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Karl VI. und seine Leidenschaft für das Weidwerk#

Gemäß den Ansichten eines Machiavellis, ein Philosoph und Verfechter der Tyrannei, soll ein Fürst die Jagd als Vorbereitung zum Kriegführen ansehen. Wie das auf Karl VI. anzulegen ist bleibt ein Rätsel.

Kaiser Karl VI. in Jagdkleidung, um 1725
Kaiser Karl VI. in Jagdkleidung als oberster Jäger. Ganzporträt. Öl auf Leinwand, um 1725. KHM Wien - Schloss Schönbrunn, Wien-Hietzing - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei. Der oberste Jäger ist mit einer Steinschlossbüchse und einem Hirschfänger ausgerüstet

Umgang mit der Jagdflinte#

Schon als Kind lernte er die Handhabung der Jagdwaffen. Was er als erstes erlegt hatte bleibt im Dunkel seiner Biographie verborgen. Jedenfalls entwickelte er eine Leidenschaft, die im Endeffekt bis zu seinem Lebensende erhalten geblieben war und über 40.000 Wildtiere das Leben kostete. In dieser Zeit erlegte der Kaiserhof überhaupt sogar 100.000 Tiere. Aber das bleibt spekulativ.
Die Jagdbeute diente oft als Nahrung. Aber sie war auch unter Umständen bloß einseitige Kost.

Büchsenmacher#

Hervorragende Büchsenmacher in Wien erhielten vom Hof entsprechende Aufträge. Nur als Beispiel: Georg Kayser bei St. Stephan. Einige Jagdwaffen wurden nach Spanien mitgenommen. Auch dort gab es vorzügliche Büchsenmacher, etwa ein Diego Ventura in Madrid, der für den Habsburger eine kunstvoll verzierte Jagdflinte geschaffen hatte. Heute ist sie in der Waffensammlung des Kunsthistorischen Museums Wien.
Karl VI. lernte nicht nur ein normales Tagebuch zu führen sondern auch einen "Jagdtcalender", in dem er seit 1712 penible – kaum lesbar – seine Treffer eingetragen hatte.
Schon in Spanien schoss er in der Abenddämmerung Schwalben und anderes.
In der Gemäldegalerie (KHM) finden sich eher wenige Bildwerke mit dem Jagdgenre. In Schloss Schönbrunn befindet sich ein Porträt des Kaisers als Jäger in barocker Gewandung und Flinte.

Kaiserin Elisabeth Christine als Jägerin
Kaiserin Elisabeth Christine von Braunschweig-Wolfenbüttel als Jägerin mit Flinte, um 1730 (?); Schloss Schönbrunn - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Seine Ehefrau Elisabeth Christine und die Töchter erwiesen sich als fleißige Jagdteilnehmerinnen. Maria Theresia bekam vom kaiserlichen Papa eine kleine Jagdflinte.

Ein kurzsichtiger oberster Jäger#

Karl VI. erhielt von seiner Ehefrau ein Gewehr mit aufklappbaren kleinen Porträt seiner Gemahlin. Eine Mahnung also, auf sich acht zu haben und kein Ehevergehen zu wagen.
Fast hätte er seine Ehefrau durch eine ungeschickte Handhabung seines Gewehrs erschossen. Sie hatte noch Glück im Unglück gehabt. Ihre Unfähigkeit keinen (weiteren) Sohn gebären zu können, wäre ja doch ein Motiv gewesen. Einen Kaiser könnte keine irdische Instanz belangen.
Seine Reviere lagen außerhalb Wiens, etwa der Prater, die Gegend um Schönbrunn, bei Wolkersdorf. Überall finden sich mehr oder weniger originelle Jagdschlösser. Die Sommer verbrachte er in Laxenburg, wo die Beizjagd dominierte. Dort sind Millionen Mücken beheimatet und Essig fand oft Einsatz am kaiserlichen Körper.

