte. Wratislaw ersuchte in seiner an Karl in Spanien gerichteten Korrespondenz ausdrücklich klarzumachen, dass Karls Wirkungskreis nicht mehr Spanien sei, sondern halb Mitteleuropa.
Karl erkannte zwar die Gunst der Stunde, aber mit dem Königreich von Katalonien hatte er wenigstens etwas in der Hand. Das Kaiseramt konnte seine Situation unterstreichen, aber nicht die Erlangung Gesamtspaniens garantieren. Er hoffte trotzdem König vom gesamten spanischen Reich zu werden. So zögerte er seine Heimreise nach Wien bewusst hinaus. Was für eine Last! Im Auftrag Karls wurde in der Kathedrale Santa Maria del Mar durch dem italienischen Künstler Allessandro di Galli da Bibiena ein Trauergerüst errichtet. Karl nahm an den Trauerfeierlichkeiten teil. Karl erkannte, dass er dank einer höheren Fügung in einem neuen Bereich einer erweiterten habsburgischen Machtdimension gelangt war. Die Kaiserwürde war in der Reichspraxis eher eine leere Machtfülle – aber es kam ja doch auf die Persönlichkeit an, die das Amt innehielt. Von einem Augenblick zum anderen sah alles anders aus. Von seinen Gegnern wurde ja doch nur bloß als "Carlo de Austria" sowieso nur der "Prädentent" genannt. Vergleichbar einem vorgemerkten Thronanwärter auf die spanische Gesamtkrone. Dazu hatte der verstorbene Kaiser Joseph I. keinen männlichen Nachfolger. Sein Sohn Leopold Joseph starb 1701 und seither nur zwei Töchter. Dieser Umstand hatte Karl stets bestärkt – und das seit 1708 – sich zum römischen König krönen zu lassen. Doch Hofintrigen und außenpolitische Missstimmungen durch Heiratsprojekte mit den josephinischen Töchtern schufen wahrlich Hemmnisse. Aber nun befand sich Karl auf dem linearen Weg zur Kaiserkrone. Der zukünftige Kaiser wollte seine von Trauer gramgepeinigte Schwägerin Amalie Wilhelmine nicht beanspruchen. Er hatte sie zu diesem Zeitpunkt nie richtig gekannt und befürchtete Querelen in der Nachfolgefrage für das Kaiseramt. Es musste offenbar schon lange eine Feindschaft zwischen den Brüdern Karl und Joseph gegeben haben, die sich nun auf die Witwe Josephs I., Amalie Wilhelmine übertragen hatte. Kurz: Der zukünftige Kaiser hatte seine Schwägerin bewusst übergangen. Mit diesem Mechanismus der Macht, der verursacht durch die Vorherrschaft in der Familie Habsburg. Daher beauftrage er seine Mutter Eleonore Magdalena mit den Vorbereitungen und Treffen vorrangiger Entscheidungen. Bekanntlich war Karls Mutter eine Expertin in Verwaltungsfragen. Amalie Wilhelmine zog sich beleidigt vom Wiener Hof zurück. Das Schachspiel um die besten strategischen Positionen am Hof war damit gelaufen. Aber die Weichen für Kalamitäten am Wiener Kaiserhof war damit gestellt. Jedenfalls nach Bekanntgabe vom Ableben Kaiser Joseph I. richtete Karl an Wratislaw die Order, Kaiserinwitwe Eleonore Magdalena möge, unterstützt von den wichtigsten Ministern die Regierungsgeschäfte in den Erbländern übernehmen. An Prinz Eugen sandte er die Bitte ihm treu zur Seite zu stehen und fernerhin militärisch tätig zu sein.
Nach dem Ableben Josephs I. und angesichts des Nachfolgers Karls begann das bisherige politische System in Europa zu wanken – die Überseemacht Karls V. spukte plötzlich durch die Hofkanzleien europäischer Fürstenhäuser.