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Geburt des ersehnten Erbprinzen#

Der Erbprinz ist da!#

Als Kaiserin Elisabeth Christines Schwangerschaft ihren Höhepunkt erreichte, orderte Kaiser Karl VI. aus Tübingen den in fürstlichen Diensten stehenden und anerkannten Mediziner Johann Gottfried Zeller nach Wien, damit er die Entbindung höchstpersönlich überwache. Schon am 3. April 1716 veröffentlichte der Kaiser Anordnungen für das Zeremoniell, die nach Vorlage älterer Zeremoniellprotokolle erstellt wurden. Einen glücklichen Augenblick erlebte Karl, als ihm am 13. April 1716 mitgeteilt wurde, dass seine Elisabeth Christine um 19.30 Uhr einen – gesunden – Knaben entbunden hatte. (Stunden zuvor vereinbarte der Kaiser mit Venedig gegen das Osmanische Reich ein Bündnis.) Endlich ein Erbe. Ein Ereignis, zu dem voll Stolz die "Pummerin" geläutet wurde, und das den Kaiser und manche ranghohen Vertreter in der Führungsschicht der Monarchie mit Recht erfreute. Damit waren für den Hauch einer Zeitspanne sämtliche dynastiepolitische Probleme geklärt.

Taufe#

Das Neugeborene wurde am nächsten Tag im Rittersaal der Wiener Hofburg in Anwesenheit der höchsten kaiserlichen Beamten – darunter Prinz Eugen – mit Jordanwasser auf die Namen "Leopold Johann Joseph Antonius Franziskus de Paula Hermengildus Rudolf Ignatius Balthasar" getauft. Der Kaiser gab nebst traditionellen Namen auch Namen, die direkten Bezug zu Spaniens Geschichte fanden. In Spanien dort gab es um 1700 eine Menge seliggesprochener großer iberischer frommer Katholiken, die Karl als tiefreligiöser Monarch zumindest namentlich gekannt haben musste.
Der Patron der italienischen Seefahrer, Francesco de Paula wurde im 16. Jahrhundert in Kalabrien, das in Unteritalien zum spanisch orientierten Königreich Sizilien bzw. Neapel gehörte, geboren. Der hl. Hermengildus war im sechsten Jahrhundert ein königlicher Herrscher in Kastilien gewesen. Dass Karl seinem Sohn den Namen eines spanischen Heiligen gab, mag bewusst geschehen sein, besonders wenn der Geburtstag des Thronfolgers zufällig auf den Festtag des Heiligen fiel. Der Jesuitengeneral hl. Ignatius von Loyola war baskischer Herkunft. Der Anlass der Taufe – endlich ein Thronfolger – war für den Kaiser so eminent wichtig, dass er aus der Schatzkammer die große grünliche Achatschale aus dem 3./4. Jahrhundert herbeischaffen ließ. Das eigenartige Gefäß, auf dessen Boden das Christusmonogramm eingelassen war, fungierte als offizielle Taufschüssel. Das Taufzeremoniell wurde vom päpstlichen Nuntius Kardinal Georg Spinola unter Assistenz des Dompropstes von St. Stephan und dem Abt des Wiener Schottenstiftes in Anwesenheit der Erzbischöfe von Prag und Valencia, acht Bischöfen und neun weiteren Äbten abgehalten. Als offizieller Taufpate fungierte als weiterer Vermittler zur Iberischen Halbinsel König Johann V. von Portugal. Er war ein Schwager des Kaisers und musste allerdings aus Zeitmangel durch Prinz Max von Hannover vertreten werden. Der Kaiser gab eine Anzeige über die Geburt seines ersten Sohnes als Einblattdruck auf.

Aufnahme als Ordensritter#

Ehest wurde der kleine Erzherzog von seinem Vater in den Orden vom Goldenen Vlies aufgenommen. Prinz Eugen trug das Kind in seinem Armen und trat vor dem Kaiser, der wiederum das offizielle Ritterschwert ergriff und dem Sohn symbolisch dreimal die "Ritterstreiche", mit gleichzeitiger Aussprache eines kurzen Gebetes, übereignete. Karl VI. legte mithilfe des Savoyers den neuen – erst knapp einen Tag jungen – ordentlichen Ritter die Ordenskette um. Der Prinz erhielt eine ansehnliche Reihe Titulaturen. Darunter auch "Prinz von Asturien" – Asturien in Kastilien befand sich im Besitz des spanischen Königs.

