Erotik unter Karl VI.#
Inhaltsverzeichnis
Pikantes#
In Frankreich zählte die exklusive Tradition des galanten Romans zur wichtigsten Literaturgattung – in Habsburg konnte sowas freilich dank damaliger Bigotterie und Über-Katholismus keinen fruchtbaren Boden bekommen. Schon 1642 unter Kaiser Ferdinand III. war diese Literatursparte verboten und durfte nicht einmal eingeführt werden. Über pikante Situationen wurde höchstens getuschelt und an peinlichen Ausdrücken gefeilt, und die bis heute modern – wenn auch anders variiert – geblieben sind. Eine nach außen hin fade und verlogene Gesellschaftspoche zwischen 1700 und 1750 blieb zumindest so verwurzelt. In der bildenden Kunst konnten mit Mühe erotische Anspielungen gegeben werden. Merkwürdigerweise wurden viele Putti als Zierrat gemeißelt und dagegen geradezu präpotente muskelbepackte Statuen, die einen gestandenen Profi-Bodybuilder sogar hätten beeindrucken können. Wunschvorstellungen besaßen die Leute von einst. Zum Fürchten. Ich will da lieber nichts hineininterpretieren. Was die Putti anlangt, so weisen sie auf die hohe Kindersterblichkeit im Barock. Aber immerhin waren die Menschen von einst so ziemlich umtriebig.Allgemeines Lotterleben#
Was steinerne Gnome in Barockgärten verloren hatten, das weiß ich auch nicht so genau. Im 21. Jahrhundert sind wir sowieso mit Problemen sexueller Verwilderung ausreichend durchgerüttelt. Damals wie heute ging sprichwörtliche Hemmungslosigkeit immer auf Kosten Wehrloser. Ein anderer Hinweis auf das barocke Sittenbild sei gegeben. Die später entstandenen Mozart-Opernwerke verraten alles. Eifersucht und Ehevergehen schienen zum Alltag gehört zu haben. Zeitgenossen hatten damals die Herzlichkeit zwischen Kaiser Karl VI. und seiner Ehefrau Elisabeth Christine bewundert. Seine Loyalität dürfte sprichwörtlich gewesen sein. Das stellt doch jede Verdächtigung in sexueller Andersorientierung in Zweifel. Die übrige Führungsschicht führte was Ehen anlangte ein Lotterleben zwischen Ehefrau und Mätresse sowie Lustknaben … Die Sommer waren heiß und Ansporn genug. Die Winter leider lange und stimmungstötend. Andererseits möchte ich dazu meinen, das Leben eines Menschen im Hochbarock war doch ziemlich kurz, um Entsagung wirklich zustande zu bringen. Auch die Allgewalt des Todes mit seiner Sense ist gut reflektiert in einem ganz "modernen" Stück "Jedermann" von Hugo von Hofmannsthal (1911), der ja dazu literarische Vorbilder aus der Vergangenheit entlehnte.Leidenschaftliches ohne Ende#
Die Schwierigkeiten menschlichen Tuns war auch für den stockkonservativen Kaiser ein Problem. Er war ja für Vergnügungen, aber nicht auf Kosten einer Gesellschaft die zu devastieren drohte. Er verbot 1723 das beliebte "Fensterln" – damals hatten die Menschen eher rustikale Gepflogenheiten –, ein Jahr darauf die Sonnenwendfeiern mitsamt dem leidenschaftlichen Beiwerk. Das "Adam-und-Eva-Spiel", ein Stegreifspiel mit gewissen Erkenntnissen wurde um die Bevölkerung bei Laune zu halten auf die letzten drei Tage im Karneval eingedämmt. 1739 verbot er sogar die Musik im Wirtshaus! Nur das Gunstgewerbe beließ der Herrscher so wie es war – erst Maria Theresia wird gewissen käuflichen Damen am Graben die Haare scheren lassen bis sie möglicherweise unattraktiv waren … (Heute tun das die weiblichen Weltstars schon von selber …)