Rebhühner im Schönbrunner Park
Rebhühner im Schönbrunner Park, Johann Georg de Hamilton, 1732; KHM - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei

Reviere und Jagdtrophäen#

Bei Reisen – besonders Erbhuldigungen betreffend – nahm er die Einladungen örtlicher Hochadeliger an, um in deren Revieren Treffer zu absolvieren. Schloss Neuwartenburg war so eine Möglichkeit das Weidwerk auszuüben. Nahe Eisenerz in der Steiermark trieben 3.000 Bauern das Vieh zusammen. Ein Gemälde blieb als Dokument erhalten.

Kaiser Karl VI. besichtigt die Gemsstrecke in Eisenerz, Steiermark. Gemälde von Johann Veit Hauck, um 1738
Kaiser Karl VI. besichtigt die Gemsstrecke in Eisenerz, Steiermark. Gemälde von Johann Veit Hauck, um 1738; Kunsthistorisches Museum Wien – Foto: Wikimedia Commons – Gemeinfrei. Der Kaiser steht, umgeben von seiner Gefolgschaft, begutachtend die Jagdbeute, vor einem großen Zelt

Ob damals die Sorge mitschwang, dass der Herrscher aus einer mittelalterlichen Tradition heraus, die Forderung stellte, die jeweilige Ehefrau und Tochter zu besteigen, bleibt unklar. Bei dem merkwürdig verlangten Kaiser dürfte eher der jeweilige Sohn des Schlossbesitzers vorsorglich das Weite gesucht haben.
Allgemein war es so, dass der Inhaber des jeweiligen Reviers dem Herrscher einen kapitalen Hirschen überlassen hatte. Allgemein waren alle Jagdherren außerhalb Wiens froh wenn der Kaiser mitsamt seinem Hof wieder abzog.
Seine exzessiv betriebene Pirsch führte dahin, dass sogar der letzte nahe Wien gesehene Bär erlegt wurde. Das Hofzeremoniell machte auch vor der Jagd nicht halt. Jagdhelfer, die dem Kaiser helfen wollten, wurden wegen Missachtung bestimmter Höflichkeitsfloskeln für zwei Wochen in den Arrest gesteckt.
Ein Jagdbursche, vermutlich 14 Jahre jung, lernte den Kaiser kennen und dessen erotischen Appetit auf hübsche Bengel.

Fehlschuss mit Todesfolge#

Dramen spielten sich auch ab. Nahe Brandeis (Prag): Der Kaiser und Schwarzenberg verfolgten einen kapitalen Hirschen. Jedenfalls standen sie gegeneinander in der Zielrichtung. Schwarzenberg erlitt schwerste Verletzungen und verstarb. Der Kaiser erlitt einen Nervenzusammenbruch. Ein Mordanschlag dürfte das Ganze nicht gewesen sein. Aber es gibt etwas zu denken: Schwarzenberg hatte Tage zuvor sein Testament geschrieben. (Eine Annahme: Vermutlich war der Kaiser doch nicht so zielsicher gewesen. Seine Kurzsichtigkeit wurde durch aufklappbare Monokel am Gewehr "ausgeglichen".) Das schienen alle bei Hofe gewusst zu haben, ohne dass sie das bekritteln durften.

Ende der barocken Jagdkultur#

Der Adel übte exzessive Jagd aus. Eher war das ein Gemetzel, das die Bauern zu Aufständen reizte. Karl VI. gab Verordnungen heraus, um die Ruhe wieder herzustellen.
Sterbend musste der Kaiser aus seinem Lieblingsrevier Halbturn nach Wien gebracht werden. Danach erlosch die Jagd als aufregende Vergnügungskultur des Hochadels überhaupt.

Jagdschloss Halbturn, Burgenland (früher Feltorony, Ungarn)
Jagdschloss Halbturn (Burgenland), (früher Feltorony, Ungarn) - Reduziertes Foto: BambooBeast (7. Juni 2007), Wikimedia Commons - Gemeinfrei

Danach brachen wieder Bauernaufstände (eine Tradition in Oberösterreich) aus. Maria Theresia setzte die Verordnungsstrategie ihres Vaters vorläufig fort.