Großes Fest in Wien und Hoffnung#

Vom 14. bis 16. April 1716 wurde Wien festlich illuminiert, große Festlichkeiten und sonstige Feiern in gewohnt üppiger Manier gegeben. Die Wienerinnen und Wiener erhielten teilweise Goldmünzen, unter Trompeten- und Paukenschall Fleisch, Krapfen und Semmeln ausgefolgt, ja sogar Rot- und Weißwein. Was tat der Kaiser? Er bestieg einen von zwei Pferden gezogenen Landauer und fuhr in Begleitung einiger Hofbeamter in der Stadt umher, um die Festbeleuchtung an seiner Burg, an den Klöstern und Häusern selbst in Augenschein zu nehmen. Damals wurde sogar ein farbensprühendes Feuerwerk entzündet, trotz ernsthafter Bedenken der auf Sicherheit bedachten Behörden. Der spanische Adelspalast Michael Johanns III. von Althann – unweit der Burg im Nordwestviertel der Residenzstadt – wurde, um den König von Spanien, Philipp V. zu provozieren, noch prächtiger illuminiert. Ebenso die Böhmische Hofkanzlei. Für die Bevölkerung der Kaiserstadt gab es wieder etwas zu bewundern und zu bestaunen. In diesem Moment konnte der überglückliche Kaiser gewiss Hoffnung schöpfen.

Die Wiener Bürgerschaft veranstaltete aus Anlass der Geburt des Thronfolgers ein Haupt- und Freischießen
Die Wiener Bürgerschaft veranstaltete aus Anlass der Geburt des Thronfolgers ein Haupt- und Freischießen, Kupferstich, 1716 - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei

Dank- und Huldigungsschriften sowie eine Goldmedaille#

Eine Unzahl an – manchmal peinlichen – Huldigungs-, Freude- und Dankespredigten wurden gehalten und ausschließlich als Druckwerke publiziert. In einem anonymen Lobpreisungsgedicht kam auch der innige Wunsch zum Ausdruck, mit der Geburt des ersehnten Thronfolgers werden auch die Kriegslasten mit dem Frieden vertauscht. Die Monarchia Austriaca marschierte aus dem Spanischen Erbfolgekrieg ohne Umschweife in den nächsten Konflikt, nämlich einen Türkenkrieg – mitsamt den finanziellen Belastungen. Sogar eine Serie Medaillen zeigte zum Beispiel den kleinen Erzherzog sogar als schlangenwürgenden Jung-Herkules in der Kinderwiege.
Das Monumentalste war eine Goldmedaille mit dem Durchmesser von unter 20 Zentimeter und wohl dem Gewicht von 3,5 Kilogramm – dem Gewicht des Neugeborenen. Das gewiss beeindruckende Objekt, das die Geburt des Thronfolgers zum Inhalt hatte, wurde von einem unbekannten Medailleur angefertigt. Im Münzkabinett des Kunsthistorischen Museum Wien sind seit Ende des 18. Jahrhunderts eine davon abgeformte Silber- und eine Bronzemedaille erhalten geblieben.

Auswahl einer Erzieherin#

Eine Aja (Erzieherin) wurde für den Buben längst – im Januar 1716, damals stand die Kaiserin im sechsten Monat – auserkoren: Sabina Christine Gräfin Gilleis, geborene Gräfin Starhemberg. Sie war verwitwet und hielt vormals bei den Leopoldinischen Erzherzoginnen Maria Elisabeth und Maria Magdalena Josepha die Position einer Obersthofmeisterin inne. Die in Kindererziehungsfragen erfahrene Gräfin wusste diese Ehre, den Sohn des Kaisers zu erziehen, zu schätzen.