Münzen und Medaillen#
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Nur ein Münzsammler und -kenner?#
Seit Jugendtagen war der Habsburger ein leidenschaftlicher Hobbynumismatiker. Sogar während der Feldzüge in Spanien schleppte er ein Behältnis mit erlesenen Münzen mit sich ("Spanisches Cabinet"). In Wien konnte er diese Sammelleidenschaft kaum ausüben und übergab die Münzbestände dem Schweden Carl Gustav Heraeus zur Verwaltung als "Medaillen- und Antiquitäteninspektor". Noch 1712 befahl der Kaiser die Anfertigung einer "Nummothek", die ein Münzbehälter in Buchform war und der sich im Kunsthistorischen Museum in Wien befindet. Das dortige "Münzkabinett" ging zumindest in seinem Grundstock auf den Kaiser zurück: Der Kaiser gab den Auftrag in Neapel und Sizilien die seltensten Münzen sammeln zu lassen. Nicht zu billig war der Erwerb der Münz- und Medaillensammlung – "Cabinett" hieß das damals – des Carl Joseph Grafen von Paar und das der Kartäuser in Rom. Als Aufbewahrungsort entschied der Kaiser dafür die Hofbibliothek auszuwählen. 1717 institutionalisierte er das "Münz- und Antiquitätenkabinett". Heraeus konzipierte die Bildprogramme der kaiserlichen Münzen und Medaillen. 1725 fiel Heraeus beim Kaiser in Ungnade, weil er Münzen wegen privater Fehlinvestitionen veruntreute, und verstarb in der Steiermark.
Das carolinische Münzkabinett befand sich vermutlich im ersten Stock der Hofburg und gehörte wohl zur Schatzkammer. Diese hatte sogar einen Schatzmeister. In den letzten Lebensjahren des Kaisers war das Johann Ignaz Reichsritter von Schwingheimb. Nach Heraeus Tod bekleidete (1727) der Neapolitaner Abbate Giovanni Battista Banaglia bis zu seinem Tod 1730 dieses Amt.Die Kunst der Medaille#
Karl VI. reformierte die österreichische Medailleurskunst nach Vorbild Ludwigs XIV. – "Histoire métallique" –, welcher königliche "Staatsmedaillen" anfertigen ließ. Der Habsburger befahl die Anschaffung neuerer Maschinen und schuf eine Graveur-Akademie, und begründete die bis heute gültige hohe Qualität der österreichischen Münzprägung. Dem Herrscher ging es bloß nur darum fälschungssichere Münzen herzustellen. Hervorragende – und gut entlohnte – Medailleure beschäftigte der Kaiser: Daniel Warou, der beispielshalber je eine Medaille anlässlich der Grundsteinlegung der Karlskirche (1716) und des Friedens von Passarowitz (Požarevac) schnitt; Benedikt Richter schnitt eine Johann Bernhard Fischer von Erlach-Ehrenmedaille. Der neapolitanische Stempelschneider Antonio Maria de Gennaro – er studierte bei seinem Onkel Antonio de Gennaro an der Münze Neapel – wurde 1713 kaiserlicher Münzeisenschneider in Wien, 1729 erhielt er den Auftrag eine Graveursakademie einzurichten und amtierte vier Jahre später als Direktor der kaiserlichen Münzakademie. Und weiter gab es noch Philipp Christoph Becker, Matthäus Donner – Bruder des berühmten Bildhauers –, und in Antwerpen den aus einer Künstlerfamilie stammenden Philipp II. Roettiers, der ebenfalls im Auftrag Karls VI. arbeitete. Franz Stephan von Lothringen legte selber eine Sammlung zeitgenössischer Münzen an. Die Geistlichen diverser Klöster taten es genauso (etwa Abt Gottfried Bessel von Stift Göttweig). 1717 erwartete das Kaiserpaar einen zweiten Sohn. Eine Medaille wurde vorausgeprägt. Als sich stattdessen eine Erzherzogin einstellte wurde diese Serie – bis auf ein Exemplar – verschämt eingezogen.